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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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sich.
    »Sprecht, Messere, wir hören!«
    Der Advokat dankte dem Gericht mit einem kurzen Nicken, wandte sich an die Zuhörer.
    »Was wir hier gesehen, das ist ein Beweis. Und der sei Gott. Es ist Zeichen, dass jener Faber erwählt wurde, Gott mit seiner Kunst zu huldigen und zu dienen. Das Gericht soll hier entscheiden, ob jener die Freiheit oder das Feuer verdient. Aber überantworten wir den Faber Gwyn Carlisle dem Feuer, dann, Ihr Herren, ist dies nicht Gerechtigkeit. Dafür wird uns der Allmächtige zürnen. Dies sei gewiss.«
    Der Anwalt schwieg nach dieser kurzen Rede. Mehr konnte und durfte auch er nicht mehr sagen, denn in einer solchen Verhandlung der heiligen Inquisition durfte ein Anwalt nur ein Bittsteller sein. Seine Unschuld musste der Beklagte selbst beweisen, und den wenigsten Delinquenten gelang dies.
    Der Richter nickte zu beiden Seiten hin zu seinen Beisitzern, die selbst wiederum sanft die Köpfe neigten, so als hätten sie ein gemeinsames Einverständnis, welches sie soeben beschlossen hatten.
    »Wir sind von der Lauterkeit des Signore Carlisle angetan. Da ist kein Falsch, und da war auch bei diesen Beweisen nichts dergleichen.«
    Fresenius schrie plötzlich laut, und seine Stimme klang böse. »Beelzebub ist sein Diener! Er hält ihn fest wie einen Dämon! Ihr seht dies nicht, aber ich weiß es. Sah ich solch Heimtücke doch oft.«
    Daraufhin begann ein Rufen und Lärmen in den Reihen der Wartenden. Und das hohe Gewölbe der Werkstatt verstärkte den Aufruhr noch. Fresenius war auf einen Tisch gestiegen, deutete auf Gwyn und schrie mit lauter Stimme, die fast überschnappte: »Er ist ein Ketzer! Seht Ihr nicht, dass alles, was er tut, nur von einem gelehrt wurde? Vom Teufel selbst, vom Teufel!«
    Gwyn starrte in all dem Getümmel nur ungläubig auf den Mann. Die Wachen hatten zwei Spieße auf den Faber gerichtet. Der Tumult wurde allmählich leiser. Aber bevor der Vorsitzende der Richter zur Mäßigung rufen konnte, schrie Fresenius laut und leidenschaftlich weiter.
    »Ja, ich selbst sprach einst jenen schuldig, der sich Peter Fallen nannte. In London verbrannte er und mit ihm seine Seele und sein Name. So glaubte ich damals. Und doch hinterließ er seinen Geist in der Seele von jenem hier. Eine Saat des Bösen, die aufgegangen ist wie ein giftiger Strauch. Seht her! Dort steht, was nicht sein darf, fleischgeworden. Dieser Geist zerstört! Und nichts auf Erden wird dann mehr so sein, wie es war. Genau dann, wenn nur noch der Teufel denken darf.«
    Es war auf einmal still geworden in dem mächtigen Gewölbe.
    Nur das Knacken der Fackeln an den Wänden ringsum war zu hören. Fresenius war von seinem Tisch heruntergestiegen, hatte sich vor den Richtern aufgebaut und sprach weiter. In seiner Stimme schwang ein Ton, der keinerlei Widerspruch duldete.
    »Seht her, den Faber Gwyn Carlisle, wie unschuldig. Kein Lämmchen könnte schöner tun, nicht wahr? Aber glaubt mir, ich kenne dieses Gesicht. Es ist gleich, überall. Es jammert oder bettelt, es schreit und tobt auch, und der Satan zeigt sich uns in mancherlei Gestalt. Schaut diesen Menschen! Schaut ihn! Schaut sein Gesicht! Es ist das Antlitz eines Ketzers!«
    Er fuhr herum und deutete auf den Faber. »Jener gehört der Inquisition! Überantwortet ihn dem Feuer!«
    Gwyn hörte den Anwalt hinter sich murmeln. »Bei Gott dem Allmächtigen! Der wahre Teufel bist du, Ketzerjäger …«
    Noch immer wagte niemand eine Antwort, selbst die Richter schwiegen. Gwyn spürte ein eigenmächtiges Würgen im Hals, so als müsse er sich gleich übergeben. Aber es war nicht aus Erschütterung, sondern aus Empörung und Zorn darüber, was er soeben gehört hatte. Und obwohl es sich nicht geziemt, bat er um die Erlaubnis, sprechen zu dürfen.
    »Hohes Gericht, bevor Ihr den Stab brecht über mich, lasst mich ein Wort sagen. Ich bitte Euch.«
    Der Vorsitzende nickte zaghaft. »Sprecht …«
    »Ich lebte vier Jahre unter dem Dach des Fallen, Meister der Zunft. Ein Mensch, mit Schwächen wohl, aber ein Mensch. Peter Fallen war ein frommer und gottesfürchtiger Mann. Ihr Herren, nie hat er gezagt im Glauben. Ich hörte seine letzten Worte, als sein Haus bereits brannte, lichterloh. Er verfluchte einen andern, aber nicht unseren Herrn und Meister, Jesus Christus. Er lehrte mich so viel, weil er sein Handwerk liebte. Alles, was ich erlernt, habe ich durch ihn erfahren. Luzifer war nie in seinem Haus zu Gast …«
    »Schweigt …«, zischte ihn der Wallone an.
    Da trat

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