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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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prächtig Pferd …!«
    »Ein Schimmel ist’s, der Balg so weiß wie die Brüstchen meiner Liebsten.«
    Die Menge ringsum grölte, da rief schon eine andre Stimme: »Wohl ist er’s, ja! Aber seht Euch an den eitlen Gick. Sogar die Hentze sind in selber Farbe, so wie auch Rock und Wams.« Der Zeigende schrie laut, und seine Stimme klang erregt vor Eifer und vor Wissen.
    Die Menge reckte neugierig die Köpfe.
    »Seht nur, Karl von Orten! Den Vater plagen Schulden schwer, aber für sein’ einzig Sohn ist ihm kein Batzen schad …«
    »Welch prächtig Schild. Ich wollt, es wär der meine.«
    »Würdst ihn doch nur versaufen, Frieder.«
    »Hast wohl recht, aber für solchen Schild vermag ich lange Bier zu saufen.«
    »Das dunkle nit, so wie’s die Mönche machen. Das reißt die Füß dir weg, nach weniger als fünf Schluck.«
    »Fünf Schluck? Das sagt mir nix. Wie viele Krüge sind mir das?«
    Wieder brüllten die Zuhörer ringsum vor Lachen, und auch Gwyn und Jochen ließen sich von der Stimmung anstecken.
    Einmal ertönte eine Stimme, hoch und kreischend, sich fast überschlagend und dabei nach Luft schnappend. »Seht nur, seht nur, den Blauen dort! Sein Pferd scheißt in aller Ruh!«
    »Ein gutes Zeichen. Dem macht der Umtrieb nicht viel aus!«, entgegnete ernst ein Mann. Die Umstehenden lachten laut.
    Gwyn wartete, wer noch ein spöttisches Wort sagen würde.
    Da hörte man auf einmal die klare und helle Stimme eines Kindes aus der Menge rufen: »Schau nur, Muhme, dem Reitersmann sein’ Nas, grod wie der Oheim, wann’r schneuzen will und nit kann.«
    Die Menge lachte, und jemand rief: »Was tut er dann, der Oheim?«
    Einen Moment lang war es still, so als ob das Kind nicht wüsste, was es nun antworten sollte. Aber da ertönte die helle Stimme erneut: »Den Wind lässt er dann fahra, so dass mer’s hört bisch nach Jerusalem!«
    Nun brach die Menge in tosendes Gelächter aus, und selbst Gwyn konnte sich nicht halten, und er lachte, bis ihm die Tränen kamen.
    Zwei Knechte, beide gelb und schwarz gekleidet, eilten von Pferd zu Pferd. Jedem Reiter hielten sie einen runden Korb entgegen. Dabei reckten sie sich, denn beide Burschen waren ein wenig klein, und oft langten sie kaum hinauf bis zu den Sätteln der Streitrösser.
    »Was tun sie da?«, fragte Gwyn den neben ihm stehenden Jochen.
    »Jedem Streiter gebührt ein Los. So werden sie wissen, welche Farb sie sind im ersten Gang der Waffen. Seht, Freund, jeder Herr zieht ein Gänseei, welches hohl wie ein leerer Krug. Innen aber ist ein Flecken Farb. Die sagt, welche Partei der Ritter sein soll.«
    Gwyn beobachtete, wie jeder Reiter sein Ei zerbrach, um dann die farbige Innenseite der Schale herzuzeigen. Der zweite Knappe reichte dann je nach Farbe ein weißes oder blaues Tuch, welches sich der Reiter um den rechten Arm kurz unterhalb der Schulter schlang.
    »Es werden zweimal 50 Reiter gen einander reiten, eine Partei von der Farbe Blau, die andere in Weiß.«
    »Und wie lange tun sie dies?«, wollte Gwyn wissen.
    »Ei, so lange, bis eine Farbe siegt.«
    »Wie lange währt der ganze Kampf?«
    Jochen wiegte den Kopf hin und her.
    »Oh, bis die Sonn untergeht, solch Zeit ist’s zum Stechen. Dann wird gezählt. Es wertet nur, wer stehen kann auf eigenem Bein, ganz ohne fremde Hilf.«
    Nach dieser Erklärung ahnte Gwyn, dass er ein außergewöhnliches Schauspiel zu sehen bekommen würde. Ein Reiterkampf, der bei aller Härte und Brutalität jedem das Können des Ritterstandes vor Augen führen würde. Er hatte erfahren, dass nicht wenige Ritter bei solchen Turnieren ihre Gesundheit oder gar ihr Leben verloren hatten. Die nächsten zwei Stunden ging es um nichts als die Ehre einer Farbe und dessen Haus.
    Und dies war sehr viel.
    Auf beiden Seiten des Feldes begannen sich nun die Reiter aufzustellen. Das war noch immer kein leichtes Stück Arbeit für die Pferdeknechte. Die Pferde waren reine Schlacht- oder Turnierrösser. Schwere, muskulöse Tiere, mit oft edlen Köpfen. Die Pferde wussten mindestens so gut wie ihre Reiter, was nun auf sie zukam. Jetzt fluchte mancher Kämpfer, wenn die nervösen Tiere kaum noch zu halten waren. Gwyn beobachtete die Bemühungen der Knechte, ihre Herren in eine gute Position zu führen und die Tiere gleichzeitig zu beruhigen. Viele Pferde trugen kleine Kapuzen aus buntem Stoff über den Ohren und lederne Klappen vor den Augen. Dies sollte beruhigend auf die Tiere wirken.
    Die Spannung stieg von Moment zu Moment immer

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