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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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er sie dem Apotheker und Pfarrer Porstmann als möglichen ersten Schritt zum Stein der Weisen zeigte. Die Tinktur habe schon die rechte Klebrigkeit und Farbe, es fehle darin aber noch der Animus. Es wäre immerhin der erste Schritt getan. Böttger bekam daraufhin Aufschub, und die Experimente gingen weiter. Jetzt jedoch wieder mit Mercurius, wie Lips verwundert feststellte. Böttger war unbeständig wie eine Wetterfahne im Sturmwind.
    Draußen in der Stadt liefen unterdessen die Vorbereitungen für die Rückkehr des Königs. Die Dörfer im Land verwaisten, weil alle von dem Schauspiel angezogen wurden. Die Fuhrwerke der einfachen Menschen wurden nicht mehr durch die Tore gelassen. Das Drängeln und Schubsen in den Gassen wurde unerträglich. Selbst die Taschendiebe mussten sich sorgen, nicht schnell genug weglaufen zu können. Auf den Marktplätzen wurde Holz für die Freudenfeuer gestapelt, und die Bürgerhäuser in den großen Straßen wurden mit Tannenzweigen geschmückt. Das Georgentor, durch das der König einziehen sollte, hieß jetzt Königstor, und die Georgenstraße, durch die der König zum Schloss fahren sollte, hieß jetzt Königsstraße. Auf dem kurzen Weg wurden sieben haushohe Ehrenpforten mit prunkendem Zierrat, lateinischen Inschriften und Götterstatuen errichtet, durch die der königliche Tross ziehen sollte.
    Dann kam der 6. Mai, ein Tag, der sich scharf in Lips' Gedächtnis eingraben sollte. Seit dem Morgengrauen läuteten alle Kirchenglocken ohne Unterlass. Böttger kümmerte all dies nicht. Er blieb Tag und Nacht im Laboratorium, um die letzten Vorbereitungen für den entscheidenden Versuch zu treffen. Lips wurde zum Schluss wie üblich von Böttger hinausgewiesen.
    Mit den anderen Knechten stand Lips dann später am Tor und wartete auf die Mägde, um gemeinsam zu den Festlichkeiten zu gehen. Als Anna aus dem Haus trat, zog sie sofort die Blicke der Burschen auf sich. Sie war wunderschön anzuschauen in einem Sonntagskleid, das sie von der Zornin geschenkt bekommen hatte. Nur Annas einfache Laufschuhe stachen von der Pracht des Kleides ab. Die anderen Mägde sahen neidvoll zu, wie Anna auf und ab schritt, sodass alle den Spitzenbesatz auf dem dunkelroten Stoff bewundern konnten, und sie sich dabei drehte – so wie die Mutter damals, als der Vater ihr vor aller Augen eine kostbare Brosche geschenkt hatte, mit der sie vor der Grabich-Wirtin triumphierend herumstolziert war.
    Das Gedränge und Geschiebe hin zur Königsstraße war so groß, dass sie die Prozession nur aus der Ferne sehen konnten. Kanonendonner klang ringsum von den Wällen, Schalmeienklänge tönten von irgendwoher, ein Kind schrie nach seiner Mutter. Dazwischen klangen die »Vivat!«, fassungsloses »Da! Da!«, »Ahh!« und staunendes »Ohh!« der Menschen, die in den Fenstern standen. Ein Mann rief hoch oben von einem Hausdach, er habe schon dreiundsechzig sechsspännige Kutschen gezählt!
    In dem Gewühle hatte sich das Gesinde plötzlich ganz verloren, sodass Lips auf einmal mit Anna alleine dastand. Befangen schaute er nach den anderen, aber es war niemand mehr in dem Geschiebe zu sehen. Er war ganz gelöst und freute sich darüber, dass Anna munter losplauderte und lachte.
    »Der Herr Böttger ist noch im Keller?«, fragte sie dann.
    Lips nickte unwillig. »Warum fragst du?«
    »Ach, nur so.« Schon fasste sie Lips am Ärmel und zog ihn durch die Menschenmenge. »Wir müssen rüber in die Spandauer Straße. Da sehen wir besser!«
    Dort war das Gedränge noch dichter. Manchmal stockte es ganz. Sie standen an einer Krambude, die zum Locken der Kundschaft mit Wachstüchern verziert war, auf denen die grässlichsten Mordtaten und die gefährlichsten Haupträuber gemalt waren. Demian Hassel, las Lips über einem Schauerbild. Niki List. Und: Lips Tullian. Das Gesicht hatte jedoch keine Ähnlichkeit mit dem Vater – also auch nicht mit ihm, beruhigte sich Lips. Die Leute drängten. Lips wollte Anna wegziehen, aber sie hielt dagegen und reckte den Hals. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, dann hüpfte sie und stützte sich dabei auf Lips Schulter, wobei er unter ihrem Kleid erahnte, wie ihre vollen Brüste tanzten. »Heb mich mal hoch!«
    Lips wischte sich die Hände, die schlagartig ganz schwitzig geworden waren, an der Hose ab, dann fasste er Anna von hinten um die Hüfte und hob sie an.
    »Noch ein Stückchen! Geht's noch?«
    Lips war der Mund ganz trocken, und er sog den frischen Lavendelgeruch aus ihrem Kleid ein.
    »Ich

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