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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Treffen. Pietisten schimpfen die sich! Völlig hier! Beichten sich gegenseitig ihre Sünden!« Böttger drehte mit beiden Zeigefingern an der Stirn und lachte leise auf. »Der Kunkel wird das Rumfrömmeln nur mitmachen, weil er geldklamm ist. Weißt du, was der Porstmann neulich von mir wollte? Kommst du nicht drauf! Na? Dass ich mich von meinen Sünden freispreche!« Böttger lachte in sich hinein. »Ich und beichten! Ich bin doch kein Papist! Soll der Kunkel, der alte Hühnerficker, erst mal beichten. Jedes Mal, wenn der kommt, will er der Anna an die Weste. Schenkt der immer ein paar Bruchstücke von dem Rubinglas. Der Seiber läuft dem dabei aus dem Maul, richtig ekelhaft. ›Besuch mich doch mal auf meiner Insel.‹« Böttger hob die Stimme zu einem weibischen Singsang an. »›Ich lass die Kutsche anspannen, und wir fahren die Pfauen anschauen!‹ So redet der Kunkel rum und lässt die Augen nicht von ihren Titten. Solltest mal deren Gesicht sehen, wenn der ihr das Rubinglas hinhält und die einen Knicks macht. Völlig wertlos das Zeug! Alles nur Scherben! Ein blödes Aftergesicht macht die, aber Kunkel sagt immer, blöd fickt gut…«
    Lips schlug zu. Er war wie von Sinnen, prügelte auf Böttger ein und kam erst wieder zu sich, als er auf ihm kniete und diesem den Kragen zuschnürte. Böttger zerrte an Lips' Handgelenken, wand sich unter ihm und schnappte nach Atem wie ein Karpfen, der aufs Land geworfen worden war.
    »Nicht noch mal, hört Er!«, schrie Lips gepresst. »Hat Er mich verstanden!?«
    Böttger nickte, dann ließ Lips von ihm ab.
    »Bist du verrückt geworden!« Böttger keuchte und befühlte die rasch anschwellende Schläfe. »Scheiße noch mal!«
    Lips stand lauernd, weil er nicht wusste, was jetzt kommen würde.
    Böttger schlug sich die Hose ab. »Dachte schon, du bist aus Holz!« Er reichte Lips die Hand. »Johann Friedrich.«
    Lips zögerte einen Augenblick, dann schlug er ein.
    »Hattest du denn mal was mir der?«, fragte Böttger im Wegdrehen.
    Einen Augenblick war es still. Lips sah von der Seite, wie Böttger nach einem Buch griff und darin blätterte.
    »Meine, was Richtiges?«, fragte Böttger nach.
    »Das geht Ihn nichts an!«, sagte Lips scharf.
    »Schon gut! Schon gut!« Böttger schlug das Buch laut zu. »Ich sag ja nichts mehr!«
    Bald darauf schlichen sie wieder zurück ins Gesindehaus – jetzt über den Hof, weil Lips sich inzwischen mit Fetzer angefreundet hatte.
    »Ach«, flüsterte Böttger, bevor sie sich vor Lips' Schlafstube trennten, »dann brauch ich dich übermorgen Nacht wieder. Wir müssen ein Experiment vorbereiten.« Böttger war schon einige Schritte mit der Talgfunzel voraus, da drehte er sich noch einmal um. »Der Kunkel kommt nämlich.«

11
    Böttger saß am Morgen mit zugeschwollenem Auge am Gesindetisch und ließ die anderen spekulieren, aber er schwieg sich darüber aus, wo er die Prügel bezogen hatte.
    »Bei den Huren an der Jungfernbrücke?«
    »Beim Würfeln?«
    »In der Schenke von der Dicken Schneiderin?«
    Böttger winkte ab und zwinkerte Lips mit dem anderen Auge zu. »Kommt ihr nie drauf!«
    Auch gegenüber dem Apotheker schwieg er. Nein, eine Ehrensache wäre das. Selbst als dieser tobte, dass es durchs ganze Haus schallte, und er Böttger drohte, ihn nun endgültig hinauszuwerfen. Das Maß sei übervoll! Dann solle er zusehen, wo er den Gesellenbrief herbekäme! Überhaupt habe er es nur dem Zuspruch seines Stiefvaters zu verdanken, dass er überhaupt noch hier sei.
    Böttger stand mit demütig gesenktem Kopf und ließ die Strafpredigt vor dem versammelten Gesinde über sich ergehen, aber Lips sah an dessen widerborstig gespitztem Mund, dass alles an ihm abprallte. Weil Böttger mit dem geschwollenen Auge nicht in der Offizin arbeiten konnte, schickte der Apotheker ihn an die schwere Drogenpresse – die Arbeit für die unteren Knechte. Schon nach kurzer Zeit war er im Schweiß, aber die Bestrafung schien Böttger nichts auszumachen.
    Gegen Mittag kam die Hebamme gelaufen. Das Gesinde tuschelte miteinander, und eine große Spannung legte sich über das Haus. Es hieß, das Kind der Zornin habe eine schlechte Lage. Der Apotheker, so wurde hinter vorgehaltener Hand erzählt, war oben in der Wohnung des Pfarrers, und sie würden für Mutter und Kind beten, worauf Böttger seinen Kopf auf einen Sack mit Bucheckern legte und einschlief.
    »Hör mal Lips!«, rief ein Bursche am Mittagstisch, dämpfte dann sofort seine Stimme, als der Hausknecht ihn

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