Der Gorilla - die letzten schwarzen Riesen im Kongo
nachdenken, das weit von seinem momentanen Aufenthaltsort oder der Gegenwart entfernt ist. Deshalb übt der Mensch bewusst für Situationen, in die er zukünftig geraten könnte, auch wenn sich eine solche Situation gerade nicht abzeichnet. So würden die meisten Menschen ihre Schlagtechnik so lange verfeinern, bis sie mit der Effektivität ihres Nüsseknackens zufrieden wären.
Der Mensch entwickelte die Fähigkeit, immer intensiver nachzudenken. Er erfasste nicht mehr nur, wohin Beutetiere zogen und wie sie sich verhielten, wenn er ihnen nachstellte. Nein, Homo sapiens erkannte auch die Regelmäßigkeit von Tierwanderungen und plante seinen Jahres-, Monats- und Tagesablauf danach. Er stellte fest, dass bestimmte Pflanzen eigentümliche oder heilende Kräfte entfalten konnten und sammelt sie gezielt, um sie bei Bedarf, seien es Rituale oder Krankheiten, entsprechend einzusetzen.
Und mithilfe einer weiteren Einmaligkeit konnten Menschen anderen davon berichten. Denn die menschliche Sprache ist ein einzigartiges Instrument. Mit seiner Sprache kann der Mensch weit über Gestik, Mimik oder andere körperliche Ausdrucksformen hinausreichende komplexe Sachverhalte begreifen, überdenken und mitteilen. Im Zuge seines immer besseren Begriffsvermögens entwickelte sich parallel zu den körperlichen Voraussetzungen zur Lautformung die Fähigkeit, Sprache zu entwickeln und zu verarbeiten. Anatomisch war vor allem die Ausbildung des Zungenbeins wichtig, jenem Knochen oberhalb des Kehlkopfes und unterhalb der Zunge, an dem zahlreiche Muskeln und Bänder ansetzen. Das Zungenbein erleichtert die Beweglichkeit der Sprechmuskeln, indem es ihnen Halt gibt. Da es mit keinem anderen Knochen direkt verbunden ist, fehlt es Skeletten, die zu Demonstrationszwecken aufgebaut werden, sodass dieser wichtige Knochen meist unbeachtet bleibt. Währenddessen nahm unser Kehlkopf seine heutige spezielle Form an, mit besonders beweglichen Stimmbändern und seiner tiefen Lage im Hals. Gleichzeitig wölbte sich unser Gaumen mehr und mehr und bildete eine gute Resonanzhöhle. Schließlich wurde unsere Zunge so geschickt im Formen der Laute, dass immer mehr Bedeutungen akustisch transportiert werden konnten. Die menschliche Sprache war entstanden. Gleichzeitig übernahmen immer mehr Areale unseres Gehirns Funktionen beim Sprechen. Neben der motorischen Steuerung des Sprechapparates waren das vor allem Nervenknoten, die Bilder, Worte und deren Sinn verarbeiten.
Wie komplex das Geflecht aus Aufnahme und Verarbeitung von Informationen sowie daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen mitsamt Wiedergabe tatsächlich ist, verdeutlicht eine zunächst simpel erscheinende Aufgabe: die Unterscheidung zwischen rechts und links. Der Schweizer Psycho loge Jean Piaget führte Anfang des 20. Jahrhunderts folgendes Experiment durch. Er forderte Kinder auf, ihm ihren rechten beziehungsweise linken Arm zu zeigen. Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren meisterten dies leicht. An der nächsten Aufgabe, auf den rechten oder linken Arm des Forschers – also eines anderen Menschen – zu deuten, scheiterten die Knirpse aber regelmäßig. Erst im Alter von etwa sieben Jahren konnten die Kinder dieses schwierigere Problem meistern. Ein weiterer Test war noch komplizierter aufgebaut. Piaget positionierte auf einem Tisch vor den Kindern eine Münze und einen Stift. Die Münze lag links von den Probanden, der Stift rechts von ihnen. Nun sollten die Kinder beantworten, ob der Stift rechts oder links von der Münze lag und ob die Münze links oder rechts des Stiftes zu finden war. Erstaunlicherweise waren die Kinder erst im Alter von siebeneinhalb Jahren in der Lage, die Position der Gegenstände genau zu benennen. Piaget steigerte den Schwierigkeitsgrad der Aufgabe weiter. Als er die Kinder zur gegenüberliegenden Seite des Tisches schickte und sie denselben, unveränderten Versuchsaufbau betrachten ließ, scheiterten sie erneut an der Zuweisung der Position, die sich nun verändert hatte. Ein Junge antwortete auf die Frage, weshalb er dabei blieb, dass der Stift rechts neben der Münze und die Münze links neben dem Stift liege, er habe es sich gut gemerkt. Erst mit etwa neun Jahren stellt diese Aufgabe für die Kinder kein Problem mehr dar.
Man kann die Herausforderung noch vergrößern, wenn man auf dem Tisch vor den Kindern drei Gegenstände positioniert: von links nach rechts eine Münze, einen Schlüssel und einen Stift. Diese Aufgabe lösen die Kinder erst mit etwa
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