Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
Vom Netzwerk:
gemeinen Verbrecher. Der Grieche würde es nicht wagen, ihn, den Inquisitor der römischen Kirche, zu verbrennen! Ihn, Fresenius van Straaten, den kommenden Bischof von Avignon oder vieleicht sogar von Rom …?
    Agistonides trat noch einen Schritt näher. Gwyn gelang es, trotz der Entfernung, in seinem Versteck genau zu erkennen, wie sehr der Grieche jetzt zitterte, als er weitersprach. Wohl musste es Hass sein, als der Faber diese Stimme hörte.
    »Schweig! Unzählige sah ich brennen. Denn Unzählige hast du gerichtet. Und viele Faber warʼn dabei. Deine Schergen brachen ihnen erst die Hände und Beine, zerbrachen noch mehr bei jeder peinlichen Befragung. Ich ward fast glücklich, keine Hand mehr zu haben, denn auch die hättest du mir eines Tages gebrochen. Dein Weg war Zerstörung. Bis heute.«
    Agistonides trat ein wenig zurück. Einer der Knechte reichte ihm stumm ein brennendes Scheit. Die Schar der Wartenden rührte sich nicht. Gwyn erkannte im Gesicht des Wallonen auf einmal das Entsetzen, jenen Ausdruck, den Gwyn bei Menschen nur dann gesehen, als diese gewusst, sie sahen bereits in das Dunkel dieser anderen Welt, vor der sich die Menschen so sehr fürchteten.
    Und jetzt, mit einem Mal, begann der Wallone, gellend zu schreien. Aber noch war es eher Wut als Angst, die man in seiner Stimme hören konnte. Ein letztes Aufbegehren eines Mannes, der nie etwas oder irgendjemanden fürchten musste, weil ihn alle fürchteten.
    »Ihr seid Christenmenschen! Wer Hand legt an mich, legt Hand an die Obrigkeit, legt Hand an einen Diener Gottes!«
    Agistonides wandte sich zu den Wartenden. »Höret! Er höhnt Gott …!«, lachte er höhnisch. Er wandte sich erneut an den Tobenden. »Brenne, Fresenius, brenne! Nur so werden die Geister wieder frei.«
    Er trat vor, steckte das brennende Scheit zwischen all das Holz und Reisig und trat dann rasch zurück. Die Flamme wurde größer. Im Nu begann das trockene Holz zu brennen. Das Feuer geriet in Windeseile größer, und dichter Rauch stieg empor.
    Fresenius begann erneut zu schreien.
    Gwyn stand versteckt zwischen dem Gesträuch und sah, wie sich das Feuer rasend schnell durch das aufgeschichtete Holz fraß. Der Mönch schrie jetzt vor Angst. Dabei rüttelte er an seinen Fesseln.
    »Ich fluche dich, Grieche!«, kreischte er. Seine Stimme hatte kaum noch etwas von einer menschlichen Stimme. »… und alle, die mir dies getan. Verflucht … alle … von euch gezeugt … und noch gezeugt werden. Verflucht seid ihr alle …!«
    Gwyn spürte mit einem Male wieder jene Ohnmacht und gleichzeitig das Entsetzen, das er seit jener Nacht in London nicht mehr verspürt hatte. Es war keine Freude oder gar ein Triumphgefühl in ihm. Wohl hatte er den Mönch gehasst und ihm den Tod gewünscht. Aber dieses Sterben dort war entsetzlich.
    »Hab Erbarmen, Gwyn! Erbarmen!«
    Gwyn hörte diese Worte nicht, eher spürte er sie.
    »Solch ein Tod ist selbst für ihn ein unwürdiger!«
    Gwyn stöhnte leise auf. »Aber er ist das Böse!«, keuchte er, hoffend, diese Stimme in seinem Kopf würde darauf etwas entgegnen.
    Das Feuer erreichte die Füße des Wallonen. Er schrie und tobte vor Schmerz. Trotz des immer dichter werdenden Rauches war der Mann noch immer bei Bewusstsein.
    »Lasst mir’s Leben, ich bitt Euch!«
    Gwyn hörte diese Worte mit Staunen. Er hatte nicht geglaubt, dass der Wallone um etwas bitten könnte. Es klang seltsam aus dem Mund des Mannes, dessen Leben nur aus der Jagd und dem Zerbrechen von Menschen bestanden hatte.
    »Habt Erbarmen!«, schrie Fresenius van Straaten. Jetzt war sein Flehen ein Schrei ohne Wut. Nur noch der Laut eines Menschen, der Schmerzen fühlt, die unmenschlich waren.
    »Gwyn, er bittet darum! Hab Erbarmen!«
    Die Stimme erschien ihm eindringlich.
    Wie um eine Entscheidung hoffend, wohl abwartend, dass Gwyn etwas tat, was den Schmerz und die Angst des Mannes dort beenden sollte.
    Und auf einmal konnte er die Schreie des Gepeinigten nicht mehr ertragen. Er riss einen Pfeil aus dem Köcher, setzte ihn auf die Sehne und hob den Bogen. Er zielte nur einen kurzen Moment. Und er sah gar nicht den Wallonen, sondern den zwergenhaften Mog und den Riesen im Wald, er sah das Heer der Schlächter und die Knechte des de Guilbert.
    Der Körper des Wallonen war von den Flammen umhüllt und sah aus, als trüge er einen weiten Mantel aus purer Hitze und Rauch.
    Gwyn spürte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Es musste wohl der Rauch sein, der dicke, süßliche,

Weitere Kostenlose Bücher