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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Fresenius verzerrte sein Gesicht nur zu einer höhnischen Grimasse und raffte seine Kutte. Grob stieß er durch den Ring der wartenden Menge und verließ den Raum, gefolgt von den anwesenden Mönchen. Die römischen Goldschmiede umringten Gwyn und klopften ihm begeistert auf die Schultern. Stumm umarmte der müde Faber erst den Meister Farnese, dann den Agistonides.
    Der Grieche bot ihm an, als Gast in seinem Hause zu bleiben und sich ein wenig zu erholen. Diese Einladung wollte er gerne annehmen. Gwyn war müde und verlangte nur noch zu schlafen. Die Männer schoben sich gegenseitig hinaus in die milde Nachtluft.
    Farnese war der Letzte, der die große Werkstatt verließ. Auf dem Tisch lag das Bündel mit all den Pergamenten, die Fresenius benutzt hatte, um seine Anklage zu untermauern. Neugierig wollte der Advokat wissen, was der Inquisitor dabei alles zusammengetragen hatte.
    Doch wie überrascht war er, als er die Pergamente einzeln betrachten wollte.
    Alle Blätter waren leer.
    Die dritte Stunde nach Mitternacht war angebrochen.
    Der Grieche lud alle Faber, die dem Prozess gefolgt, wie auch Pietro Farnese, den Advokaten, zu einem Trunk in seinem Haus ein. Gwyn fühlte sich erfüllt von einem eigenartigen Hochgefühl, welches er lange nicht mehr gekannt hatte. Seine Müdigkeit war verflogen. Er nahm die Wünsche und die vielen Trinksprüche der geladenen Männer ringsum entgegen und plauderte mit ihnen, obwohl ihn alle eher scheu und ehrfürchtig betrachteten, hatte er doch vor ihren Augen gezeigt, welch ein großer Faber er war. Für Gwyn aber stand fest: Der Kampf gegen Fresenius schien gewonnen, und der fanatische Mönch hatte keine Gewalt mehr über ihn. Gwyn bat Agistonides um einige stille Minuten für ein Gebet. Der Grieche erlaubte dem Faber, in seiner Hauskapelle zu beten.
    Die Geschichten, die man sich über das prächtige Haus des Griechen erzählte, waren nicht übertrieben. Es war groß und reich ausgestattet. Da gab es herrliche Räume, deren Wände mit farbigem Putz bemalt waren. Alle Motive zeigten Heilige aus der Geschichte und die Jünger Jesu. Fast alle Böden waren mit altem Mosaik belegt, das Knechte ringsum aus den verschütteten und verwehten Ruinen der römischen Patrizier ausgegraben hatten. Die übrigen Böden waren von dunklem Marmor oder schwarzem Schiefer. Die Kapelle dagegen war klein und schlicht geraten. Sie sollte nur ein Hort zum Beten und zur Sammlung sein.
    Der Grieche befahl, ein paar Kerzen zu entzünden. Dann ließ er Gwyn allein.
    »Mein Lehrherr und Freund, Peter Fallen, nun ist Eure Seele gerächt. In Frieden könnt Ihr Euren Platz in der Ewigkeit einnehmen. Fresenius hat keine Macht mehr über Euch und nicht mehr über mich. Und er hat keine Macht mehr über die Faber in der Welt. Denn was ich getan, vermag jeder Faber gleichzutun, der eine besser, der andre schlechter. Aber er vermag’s zu tun und muss nicht mehr fürchten, verbotenes Hexenwerk zu zeigen. Ein Tun, welches nicht erlaubt.«
    Plötzlich war Gwyn doch eingeschlafen. Als er erwachte, wusste er nicht, wie lange er bereits so ruhend in der kleinen Hauskapelle verbracht hatte.
    Lärm und Aufruhr draußen vor der Türe hatte ihn erweckt. Lautes Geschrei tönte durch das Haus. Er vernahm die hastigen Schritte vieler Menschen. Ein Hausknecht riss auf einmal die Türe zur Kapelle auf, sah ihn an und bekreuzigte sich. Dann drehte sich der Mann auf der Stelle um und eilte davon. Gwyn folgte ihm neugierig. Das ganze Haus schien in Aufruhr. Aber keiner konnte dem Faber sagen, was der Grund für all den Tumult war. Stattdessen traf er den Messere Farnese, der aufgelöst zwischen einer Schar Knechte stand, die an ihm vorbei hinaus in den Hof drängten. Die meisten Männer hatten mehr Wein und Met getrunken, als sie vertragen konnten.
    Als der Messere Gwyn erkannte, winkte er aufgeregt.
    »Sind wie toll, die Kerle«, rief er laut, als könne ihn niemand hören. »Werden sich versündigen. Aber der Wein …«, versuchte der Advokat zu erklären.
    Gwyn verstand kein Wort.
    »Sie wollen den Mönch brennen sehen!« Farnese klang erschöpft.
    Gwyn fühlte, wie er bei dieser Nachricht ein wenig schwankte. Ihm war ein klein wenig schwindlig. Die Aufregung der letzten Stunden, der lange Prozess und die Prüfung in den Gewölben des Agistonides hatten ihm mehr zugesetzt, als er bislang angenommen hatte.
    »Sie wollen den Mönch brennen sehen!«
    Hand an einen Inquisitor oder ein Mitglied der heiligen Inquisition zu legen, galt

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