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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Happen Käse, dazu einen Kant Brot und begann seinen langen Tag.
    Bruder Saulus kleidete den Kirchenfürsten jeden Morgen an und jeden Abend wieder aus. Kein leichter Dienst, denn der Heilige Vater war schwer und ließ sich gerne bedienen. Nur zu hohen Festen waren ausgewählte Bischöfe seine Diener.
    Bruder Saulus wusch und badete Seine Heiligkeit. Er servierte ihm das Essen, kostete es vor, temperierte den Wein, die Milch, das Bier, das Wasser. Und demütig empfing er auch einmal einen Fußtritt, den ihm Seine Heiligkeit abgab, immer dann, wenn das Kirchenoberhaupt seine Launen verspürte.
    Bruder Saulus war der persönliche Diener des Papstes. Bereits dem Vorgänger hatte er, dort in Rom, gedient. Bei der überstürzten Reise des Heiligen Vaters nach Avignon war Saulus mit ihm gegangen.
    Bruder Saulus war ein kleiner, gebeugter, römischer Mönch, der sein Amt mit stummer Hingabe ausübte. Still, demütig, bescheiden. Ein Mensch voll tiefem Glauben, dabei von eher einfachem Geist.
    Eine ideale Figur in einem großen Spiel. Gut zu nutzen und ohne Reue zu opfern …
    Fresenius hatte den Mönch zu sich rufen lassen. Beim Anblick des persönlichen Gesandten fiel Saulus auf die Knie und küsste die Hand des Wallonen.
    »Bitte, erhebt Euch, unser lieber Bruder.«
    Fresenius half dem Greis auf. Es hatte ihm immer gefallen, wie dieser alte und so zerbrechlich wirkende Mann seit Jahren seine Arbeit verrichtete. Fresenius wusste, wie ungeduldig und launisch der Papst war, vor allem im Umgang mit den einfacheren Menschen an seinem Hof.
    »Lasst mich ein wenig mehr erfahren über unseren gemeinsamen Herrn.«
    Der alte Mönch blickte Fresenius an, so als wüsste er nicht genau, was er sagen sollte.
    »Ich diene Seiner Heiligkeit«, erklärte der Mann. Seine Stimme war dünn und kaum hörbar.
    Fresenius nickte wissend und legte seine Hand auf Saulus’ Schulter. »Wir alle dienen«, sprach er, »sind doch noch viele Seelen zu retten. Viele Menschenseelen müssen sich immer der starken Hand unserer heiligen Kirche sicher sein. So tut jeder sein Werk.«
    Fresenius machte eine Pause und sah den alten Mann freundlich an.
    »Ich weiß von Eurem Tagwerk. Und ich weiß, wie schwer oft Eure Arbeit ist. Aber Ihr? Wisst Ihr von meinem Tun?«
    Der alte Mönch sah Fresenius verständnislos an.
    »Nein, Euer Gnaden. Es ist nicht mein Amt, dies zu wissen.«
    »Seid zu bescheiden, Bruder Saulus. Jemand mit solcher Nähe zu Seiner Heiligkeit sollt wissen, was dessen andere Diener tun.«
    »Ich wasche und kleide unseren Herrn, ich diene ihm …«
    »Dies weiß ich, lieber Bruder. Ich weiß es wohl.«
    Fresenius hatte den Mönch bis zu einer großen Türe geführt.
    »Gern würd ich Euch einmal zeigen, womit ich unserem Herrn diene.«
    Bruder Saulus nickte. Fresenius war sehr freundlich zu ihm. Der vom Papst besonders Erwählte war bekannt und gefürchtet im heiligen Hause. Im Dienste des Stuhles Petri zog er durch die Welt, um falsche Rufer, Ketzer und Lästerer aufzuspüren und zu strafen. Eine schwere, aber gottgefällige Aufgabe.
    Fresenius führte Saulus hinaus in einen kleinen Garten. Ein kleiner, verwunschener Ort, der heiter in der warmen Nachmittagssonne lag und als Lieblingsplatz des Papstes galt. Hierher zog er sich oft zurück, um ein Gespräch mit jungen Novizen zu führen. Begeisterte, oft blutjunge Knaben, die gierig waren nach dem Wort Gottes. Viele dieser jungen Zöglinge hatte Saulus hierhergeführt und sie erst spät wieder geholt, wenn Seine Heiligkeit müde war und ruhen wollte.
    Aber seit den schweren Anfällen, die den Heiligen Vater immer häufiger heimsuchten, war der Garten verwaist. Bruder Saulus pflegte jetzt die Blumen und die seltenen Gesträuche. Eine liebgewordene, kleine Leidenschaft, der er gerne nachging, wann immer sein langer Arbeitstag ihm die Zeit dazu ließ.
    Am Ende des Gartens befand sich in der Mauer eine schmale Türe. Seit ewigen Zeiten war diese nicht mehr geöffnet worden. Fresenius klopfte an. Die Türe öffnete sich einen Spalt weit. Ein Mann, mit von Pocken schwer verunstaltetem Gesicht, musterte sie beide. Als er den Wallonen erkannte, riss er die Türe weit auf und verbeugte sich linkisch. Stumm ließ er beide Männer ein und schloss die Türe wieder sorgfältig ab. Dann lief er mit schnellen Schritten vor den beiden her, um sie in einen weiteren Raum eintreten zu lassen.
    Einstmals musste dies ein prächtiger Saal gewesen sein. Jetzt war die gewölbte Decke teilweise eingestürzt. Als die

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