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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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entsprechender Stimme. Die Melodie schien wie ein Hauch durch das Kirchenschiff zu schweben, suchend und zugleich abwartend, ob weitere Stimmen in den Gesang einfielen. Dies geschah und setzte sich fort, Strophe für Strophe. Während diese erste Stimme verstummte, brandete allmählich Gesang der übrigen Mönche auf, um wie ein Bild aus Tönen zu verweben, immer wieder neu zu tönen, Folge für Folge. Bild für Bild ganz aus Musik.
    Gwyn spürte ein seltsames Gefühl in sich, als er diesen Gesang vernahm. Ihm war auf einmal so, als erlebe er gerade einen kurzen und heftigen Rausch. Das Gefühl schien bis in seinen Kopf zu wandern, wo es nicht lang verblieb, sondern gleich der nächsten gesungenen Strophe Platz machte, für eine weitere Welle nie gekannter Freude an Tönen, die ihn trafen wie ein lang vermisster Sonnenstrahl, warm und belebend.
    Die Mönche bildeten eine Gasse in der Mitte der Kirche und wandten sich um. Jetzt schritten sie nebeneinander, in ihre langen Kutten gehüllt, die Kerzen vor sich haltend, so dass sie wie eine Allee aus Licht wirkten. Der alte Abt folgte langsam, ein wenig gebeugt, durch den freien Gang, gefolgt von weiteren Mönchen. Der Mann kam nur langsam voran, und in seinen Händen hielt er sichtlich bewegt den Kelch, die »Zwölf Apostel«. Als er die kleinen Steinstufen zum Altar erreicht hatte, stützte ihn einer der Mönche und half ihm hinauf. Dort wandte sich der Erste dieses Ordens um und hob den Kelch. Die Mönche knieten nieder.
    Auch Fallen und Gwyn taten dies. Gwyn erlebte dieses unvergleichliche Gefühl jenes seltsamen Glücks, als die feine Singstimme des Mönches erneut einsetzte. Er wagte kaum zu atmen, und nur einmal wandte er seinen Kopf ein wenig nach rechts, um zu seinem Meister zu blicken, der neben ihm kniete, das Gesicht anders, als es Gwyn je gesehen hatte.
    Peter Fallen weinte leise.
    Die Tränen rannen ihm still die Wangen hinunter und tropften auf seine gefalteten Hände. Ein warmer Schein voll Ruhe war in seinem Gesicht. Es schien so, als wäre er mit sich und der Welt in einer nie zuvor erlebten Eintracht. In diesem Moment wünschte sich Gwyn, sein Meister und er selbst, jeder von ihnen beiden, solle dieses gerade Erlebte behalten können, wie ein Stück, das man redlich erwirbt, nur der bloßen Freude wegen.
    In der darauffolgenden Nacht verstarb der Abt von Dorchester. In der Chronik des Klosters war sein Alter verbürgt. Er war auf den Tag genau 100 Jahre alt geworden.
    ***
    Fresenius van Straaten war für einen einfachen Mönch eines kleinen, unbekannten Klosters in der Nähe von Ypern eine schnelle Karriere in der Kirchenhierarchie gelungen. Auch bekannt unter dem Namen »Der Wallone«, war er ein besonderer Botschafter im direkten Auftrag des Papstes geworden. Als dessen Vertrauter hatte er sogar die erstarkte Residenz des Kirchenfürsten nach Avignon unterstützt. Jetzt schützte er das Kirchenoberhaupt durch eine kleine Armee von Spitzeln und Helfern und übernahm dabei auch die Aufgabe eines besonderen Inquisitors im Dienste der Kirche.
    Fresenius van Straaten war ein fanatischer Diener Gottes. Ruhelos zog er durch das christliche Abendland, immer auf der Suche nach Zauderern und Ungläubigen im Geiste vor Gott. Hexer und Magier nannte Rom all diejenigen, welche mit vielerlei Entdeckungen Neues erkannten und erforschten. Die Allmacht der einzigen Kirche war in ständiger Gefahr.
    »Den Keim schon vernichten, bevor er aufgeht und stark und stärker wird.«
    Mit diesem Gedanken wollte Fresenius die Christen des Abendlandes formen und dem einzigen Glauben zu größter Macht verhelfen. Dabei interessierten ihn nicht diejenigen Seelen, die Gott lästerten oder gar an ihm zweifelten. Dafür gab es genug Gläubige, bigotte Bürger, despotische Adelige, all die Keuschen eben, oder jene, die sich keusch und lauter gaben, oft genug im heiligen Rock, die solchen Kleingeistern gehörig zusetzten. Ihn, van Straaten, interessierten dagegen all diejenigen Menschen, welche glaubten, ihr Leben leben zu können, ohne dass sie einer Kirche immerzu Rechenschaft schuldig waren: die Handwerker und weisen Frauen, die Forscher und Künstler, Menschen, die wissen wollten, wo doch Wissen nur in kleinen Portionen verteilt werden sollte.
    »Wer wisset, der fürchtet weniger. Aber nur wo Furcht und Demut ist, fromm und Gott fürchtend, nur dort vermag sie zu bestimmen, jenes Instrument, das genannt wird die Macht. Und sie allein sei Gott.«
    Fresenius van Straaten war ein

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