Der Gott seiner Vaeter
Dunkelheit dorthin zu kommen. Sie lag sehr bequem, denn sie ersparte ihnen Zeit und Mühe des Zeltaufschlagens; und es war ein ungeschriebenes Gesetz, daß der letzte Mann jeweils einen hübschen kleinen Stapel Brennholz für den nächsten hinterließ. Kaum eine Nacht verging, ohne daß bis zu zwei Dutzend Männer Schutz in der Hütte suchten. Jacob Kent, der dies beobachtet hatte, nutzte die Macht des Besitzes aus und blieb in ihr wohnen. Von jetzt an mußten die müden Reisenden eine Abgabe von einem Dollar für den Mann bezahlen, um auf dem Fußboden schlafen zu dürfen, und Jacob Kent wog nie den Goldstaub ab, ohne im Gewicht zu betrügen. Außerdem sorgte er stets dafür, daß seine Gäste, die kamen und gingen, für ihn Brennholz hackten und Wasser trugen. Es war der reine Raub, aber seine Opfer waren großzügig, und wenn sie ihn auch haßten, so erlaubten sie ihm doch, in seinen Sünden zu gedeihen.
An einem Aprilnachmittag saß er vor seiner Tür – genau wie eine raublustige Spinne – und wunderte sich, daß die zurückgekehrte Sonne so warm brannte, während er gleichzeitig die Schlittenbahn hinabblickte, um nach etwaigen Fremden Ausschau zu halten. Der Yukon lag zu seinen Füßen, ein Meer von Eis, das bei den beiden großen Biegungen im Norden und Süden verschwand und reichlich zwei Meilen von Ufer zu Ufer maß. Über diese rauhe Fläche führte die schmale, eingesunkene Schlittenbahn, achtzehn Zoll breit und zweitausend Meilen lang, von denen jeder Fuß mehr Flüche gehört hatte als jeder andere Weg innerhalb und außerhalb der Christenheit.
Jacob Kent war heute besonders guter Laune. Er hatte in der letzten Nacht einen Rekord aufgestellt und seine Gastfreiheit an ganze achtundzwanzig Gäste verkauft. Allerdings war es recht unangenehm gewesen, und vier hatten die ganze Nacht unter seiner Koje geschnarcht, anderseits aber hatte es dem Sack, in dem er seinen Goldstaub aufbewahrte, recht gut getan. Dieser Sack mit seiner glitzernden gelben Herrlichkeit war die größte Freude seines Daseins und die größte Plage zugleich. In seiner Enge wohnten Himmelreich und Hölle. Da es nach der Natur der Sache kein Privatleben in seiner Hütte mit ihrem einzigen Zimmer gab, quälte ihn eine ständige Furcht vor Dieben. Für diese bärtigen Fremden, die aussahen, als wären sie zu allem fähig, wäre es ungeheuer leicht gewesen, damit durchzubrennen. Das war auch sein gewöhnlicher Traum, und diese bösen Träume pflegten ihn zu wecken. Eine auserwählte Versammlung solcher Räuber suchte ihn im Traum heim, und er war allmählich ganz vertraut mit ihnen geworden, namentlich mit dem sonderbaren Anführer mit der furchtbaren Schmarre auf der rechten Backe. Der Bursche war der Beharrlichste von der ganzen Bande, und aus Furcht vor ihm hatte Jacob Kent bei Tage schon mehrere Dutzend Verstecke in der Hütte und um sie herum gesucht. Wenn er ein solches Versteck gefunden hatte, atmete er ein paar Nächte leichter, um dann wieder den Mann mit der Schmarre auf frischer Tat zu ergreifen, wie er den Sack hervorzog. Erwachte er dann mitten in dem üblichen Kampf, so stand er auf und schaffte den Sack in ein neues, noch sinnreicheres Versteck.
Nicht, daß er ein Opfer von Traumgesichten gewesen wäre; aber er glaubte an Anzeichen und Gedankenübertragung und meinte, daß diese Räuber, die in seinen Träumen auftraten, eine Astralprojektion von wirklichen Menschen wären, die in solchen Augenblicken – wo ihr Körper sich auch zufällig befinden mochte – im Geiste berieten, wie sie sich seines Schatzes bemächtigen könnten. Und die Folge war, daß er die Unglücklichen, die über seine Schwelle traten, weiter brandschatzte und gleichzeitig seine eigene Sorge mit jedem Goldkörnchen, das in den Sack kam, vermehrte.
Wie Jacob Kent so dasaß und sich sonnte, hatte er plötzlich einen Einfall, der ihn aufspringen ließ. Alle Lebensfreude hatte für ihn in einem beständigen Wiegen und Wiegen von Goldstaub gegipfelt; aber auf diese angenehme Beschäftigung war ein Schatten gefallen, den zu vertreiben er bisher nicht imstande gewesen war. Seine Goldwaage war ganz klein, er konnte in der Tat höchstens anderthalb Pfund – achtzehn Unzen – darauf abwiegen, während der gesammelte Schatz etwa dreieindrittelmal so viel betrug. Es war ihm nie möglich gewesen, alles auf einmal zu wiegen, und deshalb meinte er von einer neuen und höchst erbaulichen Betrachtung abgeschnitten zu sein. Diese Tatsache hatte ihm die halbe
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