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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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nicht einmal Mittag. Nehmt Ihr den Korb dort?« Sie deutete auf einen hohen Korb, den man wie einen Sack auf dem Rücken tragen konnte. Die Scherenschleifer wie auch die Vogelhändler, aber auch die Kerzendreher trugen ihre Ware in solch hohen Körben von Dorf zu Dorf über das Land.
    Gwyn hob den Korb in die Höhe und wunderte sich, wie schwer er war.
    »Meiner Treu, was ist da denn alles drinnen?«
    »Kommt die Zeit, kommt der Augenblick, Euch alles wissen zu lassen. Aber jetzt fragt nicht mehr, Herr Carlisle.«
    Gwyn nickte wie zum Einverständnis. Wenig später schritt er neben Glenda, der weisen Frau, einher, und es war ihm so eigenartig dabei zumute wie seit langem nicht mehr.
    Diesmal folgten sie einem anderen Weg. Eine Weile marschierten sie immer den Fluss entlang, dann über kleine, niedrig bewachsene, sanfte Hügel. Glenda schritt voraus. Den Hund hatte sie zurückgelassen, und auf Gwyns zaghaften Einwand, dass die Tür des kleinen Hauses nicht verschlossen sei, lachte sie nur und erklärte ihm, dass der Hund in der Nähe sein eigenes Versteck habe, von dem aus er das Haus beobachte. Aber es würde sich niemand der Hütte nähern, dazu waren die Leute viel zu abergläubisch und zu ängstlich. Die Erklärung genügte Gwyn nicht, und neugierig geworden, wollte er noch mehr von dieser seltsamen Frau erfahren.
    »Kommt die Zeit, kommt der Augenblick, Euch alles wissen zu lassen«, entgegnete sie noch einmal und schwieg dann.
    So schritten sie stundenlang durch die einsame Gegend. Gwyn ließ keine Möglichkeit aus, zu zeigen, wie sehr er sich auf Sitte und Anstand verstand. Er bot ihr den Arm, sollte ein Schlammloch einen sicheren Tritt schwermachen, reichte ihr die Hand, wenn sie kleine Lichtungen querten, deren dichtes Unterholz ihrem langen Kleid hinderlich war. Glenda nahm all die Aufmerksamkeiten gerne an, schwieg aber beharrlich. Trotzdem war eine seltsame Vertrautheit zwischen ihnen während all der Stunden.
    Gegen Abend hielten sie unweit der Straße von Bristol. Auf der östlichen Seite begann ein großes Moorgebiet, dazwischen lagen große Heidegründe. In westlicher Richtung begannen die Mendip Hills. Die Gegend war bewachsen mit niedrigem Buschwerk, manchmal unterbrochen von größeren Felsblöcken. An einem solchen Felsen hielten sie an. Er bot Schutz vor der Kühle der Nacht, und in seinem Windschatten ließ sich auch ein kleines Feuer entzünden.
    Hier wollten sie die Nacht verbringen. Obwohl, Gwyn war kein bisschen müde, und auch seine Begleiterin war ohne eine Spur von Schwäche den ganzen Tag lang gegangen. Trotzdem machte er sich auf, Feuerholz zu suchen, und als er genug davon beisammenhatte, kehrte er zurück. Glenda erhitzte in einem kleinen Topf etwas Wasser und säuberte sich mit einem sauberen Tuch das Gesicht. Sie bot Gwyn ein frisches Tuch an, und er machte von der freundlichen Einladung ebenfalls sogleich Gebrauch. Dann sah er still zu, wie sie etwas Brot und ein halbes Dutzend Wachteleier, etwas Speck und einige Beeren auspackte. Auch Gwyn hatte noch etwas Brot und harten Käse sowie ein Stück Kuchen, das er beisteuerte. Während das Feuer brannte, aßen sie beide schweigend.
    Gwyn konnte seine Neugier kaum noch bezähmen, und diesmal schien es ihm, konnte sie nichts dagegen haben, mit ihm zu sprechen. Er wollte es zumindest noch einmal versuchen.
    »War dies Euer Hund?«
    »Ja.«
    »Er hat mich erschreckt«, bekannte der Faber.
    Sie lächelte stolz. »Das sollte er.«
    »Er folgt Euch aufs Wort, obwohl Ihr nicht mit ihm gesprochen habt.«
    »Er achtet auf meine Hände. Wenn ich mit dem Finger zeige, brauche ich nichts weiter zu sagen. Dann greift er selbst einen Reiter in vollem Harnisch an und reißt ihn vom Pferd.«
    Gwyn stellte sich dies in Gedanken vor und zögerte dabei keinen Augenblick, den Worten der Frau zu glauben.
    »Er ist mir treu ergeben. Ich nenn ihn Wolf.«
    »Er schützt Euch gut«, bemerkte Gwyn trocken.
    »Ja, das tut er. Ein Jagdknecht schenkte ihn mir vor etlichen Jahren, als ich anfing, mich der Heilkunst ganz zu widmen. Der Mann hatte einen Zahn voll im Eiter. Er versprach mir alles, wenn ich ihn nur von seinem Schmerz befreie. Nun, meine Kunst half ihm. Dafür erhielt ich Wolf, den Hund.«
    »Ihr lebt allein?«, fragte Gwyn.
    »Nein, Wolf ist ja immer bei mir.«
    »Ein stummer Gefährte …«
    »Ja, und es macht mir nichts aus.«
    »Wo sind Eure Mutter, Euer Vater?«
    »Tot, alle beide. Mein Vater ist ein Schneider gewesen. Starb bei einem Brand, als ich

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