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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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ehm…«
    »Red nicht dumm rum. Man muss gegen den Schmerz andrehen, bis man ihn bezwingt.« Der Gelehrte presste den Atem und verzog das Gesicht schmerzverzerrt. »Hier, jetzt dreh schon. Weiter, bis ich ›Halt‹ sage! Noch, noch … gut. Jetzt das andere Gnie!«
    Lips legte die andere Zwinge an, danach noch zwei kleinere an den Armgelenken. Der Gelehrte saß halb aufrecht und mit angewinkelten Beinen und Armen im Bett, und mit den Zwingen erinnerte er an eine auseinandergefallene Truhe, die vom Schreiner neu geleimt worden war.
    »Da drüben, bring das Schreibzeug. Mach schon … zuerst das Brett. Leg's mir auf die Beine. Höher! Doch nicht auf die Gnie, du Tölpel! Sei doch vorsichtig! Jetzt reich mir die Feder und halt mir das Tintenfass hin… So komm ich doch nicht ran!«
    Leibniz krakelte auf einem Bogen herum, auf dem Zahlen dicht untereinander standen, dahinter Positionen wie Gasthaus, Tabakdose, Reisegeld, Kalenderverkauf. Vieles war überschrieben oder durchgestrichen. Der Gelehrte stöhnte bei jeder Bewegung.
    »Zieh noch mal am Gnie nach… Haaah! … Warte! … Dieser verfluchte Görper! Noch ein bisschen! … Halt, pass doch auf! … Huuh! … Jetzt die andere Seite… Halt!« Leibniz schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. »Es hat eine große Aufregung gegeben wegen der Probe vom Herrn Böttger, nicht? Jetzt noch eine halbe Drehung! … Halt! Pass doch auf, du Grobian! Der Goldglumpen soll ziemlich mächtig gewesen sein. Reich mir wieder die Tinte. Du hast den Böttger gegannt?«
    »Nur etwas, gnädiger Herr Leibniz«, sagte Lips einsilbig, dem die Behandlung sauer ankam.
    »Aah ja, jetzt lässt der Schmerz nach. Dann die Zwingen noch mal eine Vierteldrehung… Au! Quäl mich doch nicht unnötig!«
    Lips versuchte zu erkennen, was für Bücher der Gelehrte um das Bett herum gestapelt hatte. Eines lag aufgeschlagen am Fußende und zeigte eine Stadtansicht im Kupferstich, und darunter standen lateinische Worte.
    Leibniz hatte Lips' Blick auf das Buch bemerkt. »Mit dem Buch habe ich mir Latein beigebracht. Ganz alleine! So zeigt sich wahre Gelehrsamkeit. Du interessierst dich für das Bild?«
    Lips nickte. »Ich möchte aber auch Latein lernen.«
    »Du!?« Leibniz stutzte, sah ihn aber immer noch nicht an. »Latein ist die Sprache der Gelehrten! Das ist nichts für einen Laufburschen. Gannst du denn lesen?«
    »Etwas, gnädiger Herr. Ich möchte mir ein Buch ausleihen von Heinrich Khunrath, den Titel weiß ich…«
    »Khunrath!« Leibniz schrie beinahe auf. »Ausgerechnet Khunrath! Ich weiß schon, warum! Alle Welt will Bücher ausleihen! Bücher sind für die Gelehrten! Für die Ewigkeit! Und wie werden sie zurüggebracht! Ich hab da meine Erfahrung! Die Bibliotheg des Gurfürsten in Hannover untersteht mir! Nein, ich lasse nichts und niemand mehr Bücher ausleihen! Alle schmieren drin rum, diese Banausen, eine richtige Seuche! Und trennen mit der Glinge die Gupferstiche raus. Die hängen sie sich dann übers Bett! Grade beim Khunrath sind sie ganz wild darauf!«
    Es klopfte an der Tür.
    »Reingommen!«, rief Leibniz noch ganz in Erregung. »Ausleihen! Nein! Nicht mehr in meiner Bibliotheg! Da gommt mir geiner mehr ohne Erlaubnisschein von mir rein! Lies in der Bibel! Mehr braucht ein Laufbursche nicht!«
    Die Tür wurde aufgestoßen, und der Wirt kam mit einer Schüssel herein, die er in den Händen balancierte, damit nichts über den Rand lief. Mit offenem Mund starrte er auf den Gelehrten, der in die Zwingen gespannt war, und dann auf Lips. »Ehm… Ist was, ich meine… Ehm, hat der Bursche vielleicht…« Er hielt die Schüssel schief und eine braune Soße tropfte auf den Boden.
    »Die Soße, du Tölpel!«, rief Leibniz mit seiner dünnen Stimme und reckte den Kopf, damit er das Essen sehen konnte.
    Lips sah, dass es eine große Portion Breipampe war mit einer hellbraunen Specksoße. »Stell die Schüssel auf dem Schemel ab. Der Junge gann sich vor mir hingnien. Und bring noch von der Soße nach. Hab schließlich teuer bezahlt.«
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Lips, den es hinausdrängte.
    »Du wolltest dir doch einen Groschen verdienen!« Leibniz ruderte hektisch mit den Händen, holte mit dem Oberkörper Schwung und versuchte sich zur Wand zu drehen. »Aua! Verfluchte Zwingen! Jetzt warte doch, ich hab's gleich. Bei der Goldprobe war doch ein Laborgnecht dabei. Lips oder so soll er heißen… Wo ist denn der Groschen hin, den du dir verdienen wolltest. Aber ich muss dich doch

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