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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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frommer Mann. Und er war gnadenlos, unbarmherzig und ohne Gefühl gegenüber jedem Freigeist.
    Es war eine besondere Ehre für das Kloster von Dorchester, den Botschafter der heiligen Kirche zu beherbergen. Zu Ehren des Gastes ließ der neu ernannte Abt eine Messe lesen. Der Mann hatte jenes Amt erst drei Tage inne.
    Nach einem kurzen Mittagsmahl ließ der Abt es sich nicht nehmen, Fresenius den erklärten Schatz der Klostergemeinschaft zu zeigen, den Kelch der »zwölf Apostel«.
    »Ihr müsst ein reicher Orden sein, wenn ihr solche Schätze besitzt«, stellte Fresenius freundlich fest, bevor er den Kelch an den Abt zurückgab. Eine leise Ahnung durchzog sein Unterbewusstsein, aber bevor er sie fassen konnte, war sie schon verflogen.
    Der Abt reichte den Kelch an einen Mönch weiter, um ihn von diesem verwahren zu lassen.
    »Bruder Fresenius, ehrwürdiger Herr van Straaten. Es ist wohl ein Kleinod. Wird aber noch nicht sehr lange in unserem Kloster bewahrt. Der Kelch ist die Arbeit eines Faber aurifex aus London. Auf Wunsch unseres verstorbenen Abtes wurde er erst vor kurzer Zeit gefertigt.«
    Der Abt erzählte dem Gast die Geschichte des Kelches und sparte dabei nicht mit Worten des Lobes. Fresenius unterbrach die Erzählung mit einem Mal. Die Ahnung tauchte wieder auf, diesmal stärker. Seine Frage kam plötzlich und unvermittelt.
    »Wie nennt sich dieser Meister, unter dessen helfender Hand bereits ein Lehrling solch ein Kleinod schafft?«
    »Der Name? Er heißt Peter Fallen, lieber Bruder.«
    Bei der Nennung des Namens erstarrte das Gesicht des Fresenius für einen Augenblick. Aber sogleich hatte er sich wieder in der Gewalt. Langsam wiegte er den Kopf. »Natürlich … natürlich er «, murmelte er leise.
    »Ihr kennt ihn, lieber ehrwürdiger Bruder?«, fragte der Abt.
    »Nun, ein wenig nur. Sein Name ist mir wohlbekannt und auch seine Kunst. Wir sprachen uns das ein ums andre Mal. Wohl kennt er auch meine Kunst .«
    Der Abt nickte zufrieden und erzählte die Geschichte der Auftragsarbeit zu Ende. Dabei vergaß er nicht zu berichten, welch eine Freude der verstorbene Abt bei der Rückkehr des Klosterschatzes gehabt hatte. Fresenius hörte kaum noch zu. Er war aufgestanden und an ein schmales, hohes Fenster getreten. Von hier aus konnte man die schmale Landstraße überblicken, so weit, bis sie aus dem Blick des Betrachters in den Herbstfarben der dichten Wälder verschwand. Der Nebel lichtete sich. Mit ein wenig Glück konnte es heute noch sonnig werden.
    »Ist dies dort die Straße nach London, lieber Bruder?«
    »Ja, gewiss.«
    »Es ist die einzige Straße dorthin, nicht wahr?«
    »Ja, lieber Bruder, es ist die einzige.«
    Fresenius blieb noch einen Moment lang am Fenster stehen. Tief sog er die Luft ein. Dann wandte er sich um. »Ich breche morgen früh nach dem Gebet auf.« Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum.
    ***
    Die Rückreise des Peter Fallen und seines Lehrlings von Dorchester in die Stadt an der Themse war in einer Zweisamkeit vonstattengegangen, wie sie zugetane und sehr vertraute Menschen gern genießen. Der junge Lehrling und sein Meister hatten sich viel zu erzählen. Der Goldschmiedemeister war kaum mehr wiederzuerkennen. Aus dem einst verbitterten und mürrischen alten Mann war ein liebenswürdiger und aufgeschlossener Mensch, ein erzählender Lehrer und Weiser, kraft seines Alters und seiner Erfahrung, geworden.
    Bei ihrer Ankunft in London kehrten sie in Eldriges Schenke ein. Fallen bestellte ein Essen für sich und seinen Schützling. Stolz erzählte er dann von ihren Erlebnissen und lud in einer plötzlichen Geste alle Anwesenden zum Umtrunk ein. Bis spät in die Nacht feierten sie mit Menschen von der Straße in der Taverne zum »Heimgekehrten Kreuzfahrer«. Fallen zahlte Runde um Runde, und es schien ihm nichts auszumachen, dass er sich betrank. Erst spät in der Nacht brachen er und sein Lehrling auf und machten sich auf den Heimweg. Trotzdem, Eldrige selbst musste die beiden fröhlichen Zecher nach Hause bringen.
    Am nächsten Morgen hatten beide noch schwere Köpfe von dem starken dunklen Bier.
    Einige Tage später begleitete Gwyn seinen Meister bei einem Gang in die Hall-Marks, das Zunfthaus der Gold- und Zirkelschmiede von London. Fallen ließ Gwyn derweil weitere Besorgungen erledigen, und am Abend sollte er ihn wieder abholen und nach Hause geleiten. Gwyn hoffte insgeheim, noch genug Zeit für einen Besuch bei seiner Mutter übrig zu haben. Aber dann begann es in den

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