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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Haugwitz laborierten ebenfalls nach dem Stein der Weisen, aber bekanntermaßen waren beide stark misstrauisch gegeneinander, ja verfeindet. Alle waren sie hinter dem Stein der Weisen her und versuchten einander auszuspionieren, überlegte Lips. Aber er hatte das Geheimnis von Böttgers Goldprobe in den Aufzeichnungen! Irgendwo war es auf einem der vielen, vielen Bögen verborgen, die er in seiner Truhe versteckt hielt.
    Nach einiger Zeit reichte ein Apothekengeselle leere Flaschen heraus. Mit einer Kopfbewegung wies er, Lips solle verschwinden, und zog die Tür hinter sich zu.
    Gegen Mittag musste Lips seinen Sonntagsrock überziehen und Arzneien austragen. Ein Apothekengeselle überreichte ihm ein Gefäß, das er dem Herrn Leibniz überbringen sollte.
    »In den Schwarzen Adler. Was guckst du so blöd?«, fragte der Apothekengeselle. »Ist was?«
    »Nein, nein«, sagte Lips schnell. Ausgerechnet in den Schwarzen Adler! Er sprang durch den Schneematsch und blieb in einiger Entfernung vom Schwarzen Adler stehen. Er drückte sich in einen Hauseingang und beobachtete die Menschen, die ein und aus gingen. Am Eingang wachten wieder zwei Soldaten. Neugierig wickelte Lips das Gefäß aus dem Tuch und schnupperte an der Arznei: ein Hafertrank. Leibniz hatte also nicht den Pfingstrosensirup gekauft, sondern den billigen Hafertrank, der mit wilder Wegwartwurzel und einfachem Brunnenwasser gelöst und dann mit rotem Sandel und Nitri antimoniati aufgekocht wurde. Der Sud wurde durch ein Tuch gesiebt und war besonders probat bei Gichtlahmen.
    Lips ging am Zaun neben der Gastwirtschaft vorbei und versuchte zu erkennen, ob irgendwo ein frisches Zeichen geschnitzt war. Er hockte sich hin, schnürte die Schuhe und fand nur das alte, durchkreuzte Zeichen des Vaters. Erleichtert ging er an den Soldaten vorbei, die am Eingang postiert waren und ihn nicht weiter beachteten. Er trat in den Schankraum. Der Wirt schickte ihn gleich hoch zu einer Dachkammer. Er klopfte, eine dünne Stimme rief ihn herein.
    Lips dachte im ersten Augenblick, er hätte sich in der Tür vertan, weil die Dachkammer so schäbig war. Dann sah er jedoch die vielen Bücher und beschriebenen Bögen, die sich auf einem Tisch stapelten, und trat ein. Ein Mann lag im Schlafrock auf einem Bett und richtete sich etwas auf. Erst auf den zweiten Blick erkannte er Leibniz, der jetzt keine Perücke trug. Leibniz hatte eine fast völlige Glatze. Sein Degen, den er in der Apotheke getragen hatte, hing am Bettpfosten.
    »Ah, der Apothegenjunge!«, rief Leibniz mit dünner Singsangstimme und winkte ihn mit langsamer Bewegung heran. »Na endlich! Gomm schon her mit der Arznei!«
    »Sehr wohl, gnädiger Herr.«
    Lips trat ans Bett und wickelte das Gefäß aus dem Lappen. Auf dem Bett verteilt lagen Bücher mit vielen Zetteln als Lesezeichen, manche waren aufgeschlagen, auch Karten und Bögen, die mit Zahlenreihen eng beschrieben waren. Böttger hatte einmal davon geschwärmt, dass Leibniz eine Möglichkeit gefunden habe, alle Zahlen, die es überhaupt gäbe, mit einer 1 und 0 auszudrücken. Böttger meinte damals, das wäre auch so eine Geheimniskrämerei von Leibniz, denn so könnte dieser die Quantitäten bei chymischen Proben verschleiern. Sonst konnte er sich den Nutzen des Zahlenklüngels nicht erklären.
    Leibniz hatte sich im Bett etwas aufgerichtet, fiel aber wieder stöhnend zurück. Vorsichtig griff er mit beiden Händen nach dem Arzneigefäß und versuchte den Deckel hochzunehmen. Seine Finger waren im Verhältnis zum restlichen Körper viel zu lang und dünn. Sie zitterten feinschlägig.
    »Nun komm doch näher!«, sagte er ungeduldig.
    Lips beugte sich zu dem Gelehrten hinunter und sah auf dessen Glatze eine gestielte, grützige Geschwulst von der Größe eines Hühnereies, die bei jeder Bewegung hin und her tanzte. Leibniz roch mit skeptischer Miene an dem Hafertrank. »Und das Zeug soll helfen!?«
    »Sehr wohl, gnädiger Herr.«
    Leibniz winkte ab und drehte schnell einen Brief herum, der neben ihm im Bett lag. »Gieß mir was ein… Jetzt stegg mir ein Gissen in den Rücken. Du gannst dir vielleicht einen Groschen verdienen. Hol die Zwingen da hinten.«
    Verwundert holte Lips vier Zwingen, die an den Backen mit Lumpen abgepolstert waren.
    »Hilf mir, sie anzulegen.« Leibniz zeigte auf sein Knie. »Hier ran! Jetzt schau nicht so! Etwas höher, ja, und jetzt zusammenschieben. Gut, und jetzt dreh sie fest! Ganz langsam.«
    Lips stockte. »Aber gnädiger Herr Leibniz,

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