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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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nur aus allen Teilen Britanniens. Gwyn fürchtete um ihren kostbaren Schatz, der unscheinbar zwischen Lumpen in seinem Reisesack verstaut war.
    »Viel Aufmerksamkeit schadet nur«, meinte Fallen und gebot Gwyn, das Kleinod nicht mit übertriebener Aufmerksamkeit zu bewachen.
    Das Kloster des Ordens lag auf einer Art Hochplateau, umgeben von Wiesen, die mit kleinen niedrigen Steinwällen eingefasst waren. Auf den meisten Weideflächen weideten Schafe. Kleine Tiere, mit kräftigen gedrungenen Körpern, unter deren dichter Wolle die Läufe kaum zu sehen waren. Ein kleiner Fußpfad führte zwischen den Feldern in leicht gewundener Form hinauf. Das Kloster umgab eine hohe Mauer. Alle Gebäude umschlossen im Geviert eine kleine Kapelle. Das große Tor schien der einzige Eingang zu sein. Peter Fallen musste erst einmal eine Weile verschnaufen. Es war so lange her, dass er eine so weite Reise zu Fuß gemacht hatte. Aber ohne dass sie anklopfen mussten, öffnete ihnen ein junger Mönch und ließ sie ein. Man hatte sie wohl bereits vor einer Weile gesehen, wie sie den Berg heraufkamen.
    Höflich sprach der Fabermeister vor.
    »Ich bin Meister Fallen, Faber aurifex aus London. Dies ist mein Lehrling, Gwyn, Sohn des Carlisle. Ich bringe den bestellten Auftrag.«
    Der Mönch bekreuzigte sich. Mit einer freundlichen Geste bat er die beiden, ihm zu folgen.
    Gwyn sah sich neugierig um, während sie dem Mönch durch die langen Gänge folgten, welche die einzelnen Gebäude miteinander verbanden. Er erinnerte sich mit einem plötzlichem Gefühl großer Dankbarkeit an Pater Well, der ihm Lesen, Schreiben und gutes Benehmen beigebracht hatte und dessen Fürsprache bei Meister Fallen es überhaupt erst möglich gemacht hatte, dass er das Goldschmiedehandwerk hatte erlernen dürfen. Aber über das Leben der Mönche hinter den dicken Klostermauern wusste er wie die meisten Menschen nicht viel. Nur, dass diese frommen Männer jegliche Gewalt, Prunk und höfisches Leben und auch das Beschlafen einer Frau ablehnten, war ihm bekannt. Eldrige, der Veteran, wusste zudem viele Dinge über die Mönche aus dem Kreuzzug ins Heilige Land zu berichten. Wie sie die Verwundeten aus dem Kampfgetümmel bargen, den Verzagten Trost spendeten, die Fieberkranken pflegten und die Toten beerdigten. Es waren Männer, die nur für ihren Glauben lebten und sogar starben, sollte dies verlangt werden, voller Demut und reich an Wissen. Der Mönch führte die beiden Besucher in einen langen, düsteren Raum, der am Ende eines langen Ganges lag. Ohne ein weiteres Wort ließ er beide dort stehen und verschwand. In dem Raum stand ein großer Tisch. Auf einem hölzernen Sessel daneben saß ein Mann. Beim Eintritt der beiden Gäste drehte er ein wenig den Kopf.
    »Kommt näher, ihr Herren«, bat er mit leiser Stimme.
    Fallen trat vor den Mann, gefolgt von Gwyn. Der erschrak bei dem Anblick. Eingehüllt in eine warme Kutte, eine wollene Decke um die Schultern, saß dort ein Greis. Auf seinem Kopf fanden sich nur noch wenige weiße Haare, und der Großteil seines Gesichtes ward bedeckt von einem schlohweißen Bart, so dünn und durchscheinend wie gewebt. Das übrige Gesicht war über und über von feinen Falten durchzogen. Nur über dem knochigen Schädel hatte sich die Haut glatt gestreckt, als wäre sie schon Teil desselben. Darunter waren dunkel die feinen Adern zu sehen. Es erinnerte Gwyn an Gestein, in dem noch ein paar Quart Silber verborgen waren.
    Dieser Mann hier musste uralt sein.
    »Ich heiße euch willkommen …«
    Gwyn fröstelte beim Klang dieser Stimme. Sie schien von weit her zu kommen, wie aus einer anderen Welt.
    »Ehrwürdiger Abt, ich danke Euch für Euren Gruß. Der Herr sei mit Euch. Dies ist mein Lehrling, Gwyn Carlisle. Er begleitet mich und ist mir Hilfe. Bin nicht mehr gut zu Fuß«, antwortete der Goldschmiedemeister.
    Nach dieser Antwort blickte der alte Abt lange auf Fallens Beine, so als könnte er sich an etwas erinnern. Dann musterte er das Gesicht des Mannes, blickte zuletzt auf Gwyn.
    »Gwyn, der Lehrling. Hast begnadete Hände, und dein Verstand ist wach und klar. Du bist noch sehr jung, aber dein Ruf ist bereits groß.«
    Gwyn schluckte, doch er wagte keine Antwort. Der alte Mann musterte ihn eindringlich. Dabei bewegte er den kleinen kahlen Schädel kaum merklich hin und her. Gwyn musste daran denken, welch eine Kraft in solch einem dünnen Hals stecken musste, um den Kopf zu halten.
    »Zeigt mir, was ihr aus unserem Auftrag

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