Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
Vom Netzwerk:
waren gefallen, zwei am Wundfieber gestorben.
    Die restlichen Mitglieder des Rates flüsterten miteinander. Die Stimmung war bedrückt und verzweifelt.
    »Faber Carlisle! Bois de Guilbert will Euch sehen!«
    »Mich?«, fragte Gwyn erstaunt.
    »Jawohl, den Mann wünscht er zu sprechen, der die Schlächter das Fürchten lehrte. So sagte es ein Unterhändler.«
    Gwyn wusste nicht, was er sagen sollte. Sie sahen ihn an, schweigend und ohne eine Geste, die ihm helfen konnte bei dem, was er nun alleine vollbringen musste.
    Der Kämmerer schlang ihm ein weißes Tuch um den rechten Arm.
    Sie gebrauchten nicht viele Worte.
    Es war unmöglich, sich der Aufforderung zu widersetzen. Alle Hoffnung ruhte nun auf ihm. 
    Er konnte sich de Guilbert nur stellen und hoffen, dass der ihn wirklich als Unterhändler aufnahm und nicht Vergeltung übte dafür, dass er seine Truppen das Fürchten gelehrt hatte. Hoffen, dass er bereit war, zu verhandeln. Als Vermittler hatte König Heinrich den Bischof von Inverness gebeten. Er wartete im Feldlager des Herzogs und galt als sehr erfahren in diesen Dingen.
    Gwyn schritt an der schweigenden Menge vorbei, die sich ihm anschloss. Je näher er an das Stadttor gelangte, umso mehr Menschen säumten seinen Weg. Niemand sprach ein Wort. Nur das Bellen eines Hundes und das leise Weinen eines Kindes waren zu hören.
    Bath war am Ende.
    Als Gwyn die beschädigte, aber unzerstörte Brücke vor dem Südtor überquerte, roch er den süßlichen Verwesungsgestank. Es wimmelte überall von Raben und Krähen, die sich an den aufgedunsenen Leichen tummelten. Viele der Leiber lagen schon seit mehreren Tagen hier, bedeckt mit Staub, der kaum erkennen ließ, wer jener Mensch einst gewesen war, der hier gestorben. Gwyn atmete schwer und hielt sich den Ärmel vor sein Gesicht. Dann begann er hastig, die Landstraße hinunterzugehen. Nur fort von diesem Gestank!
    Er bemühte sich, nicht zu rennen. Auch wusste er gar nicht, in welche Richtung er gehen sollte. Man würde ihn erwarten, sobald er die Stadt verließ, hatte ihm ein Sprecher des Rates gesagt.
    In der Sonne war es angenehm warm. Der ekelhafte Geruch war schwächer geworden. So blieb er für einen Moment stehen und genoss die Stille. Entfernt hörte er das Klirren von Metall und wiehernden Pferden zwischen den sanften Hügeln. Bois de Guilberts Heerlager hatte sich auf dieser Seite der Stadt bis fast an die Mauern herangeschoben. Gut versteckt lagen hier die Truppen des Herzogs. Gwyn drehte sich einmal um und sah umher. Aus einem Gehölz neben der Straße trat ein großgewachsener Mann. Er war sehr sauber gekleidet, was Gwyn sogleich auffiel. Er selbst hatte schon lange keine saubere Kleidung mehr getragen. Plötzlich wurde ihm klar, wie schmutzig er aussehen musste. Er verbeugte sich höflich.
    »Gott schütze Euch!«, grüßte der Mann. »Seid Ihr der Mann, der Bath mit einem Langbogen verteidigte?«
    Gwyn nickte vorsichtig.
    »Mich nennt man Rupert von Cavendish at Sea. Ich werde Euch zu Earl de Guilbert geleiten.«
    Gwyn dankte höflich für den Gruß und das Geleit. Dann nannte er seinen Namen und seinen Stand. Der Ritter ergriff einen großen, weißgekalkten Schild, den er auf dem Rücken trug. Er schwenkte ihn nach allen Seiten und schritt dann vor Gwyn her, den Schild immer in Augenhöhe haltend.
    Er trägt kein Schwert, keinen Helm und auch kein Wams von Eisen, musste Gwyn denken.
    Schweigend marschierten sie eine Weile die staubige Straße entlang, die sie in eine kleine Senke führte. Ringsum, auf den niedrigen Höhen, standen bewaffnete Ritter, Knechte und Unfreie. Sie beobachteten Gwyn und seinen Begleiter regungslos. Niemand sprach ein Wort. Nur ab und zu erklang das Klirren von Metall. Gwyn fühlte sich unbehaglich.
    In einer Bodensenke hatte man unter einer mächtigen Ulme ein Zelt aufgebaut. Der Eingang war offen, der Platz davor sauber gefegt. Dort saßen auf prächtigen Sesseln zwei Männer. In dem einen erkannte der Goldschmied den hohen Mann der Kirche. Das musste Seine Lordschaft, der Bischof von Inverness, sein. Neben ihm saß Bois de Guilbert. Diesen Mann hätte Gwyn unter Tausenden erkannt. Trotz der Wärme schien dieser keinen Moment zu schwitzen. Dies verwunderte umso mehr, da er einen prächtigen Brustharnisch, Beinschienen und sogar lederne Handschuhe trug. Nur der Kopf war unbedeckt. Guilbert hatte den heimlichen Ruf, hässlichster Lord im ganzen Königreich zu sein. Der junge Faber fand dies bei jenem Anblick noch geschmeichelt,

Weitere Kostenlose Bücher