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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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3 Jahre alt war. Alles, was ich weiß, weiß ich von meiner Mutter. Sie kannte die Pflanzen des Waldes und der Wiesen und welches Leid man oft damit lindern kann.«
    »Eure Mutter war eine weise Frau?«
    »Ja, auch wenn die Menschen aus Cotswold und der Umgebung glaubten, sie sei eine Hexe.«
    »Mein alter Meister, der Herr habe ihn selig auf alle Zeit, sagte mir oft, wie leichtgläubig die Menschen seien und wie leicht man die Menschen für eine Sache gewinnen kann, wenn man diese Kunst beherrscht.«
    »Angst ist nicht schlimm. Schlimm ist nur der Hass, der aus jener Angst entsteht. Er macht die Menschen böse.«
    »Musstet Ihr dies spüren?«
    »Ich nicht so sehr wie meine Mutter selig. Sie ward als Hexe verbrannt. Dabei war sie eine Christin voll tiefem Glauben an unseren Herrn.«
    Gwyn schwieg. Erst nach einer Weile bemerkte er: »Und trotzdem seid Ihr eine weise Frau geworden.«
    »Ja, so ist es.«
    »Habt Ihr keine Angst?«
    »Warum sollte ich? Wolf beschützt mich.«
    Sie lächelte Gwyn noch einmal an und begann, sich einen Platz zum Schlafen zu suchen. Am Fuß des Felsblockes breitete sie die Decke aus. Dann griff sie nach einem Kamm und kämmte sich ihr langes Haar. Gwyn beobachtete sie heimlich und stellte fest, wie sehr ihm diese Frau gefiel. Glenda kniete nun nieder und murmelte ein Gebet. Dann rollte sie sich in ihre Decke.
    Es war längst dunkel geworden. Am Himmel lugte ein großer Mond durch die Wolken. Eine leichte Brise, von der fernen See her kommend, strich über das karge Land. Die Luft roch angenehm nach Kraut und Erde, und außer den Rufen einiger Nachtvögel war kein Laut zu hören.
    Jetzt legte sich auch Gwyn zum Schlafen nieder. Da er keinen Mantel und keine Decke mehr besaß, rollte er sich am Feuer zusammen. Er hoffte, die Luft würde nicht zu sehr abkühlen.
    Er lauschte noch einmal und hörte nur das ruhige, gleichmäßige Atmen der Frau.
    »Glenda?«, flüsterte er, und als keine Antwort kam, sagte er ihren Namen noch einmal etwas lauter. »Glenda!?«
    Sie antwortete nicht.
    »Schlaft wohl«, murmelte Gwyn.
    Er erhielt immer noch keine Antwort. So rollte er sich noch näher an das Feuer. Der Boden hier war weich, und jetzt spürte er auch die plötzliche Müdigkeit. Sicher hatten sie beide in diesem Teil Britanniens nichts zu fürchten. Die Gegend war einsam und als Land der Kobolde und Geister verrufen. Des Nachts war hier kein Mensch unterwegs.
    »Herr Carlisle?«
    Es war Glendas Stimme, die da fragte. Und Gwyn lauschte erst einen Moment mit angehaltenem Atem.
    »Ja?«, antwortete er dann.
    »Ihr habt keinen Mantel. Friert Euch?«, fragte sie.
    Gwyn zögerte mit einer Antwort, aber er rührte sich nicht.
    »Es ist nicht warm, gewiss.«
    »Wenn Ihr wollt, meine Decke reicht auch für zwei.«
    Nach diesen Worten war es Gwyn plötzlich sehr warm, denn ein angenehmer Schauer fuhr ihm als wohliges Gefühl durch die Glieder, und er wünschte sich, es möge nicht so rasch wieder vergehen. Er erhob sich und schlich die wenigen Schritte neben sie. Sie hatte sich aufgesetzt, und ihr Haar strahlte selbst im hellen Mondlicht, als wäre es aus Licht. Er sah sie an und kniete neben sie. So nah, dass er ihren warmen Atem spüren konnte.
    »Glenda …«, flüsterte er.
    Sie legte ihm die Fingerspitze an den Mund. Da schwieg er. Sie hielt die Decke hoch, und er legte sich neben sie. Behutsam zog er den Rest der Decke zu sich. Dann schmiegte er sich ganz vorsichtig an ihren schlanken Leib. Sein Herz pochte laut, und er glaubte, es zerspringe ihm fast bei dem süßen Gefühl der Nähe. Glenda tastete nach seiner Hand, und ihre schmalen schlanken Finger umschlossen die seinen.
    Und sie hielt seine Hand fest die ganze Nacht.
    Am Nachmittag des nächsten Tages erreichten sie Bath. In der Stadt herrschte rege Geschäftigkeit, und kaum jemand achtete auf den Goldschmied und seine aparte Begleitung. Gwyn schlug den schnellsten Weg nach Hause ein. Den ganzen Tag über hatte er an die vergangene Nacht gedacht. Er schämte sich insgeheim für seine sündigen Gedanken, die er beim Anblick ihres Leibes, ihres Gesichtes, ihrer Augen und ihres Mundes immer wieder hatte. Glenda trug ihr Haar noch immer offen, und ihre Selbstsicherheit waren Schutz und Kopfbedeckung zugleich.
    Als sie vor dem prächtigen Haus hielten, sah er, wie Glenda über diesen Anblick staunte.
    »Dies ist Euer Haus?«, fragte sie, und in ihrer Stimme war ungläubiges Staunen.
    »Ich lebe hier«, meinte Gwyn bescheiden.
    Gwyn pochte an der

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