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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Pforte, und Kathleen war es, die ihnen öffnete. Gwyn stellte Glenda als eine gute Freundin seiner Frau vor, so dass niemand im Hause Argwohn schöpfen konnte, obwohl Gwyn sich ganz sicher war, dass Kathleen am meisten über ihre stille Übereinkunft wusste. Aber sie war eine treue Seele, und sie würde kein falsches Wort verlieren.
    Agnes war erleichtert, als Gwyn wieder bei ihr war. Mit keinem Wort berichtete er, was er alles erlebt hatte. Agnes fragte ihn auch nicht, wie er so lange gebraucht haben konnte für seinen Marsch nach Cirencester. Sie sprach nicht mehr über das, was sie ihrem eigenen Mann einst getan hatte, und Gwyn vermied jedes weitere Wort, das über den Meister zu führen war. Nur am Abend betrat er die Kammer, die einst Schlafraum des Borden gewesen war. In jener Kammer, in der er auch gestorben war, zündete Gwyn die Kerzen an den beiden prächtigen Leuchtern an und sprach ein Gebet. Und er bat um Sühne, und es quälte ihn sehr, dass er nie erfahren würde, ob ihm Borden nicht doch verziehen hätte.
    Die kleine Kapelle im Haus betrat Gwyn dagegen nie.
    Die Tage waren ausgefüllt mit Arbeit. Ein Großteil des Auftrages für den Freikauf der Stadt war bereits fertig. Die Stadtväter machten dem Hause einen Besuch. Würdig begutachteten sie das ganze Service, ließen sich von Gwyn alles genau zeigen und erläutern und bekundeten zuletzt ihre Zufriedenheit darüber. Agnes lud dann zum Abendessen. Sie ließ eine große Tafel richten, zu der alle Mitglieder des Rates wie auch alle Bediensteten im Hause anwesend waren. Gwyn sprach das Tischgebet, würdigte den verstorbenen Meister und gedachte all den gefallenen Seelen der langen Belagerung von Bath. Dann aßen sie alle.
    Und niemand sprach ein Wort, und niemand scherzte oder lachte.
    ***
    »Herr Carlisle?«
    Gwyn wandte sich um. Die Skizzen aus der Abtei von Anchin, durch einen Boten erhalten, fesselten seine ganze Aufmerksamkeit.
    »Herr Carlisle, mit Verlaub.«
    An seinem Tisch stand Glenda. Er hatte sie nicht kommen hören.
    Seit drei Monaten war sie im Hause. Es war ihr gelungen, die Geburt des Kindes immer wieder zu verzögern. Aber jetzt war ein Zeitpunkt gekommen, der nicht mehr für Misstrauen dienlich sein konnte. Seine Hochzeit mit Agnes lag bereits fast zehn Monate zurück. Der Leib seiner Frau war groß und rund, und Gwyn erlebte Agnes in gespannter Freude. Seit dem furchtbaren Geständnis in jener Nacht war er nicht mehr bei ihr gelegen, und sie hatte ihrerseits nie eine Erklärung für sein Tun verlangt.
    »Glenda, ich hab Euch nicht kommen hören.«
    Gwyn erhob sich und bot der Frau einen Platz an. Doch sie schüttelte den Kopf und sah Gwyn aufmerksam an.
    »Es ist so weit, Herr Carlisle. Lady Carlisle kann zu jeder Stunde niederkommen, dies sei gewiss. Jedes weitere Verzögern ist nicht mehr möglich. Gott selbst will, dass das Kind zur Welt kommt. Dagegen kann ich mich nicht sträuben.«
    Sie sagte es in ruhigem Ton, und Gwyn freute diese Nachricht. »Glenda, Ihr werdet doch noch bleiben?«
    Sie lächelte ihn an und schüttelte sanft den Kopf.
    »Mein Weib wird Eure Hilfe nötig haben«, betonte Gwyn.
    »Die Lady ist stark und wird keiner weiteren Hilfe bedürfen.«
    Gwyn senkte den Kopf. Er betrachtete die Frau immer wieder gerne und gestand sich insgeheim ein, ein Verlangen ihr gegenüber zu verspüren, das für einen Ehemann weit über das Erlaubte hinausging. Und jetzt war es wieder da, jenes eigenartige Gefühl der Nähe, jenes Gefühl der tiefen Zufriedenheit, das er immer dann fühlte, wenn er die Nähe dieser starken Frau spürte.
    »Ihr wollt fort?«
    »Ja.« Sie flüsterte fast.
    »Ich hoffte …«, fing Gwyn an.
    »Was hofftet Ihr, Herr Carlisle?«, fragte sie schnell.
    Aber er wusste darauf nichts zu antworten. Was war es, was er erhoffte? Gwyn erwachte aus einem süßen Traum, und dieses Erwachen tat ihm weh.
    »Glenda …« Er flüsterte ihren Namen, und seine Hand strich ihr übers Haar. Sie sah ihn an und ließ es geschehen.
    Erneut flüsterte er ihren Namen, und seine Hand streichelte ihre weiche Wange. Da nahm sie seine Hand, führte die Fingerspitzen an ihren Mund und küsste sie. Gwyns Herz raste. Aber dann wollte er nicht warten, was weiter geschah, sondern es selbst bestimmen. Er zog die Frau sanft zu sich und küsste sie zart auf die Stirn. Glenda hatte die Augen geschlossen, und als er ihren Leib fest an sich drückte, spürte er sie beben. Ihr Herzschlag musste genauso heftig sein wie der seine. Er küsste

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