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Der Goldschmied

Der Goldschmied

Titel: Der Goldschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Mueller
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Schweiß der Menschen ringsum, denn jeder erleichterte sich einfach unter den Tisch oder wandte sich um und ließ sein Beinkleid an der Rückwand der Schenke herunter. Gwyn sehnte sich fast wieder nach dem erfrischenden Duft des grünen Waldes. Sween saß ruhig auf seinem Platz und starrte stumm ins Leere. Dann wandte er sich plötzlich an Gwyn, zupfte ihn am Ärmel und deutete leis auf die gegenüberliegende Bank. Der Mann war noch jung, sehr kräftig und der Kleidung nach der Gehilfe eines Viehhändlers oder ein Hirte. Sween beugte sich plötzlich zu Gwyn und raunte ihm ins Ohr. »Habt Ihr den Kerl dort gesehen?«
    Gwyn nickte kaum merklich.
    »Er trägt die Kette meiner Judith.«
    »Seid Ihr sicher?«
    »So sicher, wie Ihr hier neben mir sitzt. Das Schwein dort hat meiner Judith Gewalt getan.«
    Sween blieb sitzen und beobachtete den Mann genau. Darüber wurde es Abend, und er ließ sich von Gwyn nicht abhalten, zu warten, bis es ganz dunkel war. Dann wollte der Köhler dem Mann folgen.
    Gwyn konnte den Mann von seinem Vorhaben der Rache nicht abbringen. Er versuchte ohne Erfolg, den Köhler zu bewegen, den Mann dort von einem Büttel befragen zu lassen. In diesem Bereich des Landes lag alle Gewalt bei Lord Towe, einem alten rauflustigen Adeligen, der wie viele Nachfahren der Normannen ein kleines Lehen hatte. Auf seinem Land waren der Mord und die schändliche Tat begangen worden, und auf seinem Land war der verdächtige Mann, jener Knecht dort, in dieser Schenke eingekehrt.
    Sween saß auf seinem Platz und trank. Erst hatte er nur winzige Schlucke aus einem tönernen Krug voll Bier genommen, nun trank er seit einer Weile in schnellen, tiefen Zügen. Gwyn war dies ganz recht, war er sich doch sicher, dass kein Mensch solche Mengen Bier auf nüchternen Magen hin verträgt. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann der Köhler mit schwerem Kopf unter die Bank sinken würde, um dort seinen so rasch angetrunkenen Rausch auszuschlafen. Und so wie Gwyn gedacht hatte, so war es auch.
    Der Köhler hielt sich noch ein wenig aufrecht und kippte dann mit dem Kopf auf die schmutzige, rohe Tischplatte. Bevor Gwyn ihn stützen konnte, war er seitwärts von der Bank gerutscht. Da lag er nun auf dem Boden hingestreckt, tief schlafend in einem seligen Rausch, der ihn wenigstens für den Moment über den großen Verlust und die tiefe Gram hinwegtröstete. Gwyn zerrte den Reisegefährten noch näher zu dem großen offenen Feuer an der Stirnseite der Schenke. Dort war ein freier Platz, einigermaßen sauber und vor allem warm und trocken. Er selbst machte es sich mit seinem kleinen Reisebündel neben dem Mann bequem, in der Hoffnung, ein wenig schlafen zu können. Nun vermisste er seine wärmende Decke und musste wieder an die tote Frau denken.
    »Seltsam«, dachte er bei sich, »sie braucht den Mantel nicht mehr in ihrer Erdengruft. Und mich friert womöglich hier!«
    Dieser und andere seltsame Gedanken an seine eigene Frau zu Hause, an sein bisheriges Leben und die tragische Begebenheit, in der er sich plötzlich befand, ließen ihn bald müde werden. Er sehnte sich nach Schlaf. Der Tag war aufregend genug gewesen, und sein Weg zu der weisen Frau damit zu lang geworden. Er beschloss, in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages aufzubrechen. Der verdächtige Mann dort war längst ebenso schwer betrunken wie die meisten Gäste an diesem späten Abend. Wie man diesen Verdächtigen aber dazu bringen konnte, über die kleine silberne Kette etwas zu sagen, wusste er auch nicht.
    Und dann, endlich, schlief er ein.
    Gwyn erwachte mit einem gehörigen Druck auf seiner Blase. Es war kühl geworden. Nachdem das Feuer bis auf einen winzigen Aschehaufen verglimmt war, waren es die Kühle des Bodens, zusätzlich der unbequeme Platz, die ihn aufwachen ließen. Einen Moment blieb er liegen, zu bequem, sich zu erheben. Er dachte an die herrlich weichen Kissen zu Hause, an den warmen, duftenden Leib seiner Frau und das wohlige Gefühl, sie zu spüren und selbst in kalten Nächten warm und sicher zu liegen. Kein Vergleich mit diesem kühlen, harten Boden hier.
    Leise erhob er sich. Behutsam, denn er wollte niemanden wecken. Nicht aus Rücksichtnahme, denn dies war hier wohl eher ein fremdes Wort. Eher, weil einer der Aufgeweckten sich lautstark fluchend beschweren würde. Und dann war an ein weiteres Schlafen nicht mehr zu denken. Mehr als einmal entstanden aus solchen Schlafgemeinschaften schnell ernsthafte Händel, die leicht ein paar

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