Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
Vom Netzwerk:
verneigten sich. »Einen Glückwunsch, gnädiger Herr Apotheker, und Gottes Segen!« Dann waren die Mägde an der Reihe und machten einen Knicks. »Einen Glückwunsch, gnädiger Herr Apotheker, und Gottes Segen!« Unterdessen stand Böttger bei Kunkel und redete ihm ins Ohr. Kunkel fasste sich grübelnd ans Kinn. Er nickte, drehte mit der Schuhspitze auf der Stelle und hörte Böttger aufmerksam zu. Beim Hinausgehen sah Lips noch, wie Kunkel mit dem Zeigefinger über die Bücher im Regal streifte und dann auf eines wies. Der Apotheker stellte sich zu ihm und fragte etwas, dann war die Tür zu.
    Draußen hatte es ein wenig geschneit. Obwohl es noch nicht lohnte, wies der Hausknecht Lips an, den Eingang zum Kutschenhaus freizufegen. Wenig später kam Böttger über den Hof gelaufen. »Wir müssen heute noch die Probe vorbereiten.«
    »Ich denke morgen Nacht!«
    »Morgen, morgen!« Böttger legte Lips die Hand auf die Schulter. »Morgen soll ich die Probe vorführen. Stell dir vor: Kunkel ist dabei! Dann muss alles gut vorbereitet sein. Der Kunkel will bald wieder zurück auf seine Pfaueninsel. Aber er hat mir versprochen, dass er sich bei Zorn für mich … ehm … für uns, verwendet! Aber die Sache muss glatt über die Bühne gehen, verstehst du!? Das ist die Gelegenheit!«
    »Ich schlaf jetzt schon ein, ich kann nicht mehr! Und warum muss das denn heimlich sein, wenn der Herr Kunkel doch sowieso…«
    »Komm mal mit.« Böttger zog ihn ins Kutschenhaus. »Damit es gelingt, muss es auch gut präpariert sein, verstehst du? Vor allem darf der Kunkel nicht alles mitkriegen. Nicht auszudenken! Und danach ist Schluss mit dem Versteckspiel. Endgültig! Nur noch diese Nacht. Hier«, er zog eine Flasche hervor, trank daraus und hielt sie Lips hin. »Trink.«
    Im Dunkel des Kutschenhauses konnte Lips die Aufschrift nicht lesen. »Was ist das?«
    »Theriak.«
    »Und wozu ist das gut?«
    »Ein Präservativ gegen die Pest.«
    »Ein was?«
    »Ein Universalmittel!«
    »Ein Uni… was?«
    »Trink schon, und stell nicht so blöde Fragen!«
    »Aber wieso gegen die Pest?«
    »Hab gehört«, flüsterte Böttger, »dass in Polen die Pest ausgebrochen ist. Und das ist nicht weit von hier. Aber die Sache bleibt unter uns, verstanden!«
    Lips roch an der Flasche, aus der ein Geruch entwich wie von Zimt und Branntwein.
    »Mach nicht so eine Fratze. Hab da schon nicht reingepisst. Außerdem bleibt man wach von dem Zeug… Na also, weiter. Jetzt ist aber Schluss. Die andere Hälfte ist für mich.«
    Einige Zeit später lag Lips im Dunkeln auf seinem Lager und wartete. Die Stubennachbarn säuselten schon lange. Es war so, wie Böttger vorausgesagt hatte: Alle Müdigkeit fiel nach und nach von ihm ab, und ihm wurde ganz leicht. Lips war plötzlich, als löste er sich vom Lager und schwebte eine Handbreit über dem Bettstroh. Er drehte sich auf die Seite, und verwundert sah er seinen Schatten neben sich liegen, der ihn beobachtete. Lips schüttelte den Kopf und rieb sich das Gesicht. Er spürte, dass seine Gesichtshaut einen feinen Pelz bekommen hatte wie bei einer Maus. Und eine Leichtigkeit und Frische kam über seine Seele, wie er sie früher gespürt hatte, wenn nach langen Wintermonaten endlich die Frühlingssonne durchbrach. Wie unbeschwert war er gewesen, wenn der Vater weit weg auf Diebestour war und er mit Rotkopf barfuß um die Wette hoch zum Grenzstein lief!
    Irgendwann stand Böttger in der Tür, winkte ihm, und sie schlichen hinüber ins Laboratorium. Wie gewohnt musste Lips zuerst den Windofen anfeuern.
    »Warum müssen wir das denn heimlich machen?«, fragte Lips und drückte den Blasebalg. »Der Versuch ist morgen doch vor dem Apotheker.«
    »Darum!«, sagte Böttger. »Eben darum! Frag nicht so.«
    Lips musste Kupferspäne zu 8 Lot abfeilen, dann 4 Lot Messingspäne. Böttger wog inzwischen einige Pulver ab, darunter Arsenicum album und Salpeter, wie Lips erkennen konnte. Böttger notierte die Gewichte auf einem Papier und griff einen Hasenfuß, um alles zu vermischen. Einen Augenblick hielt er inne. »Afterglauben!«, schimpfte er. Er warf die Hasenpfote in den Windofen und verrührte die Materien mit einem Holzstück, dann stellte er den Tiegel in die Glut.
    Lips erinnerten die Stoffe, die Böttger zusammenmischte, an das zweite nächtliche Experiment, an dem er teilgenommen hatte. »Will Er wieder weißes Kupfer machen?«
    Böttger sah ihn überrascht an, drehte das Stundenglas um und stierte in den Tiegel. »Bist mir ja ein

Weitere Kostenlose Bücher