Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
Vom Netzwerk:
scheinbar wussten die Tiere genau, von wem ihnen Gefahr drohte. Sie erkannten ganz genau, ob ein Mann einen Holzknüppel, ein Schwert oder gar einen Spieß trug. Dann verschwanden sie im Nu. Doch wehe, man trieb eine solch flüchtende Sippe in die Enge. Dann machten sie kehrt und griffen ihren Widersacher an. Das war kein Spaß. Die Tiere verbissen sich dann sogar in eiserne Kettenhemden und ließen erst los, wenn die Zähne abbrachen. Diese Ratte hier schien genau zu ahnen, dass ihr von Gwyn keine Gefahr drohte. So folgte sie fast gemächlich den anderen beiden Tieren, die wie kleine Kobolde über die festgemachten Kähne sprangen, um dann in der Dunkelheit zu verschwinden.
    Gwyn aber ging nicht weiter.
    Ratten flüchten nur, wenn sie die Pest oder das Sumpffieber spüren. Sie verlassen ein Schiff, wenn es sinkt, oder ein Haus, wenn es brennt. Und sie flüchten, wenn sie aufgeschreckt werden. Dann aber zu jeder Zeit.
    Diese Ratten hier wurden aufgeschreckt …
    Er sah nur den Schatten …
    Die Gestalt sprang aus einem Torbogen heraus, ohne das geringste Geräusch. Gwyn ließ das Licht fallen, wo es auf den Boden fiel und sogleich verlosch. Gwyn rammte dem Mann seine linke Seite in die Magengrube. Der Stoß war fest genug, dass es den Angreifer gegen eine Mauer warf. Es gab ein böses Geräusch, und der Angreifer stöhnte vor Schmerz. Gwyn tastete in der Finsternis nach dessen Kopf. Aber bevor er fest genug zupacken konnte, wurden ihm die Füße unter dem Leib weggerissen. Er fiel zu Boden und rollte auf den Rücken. Ein schwerer Schlag traf seinen linken Arm. Von einem Moment zum anderen wechselte ein kurzer, stechender Schmerz in ein taubes Gefühl.
    Blitzschnell kniete der zweite Angreifer über ihm, hielt seine beiden Arme wie mit eisernen Ketten umklammert. Eine Hand drückte sich auf seinen Mund. Der Unbekannte trat mit einem Bein auf sein Handgelenk, das er nur noch dumpf spürte. Gwyn wehrte sich heftig. Aber er konnte nicht verhindern, dass ihm flinke Hände blitzschnell die Füße an den Knöcheln zusammenschnürten. Dieselben Hände knebelten ihn auch und schnürten ihm zuletzt die Handgelenke zusammen. Dies alles geschah in wenigen Augenblicken. Für einen Moment hörte er die beiden Angreifer heftig atmen. Bevor er noch feststellen konnte, was sie mit ihm vorhatten, spürte er, wie ihn erneut zwei Hände an den Schultern packten. Er wurde an den Rand des Kanals geschleift, und das Letzte, was er verspürte, war ein heftiger Tritt in die Seite.
    Das Wasser war eiskalt.
    Er versank sofort.
    Seine Beine stießen auf den Grund. Er spürte zugleich eine heftige Strömung, welche an seinem Körper zerrte.
    Luft!
    Er stieß sich vom Grund ab, der hier wohl nicht mehr als zwei Mannlängen tief lag. So gelangte er an die Wasseroberfläche. Er sog die Luft durch die Nase, während er mit heftigen Bewegungen versuchte, an der Wasseroberfläche zu bleiben. Seine Kleider hatten sich mit Wasser vollgesogen. Er konnte sich nicht weiter halten und versank erneut bis zum Grund. Dort spürte er den sandigen, fast glatten Boden und stieß sich mit beiden Füßen ab.
    Luft!
    Als er auftauchte, konnte er für einen Moment schemenhaft die Häuserfront erkennnen, an der dieser Kanal entlangführte. Und wieder ging er unter. Das zurückfließende Wasser floss in den großen Kanal, und die Strömung zog ihn mit. Er glaubte nicht, dass er noch genug Kraft hatte, sich noch öfters vom Grund abzustoßen.
    Es gelang ihm noch einmal.
    Da sah er für einen Moment das Licht. Dort brannte eine Kerze, die etwas hell Schimmerndes direkt vor ihm im Wasser beleuchtete. Aber nur für einen Moment.
    Eine Treppe! Mitten im Wasser!
    Es war eine Mode der wohlhabenden Bewohner, sich einen kleinen Steg von der Hauswand in den Kanal hineinbauen zu lassen. Jene Stege, kaum zwei Schritte lang, ermöglichten über eine kleine Treppe, die bis zur Wasseroberfläche führte, das leichtere Ein- und Aussteigen aus Kähnen und Booten. Solch eine steinerne Treppe musste dort vor ihm sein! Gwyns Gedanken arbeiteten fieberhaft. Wenn es ihm gelang, bis zu jenem Hindernis zu schwimmen, konnte er sich vielleicht trotz seiner Fesselung auf eine der Treppenstufen hinaufarbeiten. Sein ganzer Körper war bereits steif, farbige Schleier vor seinen Augen zeigten ihm die drohende Ohnmacht an. So versank er erneut.
    Der plötzliche, heftige Schmerz in seinen Ohren deutete darauf hin, dass das Wasser hier tiefer war. Gleichzeitig war auch die Strömung direkt über dem

Weitere Kostenlose Bücher