Der Goldschmied
ohrenbetäubenden Applaus begleitet, galoppierten die Reiter zu ihren ursprünglichen Plätzen zurück. Gwyn erkannte, dass die blaue Partei viele ihrer Reiter verloren hatte. So schnell es ging, wankten die Kämpfer auf die eigene Seite zurück. Bei der weißen Partei waren deutlich weniger Reiter gestürzt. Doch wer nicht mehr im Sattel saß, blieb hier liegen. Ein Wink des Turnierrichters, und eilig überwanden Knappen und Knechte die Absperrung. Mit Bahren und langen Holzplanken eilten sie über das Feld. Einige Knechte bemühten sich, die reiterlosen, scheuenden Pferde einzufangen und sie zum Platzausgang zu führen. Andere legten die stöhnenden Streiter derweil auf Bretter und schleppten sie zum Ausgang. Dort warteten zwei Turnierrichter, die jedem Geschlagenen sein blaues oder weißes Tuch abnahmen. Dies bedeutete das Aus für den Kämpfer. Auch wer sein Tuch im Kampfgetümmel versehentlich verloren hatte, galt als ausgeschieden. Manchmal wurden auch einige Pferde näher untersucht. Der Angriff auf ein Reitpferd war streng untersagt und zog unter Umständen den gesamten Abbruch eines Stechens nach sich.
So trugen die Diener die meist bewusstlosen Streiter an der Menschenmenge vorbei. Kaum ein lautes Wort ertönte beim Anblick der manchmal schrecklich verletzten Männer. Der Sturz vom Pferd wurde durch nichts gemildert. In den schweren Kettenhemden, angetan mit starren Bein- und Armschienen, eingehüllt in fast unbewegliche Brustpanzer, waren alle Bemühungen, sich bei einem Sturz zu schützen, sinnlos. Prellungen und Verstauchungen unter der Rüstung waren die Regel. Ein Medicus würde all sein Können aufbringen müssen, um die vielen verrenkten und grausam gebrochenen Knochen wieder einzurichten. Schwere Verletzungen an den Händen wie an den Beinen waren besonders gefürchtet. Dies geschah oft, wenn in dem Getümmel Pferde auf die am Boden liegenden Ritter traten. In den schweren Rüstungen waren schnelle Bewegungen kaum möglich. Seit dem Krieg in Bath hatte Gwyn keine so schlimmen Verwundungen mehr gesehen. Jedoch, dies hier war ein Wettstreit, den jeder Streiter freiwillig auf sich nahm. Eine Herausforderung für jeden Ritter wie Teilnehmer, der sich die Ritterschaft erst noch verdienen musste. Gerade solche Anwärter waren heute eine ganze Reihe auf dem Feld. Sie mussten besonders vor den kritischen Augen des Fürsten bestehen. Gwyn beobachtete sie bei der nächsten Attacke genau. Sie kämpften ausnahmslos mit einer unglaublichen Wildheit. Was ihnen an Erfahrung und List noch fehlte, machten sie mit Angriffslust und ihrer ungestümen Art zu kämpfen wett. Ein Versagen hier auf diesem Feld konnte die Bemühungen um die Ritterschaft für lange Zeit zunichtemachen, auch eine Verletzung beendete dies hohe Ziel gar schnell. Solch einem Jungen blieb nur der Platz eines Ausbilders oder, gar schlimmer, ein Verdingen als einfacher Kriegsknecht. Nur die wildesten Kämpfer würden den hohen Stand der Ritterschaft erhalten. Viele Kämpfer hinkten oder hielten sich einen verstauchten Arm. Ein verkrüppelter Ritter war kein Kriegsherr mehr. Er war ganz auf sein Lehen angewiesen.
Der zweite Angriff war viel schneller vorüber.
Wieder stürzten einige Reiter aus den hohen Turniersätteln. Aber diesmal blieb keiner liegen. Die Anzahl der Reiter jedoch hatte sich fast halbiert.
»Jetzt gebt acht«, rief Jochen. »Achtet auf alle Kämpfer, so Ihr keinen Favoriten habt!«
Gwyn beobachtete gespannt, wie die Kämpfer ohne Pferd, nur mit Schild und Handwaffe versehen, die ärgsten Angriffe der gegnerischen Reiter abwehrten. Ein Ritter zu Pferd war den Fußstreitern meist überlegen. Zudem beherrschte jeder sein Streitross perfekt. Manche Reiter begannen, sich untereinander weiter zu bekämpfen. Direkt vor Gwyn und Jochen drängte ein Streiter mit blauem Tuch einen »Weißen« immer näher an die hölzerne Turnierbegrenzung heran. Wuchtig führte der »Blaue« seine Streiche gegen seinen weißen Gegner. Dazu benutzte er eine Kettenkeule. Ein kurzer, dicker, hölzerner Griff, an dem eine armlange, schwere Eisenkette befestigt war. Am Ende hing eine eiserne Kugel, mit ebensolchen Nieten und Reifen umspannt. Schlug ein Kämpfer mit dieser Waffe nach seinem Gegner, war jener bald im Nachteil. Die Wucht der Eisenkugel nahm durch den Schwung der Kette noch zu. Selbst eine gut gefertigte Bein- oder Armschiene zerbrach nach wenigen Schlägen mit dieser Waffe. Ein Schlag gar auf die Schulter brach diese wie ein Stück Holz. Nicht
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