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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Herr den Brief bringt. Jetzt bitte die sechs Groschen!«
    Lips zog die Münzen aus der Tasche, drehte sich zu dem Juden um und legte ihm die Münzen in die Hand, als wäre es ein Almosen. »Da hinten am Ende vom Geländer«, raunte dieser, »hinter dem Stein.«
    Lips schlenderte weiter am Ufer entlang, dann blieb er stehen. Er bückte sich und sammelte ein paar Steine auf, die er in hohem Bogen ins Wasser warf. Er blickte sich nochmals um, dann griff er hinter den Stein und zog einen kleinen Brief hervor. Einige Straßen weiter stellte Lips sich an eine Hausecke. Hastig erbrach er das Siegellack und faltete das Papier mit zittrigen Fingern auseinander. Zuerst fiel ihm das dick gemalte Diebeszeichen des Vaters auf, mit dem unterzeichnet worden war, dann las er die ungeübte Krakelschrift:
    main Son
    das schreibt einer hier von der Salomonpastei von Dresden. Glaups bestimd. Ich hab mit main Zeichen drunta gemacht. Ich brauch fiel Geld. Find raus wo der Geldsack ist von dem Abotecker und bring mir bald das Geld, damit ich aus dem Scheisloch wieda rauskomm. Ich brauch 2.000 Thala. Drunta macht es der Kerkermeister nich.
    Dann bruch ich gleich 50 Tala, damit die Marta nicht so arg wird. Der Folterknecht will gute Münze habn. Niks was abgeknabbert am Rand ist und nur gutes Silba. Sonst tut er richtig, hat er gesagt und haut mir die Knochen mit dem Brächeisen durch.
    Unt ich brauch auch gleich 20 Tala Biehrgeld für die Zuchtlein. Ich halt nich mer lange stand. Gib dem Jud alles was hascht!!! Alles!!!
    Aber schreib mir auf, was gegebn hascht! Sind alles Betrieger! Und schik mir sofort vom Obium. Aufs erste 25 Billen.
    der Fadda
    Gib ja nikes an die Schnurr Jud! Die haben schon guten Lohn!
    Lips faltete den Brief zusammen. 2.070 Taler verlangte der Vater – ein Vermögen! Und er bestellte Opiumpillen, als hätte er eine Apotheke! Lips besaß noch fünfzehn Groschen, die er sich abgespart hatte. Sonst nichts. Und die fünf Goldmünzen von Pfarrer Porstmann, aber er verdrängte den Gedanken daran sofort wieder. Nein, er musste die Goldprobe ablegen.
    Mit hängendem Kopf ging er zurück. Im Laboratorium suchte er Tinte und Papier zusammen und setzte sich an den Tisch. Selbst aus dem Kerker heraus ließ der Vater ihn nicht in Ruhe! Er las den Brief des Vaters wieder und wieder und musste an die grausamen Folterungen denken. Lips grübelte und tunkte unentschlossen in der Tinte. Dann las er den Brief von Böttger. Ihn hatten sie in der Jungfernbastei eingesperrt, überlegte er. Alles hatte Böttger ihm versprochen, wenn er ihm nur helfen würde. Nein, er musste sich jetzt besinnen.
    Lips setzte die Feder auf das Papier, haderte aber schon mit der Anrede und beobachtete, wie sich langsam ein Tintenklecks ins Papier fraß. Vater! schrieb er schließlich. Er wollte schreiben, dass er nichts hatte bis auf zehn Groschen, dann knüllte er das Papier zusammen, zählte nochmals seine fünfzehn Groschen ab und legte sie neben den Geldsack mit den fünf Goldmünzen.
    Es klopfte. Geschwind versteckte er das Schreibzeug und die Münzen, dann öffnete er.
    Pfarrer Porstmann trat ein und nickte ihm zu. »Ich habe über einer Predigt über eine gute und gerechte Welt gesessen, da musste ich an dich denken und wollte noch einmal nach dir schauen. Lass uns vor der Nachtruhe noch ein wenig erzählen. Übrigens ist heute Nachmittag Dippel heimlich entschwunden.«
    »Aus der Stadt?«
    »Ja, der König hat ihm den Vorschuss verweigert, auf den er spekuliert hatte. Nur ein Dutzend Flaschen alten Wein hatte dieser ihm gesandt. Der König hat Dragoner hinter ihm hergeschickt. Es wird eine Hatz auf Dippel geben wie auf Böttger. Es wird kommen, wie ich es vorhergesagt habe.«
    Der Pfarrer sprach dann wieder von der Insel der Erwählten und den Apotheken, die allen Bedürftigen ohne Unterschied die Arzneien ausgeben würden. Lips musste an den Vater denken und hörte nur mit einem Ohr zu, wie der Pfarrer über die Krankenwärter sprach, die es ausreichend geben werde und die auch keine Münzen mehr abpressten und über das Armenwesen, das ja überhaupt abgeschafft würde! Dann fragte er Lips, ob er irgend etwas brauche oder sich vielleicht freisprechen wolle.
    Lips schreckte aus seinen Gedanken auf, wich aus und sagte, dass es ihn bedrücke, dass sein Vater im Kerker säße. Das wäre wahrscheinlich schon recht, aber dass der Vater auf die Tortur käme, das läge ihm schwer auf der Seele – auch wenn dieser es vielleicht verdient habe.
    »Ja, jedes

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