Der Goldschmied
nennt?«
Der Köhler nickte verstehend mit dem Kopf.
»Ein kühler Schluck in einer Schenke«, antwortete er bedächtig.
»Genau! Der Vorsprung ist nicht allzu groß, und wer immer dies getan, wähnt sich sicher. Mit ein wenig Glück treffen wir auf unserem Weg unseren Mann.«
»Ihr wollt mir bei der Suche helfen, Master Carlisle?«
»Ja, wenn Ihr dies wollt, will ich Euch helfen.«
Der Köhler streckte die Hand aus, und Gwyn schlug ein. Sie blickten einander an, und keiner sprach ein Wort. Dann brachen sie auf.
Sie folgten dem schmalen Weg durch den Wald. Gwyn musste unwillkürlich an die Reise mit dem klugen Cornelius van Brunschwigg denken, und für einen Moment wünschte er sich den gelehrten Freund an seine Seite. Der Köhler schritt mit großen Schritten neben Gwyn her. So kamen beide erstaunlich schnell vorwärts. Der Faber hatte Zeit, den Mann genau zu betrachten.
William Sween war nicht sehr groß und sehr hager. Schmalhans war ein oft gesehener Gast, so sah man es ihm wohl an. Aber er machte den Eindruck eines braven, friedfertigen Mannes. Trotzdem glaubte Gwyn, in seinen Augen etwas zu sehen, was die Menschen zu Furchtbarem treiben kann. Sween war beherrscht, aber Gwyn wusste, wer immer diese unschuldige junge Frau geschändet und dann erstochen hatte, hatte in dem Köhler einen unbarmherzigen Feind. So schritten sie durch den Wald. Gwyn wusste nur, dass dies der Weg nach Cirencester war, wo er Glenda zu finden hoffte. Einmal überlegte er, ob er nicht auch Sween mitnehmen sollte. Einen Köhler konnte er zwar nicht gebrauchen, aber wenn er einen Ofen nutzte, um die hauseigene Holzkohle zu fertigen, war er von den Lieferungen der anderen Köhler unabhängiger. Und ein gutes Lohngeld würde er dem Mann sicher zahlen können. Die Auftragslage war gut, und es würde für einen weiteren Esser im Hause des Carlisle reichen. Er beschloss, sich die Sache gleich etwas zu überlegen. Die nächste Stunde sprachen beide Männer kein Wort. Jeder hing seinen Gedanken nach. Noch immer hatte Gwyn dem Köhler nicht gesagt, was er am meisten vermutete. Es mussten mehrere Täter gewesen sein. Ein Einzelner stahl vielleicht etwas Korn oder gar einen Kanten Brot. Dass er einer Frau Gewalt antat und alle Spuren mit einem Feuer vernichtete, war eher unwahrscheinlich. Die Aussichten, einen oder gar alle beteiligten Täter der schrecklichen Tragödie zu finden und sie der Obrigkeit zu übergeben, waren gering. Der Grund dafür war in dem Wald um sie herum zu sehen. Seit Jahrhunderten war dieses Grün so dicht und undurchdringlich. Die Wälder ringsum waren Lehnswälder irgendeines Earls. Ein Teil davon gehörte sicher auch der Kirche. Außer den herrschaftlichen Jägern wagte sich niemand in diese grüne Wildnis. Ein ideales Versteck für alle Gesetzlosen und allerlei Gelichter. Wie sollte man hier den Mörder einer Köhlersfrau finden?
Am späten Mittag erreichten sie eine Wegkreuzung. Der Wald war an dieser Stelle gerodet worden. Von hier aus führte die Straße nach Hull. Die Kreuzung war von tiefen Wagenspuren durchzogen und verschlammt. Hier musste ein reger Reise- und Handelsverkehr stattfinden. Unweit der Straße stand eine Schenke, und aus der Beschreibung wusste Gwyn, dass es nicht mehr weit war bis nach Cirencester und dort zum Haus der braven Glenda. Hunger verspürte Gwyn keinen, und auch der Köhler schüttelte auf Gwyns Einladung hin nur den Kopf. Aber einen erfrischenden Trunk wollte er doch nicht ablehnen, zumal beide, der Faber und er, der Köhler, noch immer rauhe und trockene Kehlen hatten. Gwyn verspürte immer noch jenes kratzende Würgen im Hals, wenn er die Luft gar zu gierig einsog. So traten sie ein.
Die meisten langen Tische waren besetzt, und auf den grob gefertigten Bänken saßen Spielleute und Fuhrknechte, ein paar Bauern und etliche Knechte. Auch Kaufleute in ihrer Tracht und sogar Zimmerleute erkannte Gwyn bei seinem schnellen Blick über die Schar der Zecher. An einem großen offenen Kamin, der mit kleiner Flamme brannte, saßen ein paar Männer, der Kleidung nach einfachere Landedelmänner. Gwyn und Sween nahmen am Eck einer Tafel Platz. Die übrigen Gäste rückten etwas zusammen. Auf dem Tisch sah es wüst aus. Viele Zecher hatten dem Dunkelbier wie auch dem Honigwein dieser Gegend bereits heftig zugesprochen. Kaum einer der Männer war noch nüchtern. Reste von Soßen und Suppen fanden sich auf dem Tisch, und der saure Geruch nach frisch Erbrochenem und Urin vermischte sich mit dem
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