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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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weniger gefürchtet war der frontale Schlag auf die Brust eines Angreifers, selbst wenn dieser ein schützendes Kettenhemd trug. Die Wucht dieser Waffe ließ fast immer die Rippen brechen. Auch ein Schild schützte kaum, reichte doch die eiserne Kugel auch noch über den schützenden Rand hinweg. Es war eine gefürchtete Waffe in der Hand eines Geübten.
    Der blaue Streiter schien ein solcher zu sein. Ganz genau plazierte er Schlag auf Schlag. Gwyn beobachtete, wie der andere Reiter die Schläge kaum mit seinem Schild abwehren konnte. Stattdessen traf die bewegliche Keule seinen Helm und die gepanzerten Schultern. Bei jedem Treffer sprühte ein kurzer Funkenregen nach allen Seiten, wenn das Metall auf den eisernen Harnisch traf.
    Es war ein brutaler und gleichzeitig faszinierender Kampf.
    Der Ritter mit dem weißen Tuch wehrte sich kaum noch. Sein Pferd scheute und rieb mit der Flanke an der hölzernen Bande entlang. Mit jedem Zoll, den das Streitross näher an die Begrenzung kam, drängte das Pferd des blauen Kämpfers nach und machte jeglichen Ausbruchsversuch vergebens. Der weiße Streiter hatte zu tun, seinen Körper mit dem Schild vor den fürchterlichen Schlägen der Keule zu schützen.
    Gwyn spürte, wie sein Mund trocken war vor lauter Aufregung über diesen wilden Reiterkampf der zwei Männer, kaum drei Schritte vor ihm. Längst war er, genau wie Jochen und die Menschenmenge ringsum, zurückgewichen. Nun sah es ganz so aus, als würde die hölzerne Begrenzung den beiden um sich tretenden Pferden nicht mehr lange standhalten.
    »Gleich hat er ihn, Weiß ist der Verlierer!«, schrie Jochen aufgeregt.
    Wer den Kampfplatz während eines Waffenganges verließ, war ausgeschieden. So lautete die Regel. Dies galt auch für diejenigen Kämpfer, die von ihren scheuenden Reittieren über die Absperrung abgeworfen wurden.
    Aber der weiße Ritter wusste seinem drohenden Ausscheiden zu begegnen. Plötzlich zog er mit einem mächtigen Ruck am Zügel. Sein Pferd riss den Kopf in die Höhe und stieß dabei mit dem Kopf des anderen Tieres zusammen. Man hörte das dumpfe knochige Krachen, als die beiden Pferdeschädel mit Wucht aufeinanderprallten. Beide Tiere wieherten laut vor Schmerz. Das Pferd des Blauen scheute und sprang mit einem Satz zurück. Nur ein wenig, aber doch genug, dass der weiße Ritter seinem Pferd die Stiefel in die Seiten hieb und sein Tier nun in die so entstandene Lücke trieb. Der Schwung war so groß, dass das Pferd des anderen nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Der weiße Reiter drängte nach und wehrte dabei einen letzten Schlag der gefährlichen Keule mit rasch hochgerissenem Schild ab. Dabei war die Kraft des vorwärtsdrängenden Pferdes noch immer so groß, dass das Tier des Blauen nicht schnell genug zurückweichen konnte. Mit einem klagenden Laut knickte das Streitpferd seitlich um und stürzte zu Boden. Der Reiter setzte nach, und Gwyn sah mit Entsetzen, wie der Vorderlauf des Pferdes den am Boden liegenden Mann traf. Im unteren Teil seines Helmes blieb eine Mulde im Metall zurück, so groß wie eine Männerfaust. Ein wenig Blut sickerte aus dem geschlossenen Visier. Das Pferd hatte sich wieder aufgerichtet und schüttelte sich. Es schien nicht verletzt zu sein. Der weiße Reiter war bereits in einen Kampf mit einem weiteren Reiter verwickelt.
    Erneut tönte ein Hornsignal.
    Da kletterten flink die Knechte über die hölzerne Absperrung. Einer ergriff das nervös um sich tretende Pferd am Zügel und zog es an der schützenden Bande entlang. Zwei weitere Knechte stürzten zu dem Mann, der reglos am Boden lag.
    »Heilige Frau, Mutter unseres Herrn Jesu Christi, hilf. Was ist Euch, Herr …?«, jammerte einer der Knechte.
    »Lass ihn, hilf, ihn fortzuschaffen!«, herrschte ihn der andere barsch an.
    Bei einem solchen Turnier waren die Knechte nicht weniger gefährdet. Sie mussten ihre verletzten Herren oft unter Einsatz des eigenen Lebens aus dem Kampfgetümmel bergen. Kein Kämpfer einer Partei nahm Rücksicht auf die Unbewaffneten, die im allgemeinen Durcheinander über den Platz liefen. Das unbeabsichtigte Niederreiten eines Knechtes kam immer wieder einmal vor. Es war straffrei in den Augen der Turnierrichter.
    »Das war der Sohn des Landgrafen. Welch ein Unglück. Der andere Bastard hatte großes Glück …!«, rief ein Mann neben Gwyn und Jochen.
    »Glück?«, schrie ein weiterer Mann aufgebracht. Er hatte vor Aufregung einen roten Kopf. »Landmann, Kraft war’s, ein starker Arm

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