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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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ins Bodenlose fiel. Als er die Augen wieder öffnete, glühte sein Körper und es schüttelte ihn von innen. Er lag in einer Scheune neben der Mutter, die einen kurzen, brodelnden Atem stieß, und sah verschwommen, wie der Bauer zwei Pferde vor einen Wagen spannte. Ein Knecht kam gelaufen, fasste mit dem Bauern die Mutter, und sie luden die Mutter mit einem Schwung auf den Wagen, als wäre sie ein Hafersack.
    »Der wird sich nicht gerade über den Besuch freuen, der Gadegast!«, sagte der Knecht. »So wie ich den kenne! Der wird mit denen gleich 'ne Fuhre zurück machen!«
    »Das soll er sich mal trauen!«, sagte der Bauer energisch. »Dann fahren wir sie dem Gadegast gleich wieder hin!«
    »Das Rumgefahre hält man nicht lange aus in der Kälte!«, sagte der Knecht ernst.
    Die Stimmen klangen ganz fern. Lips wollte sich aufrichten, da fassten sie ihn und legten ihn mit »Hooh … hopp!« neben die Mutter. Der Bauer breitete Sacktuch über ihnen aus, dann ruckte der Wagen an. Es schneite in dicken Flocken und war elendig kalt. Lips zitterte am ganzen Leib, er rollte sich zusammen und kreuzte die Arme, es pochte und dröhnte in seinem Kopf, der bei dem Auf und Ab immer wieder auf die Bretter schlug. Er sah die Mutter, die wehrlos hin und her geworfen wurde – so wie der tote Arnold damals, den sie in Sacktuch gesteckt und auf den Schinderkarrren geworfen hatten.
    »Hooh! Hooh!« Lips wusste nicht, ob es das Rufen des Bauern war, der jetzt das Pferd antrieb, oder in seiner Erinnerung das Rufen des Schinderknechtes, der damals Arnolds Leichnam abgeholt hatte, um ihn irgendwo zu verscharren. Dann passte Lips den Karren des Schinderknechtes am Wegesrand ab. Er ging nebenher und hielt sich am Seitenbrett fest. »Hooh! Hooh!« Der Schinderknecht trieb das Pferd an, Lips versuchte Schritt zu halten und musste irgendwann loslassen. Er lief hinterher und blieb immer weiter zurück, er lief, bis ihm die Lungen brannten. Dann sah er den Karren um eine Kurve verschwinden. Lips stand und keuchte, die Tränen wollten nicht aus ihm heraus. Er setzte sich an den Wegrand, kreuzte die Arme und drückte sich selbst so fest, wie er konnte, und wippte dabei mit dem Oberkörper wie der Dorfidiot, der in Stollberg zum Betteln vor das Stadttor gesetzt wurde. Noch nie war er so einsam gewesen und wünschte sich, er wäre tot; erlöst von der Quälerei, einfach nicht wieder aufwachen…
    Entfernt hörte er das »Hooh! Hooh!« des Bauern. Er wurde wehrlos hin und her geworfen; sein Kopf dröhnte und schlug wieder und wieder auf die Bretter … tot, tot, tot … ja, endlich tot sein…
    Irgendwann fuhren sie durch ein Tor, und der Wagen hielt vor einem Haus. Der Bauer sprang vom Bock, dann hörte Lips Stimmen.
    »Das ist ja die Marie!«, sagte ein Mann, der sich über die Brüstung beugte. »Ja, das muss die Marie sein.«
    »Was denn für eine Marie?«, schrillte eine Frauenstimme. »Etwa die, die immer den Branntwein geklaut hat?!«
    Lips hörte, wie der Bauer, der sie hergefahren hatte, mit den anderen stritt. Worte schlugen hart gegeneinander. Lips versuchte sich aufzurichten, da sah er, wie eine Frau mit einem Knüppel auf die Pferde zulief und auf sie eindrosch. Der Wagen fuhr mit einem Ruck an, sodass Lips hart auf den Boden aufschlug. Er hörte den Bauern schimpfen, der hinter dem Wagen herlief. Am Hoftor brachte dieser den Wagen zum Stehen. Schnell fasste er Lips an den Füßen und zog ihn mit einem Ruck vom Wagen. Lips schlug mit dem Kopf in den Schnee und meinte, die Knochen würden ihm brechen. Dann zog der Bauer die Mutter mit einem Rutsch vom Wagen. Schon sprang er auf den Bock und wollte davonfahren. Inzwischen waren einige Menschen aus den umliegenden Häusern herbeigelaufen und stellten sich dem Wagen entgegen. Einer fasste den Pferden ins Geschirr. »Bettelgesindel!«, »Wieder mitnehmen!«, »Haben selbst nichts!«, »Wir auch nicht!«, »Na, warte!«, »Trau dich nur!«
    »Weg da!«, schrie der Bauer. Zwei Männer hatten inzwischen die Mutter gefasst und wollten sie wieder auf den Wagen werfen, da schwang der Bauer seine Peitsche gegen die beiden. »Zurück!« Er schlug auf die Pferde ein, dass sie sich im Geschirr aufbäumten und lospreschten. Die Mutter wurde wieder in den Schnee fallen gelassen. Die Menschen standen um sie beide herum und sahen auf sie hinunter.
    »Wird mir zu kalt«, sagte eine Frau und verbarg ihre Hände unter den gekreuzten Armen. »Macht in der Nacht 'ne Krüppelfuhre!«, sagte sie leise. »Dann sind

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