Der Gott seiner Vaeter
Schlittenführer und andere gestrenge Herren gab. Im Hause lag der Seemann regungslos, während sein Wirt sich ruhelos hin und her wälzte, eine Beute seltsam phantastischer Träume. Als die Mitternacht sich näherte, warf er plötzlich die Decke ab und stand auf. Es war höchst merkwürdig, daß er das tun konnte, ohne auch nur Licht zu machen. Vielleicht war es die Dunkelheit, die ihn mit geschlossenen Augen herumgehen ließ, vielleicht auch die Furcht vor der furchtbaren Schmarre auf der Wange des Gastes; wie dem aber auch sein mochte, Tatsache war jedenfalls, daß er mit geschlossenen Augen den Munitionskasten öffnete, eine schwere Menge Goldstaub in die beiden Läufe seiner Büchse stopfte, ohne auch nur das geringste zu verstreuen, ihn mit dem Wischer feststampfte, dann die Waffe fortstellte und wieder in seine Koje kroch.
Kaum berührte das Tageslicht mit seinen stahlgrauen Fingern das Pergamentfenster, als Jacob Kent erwachte. Er drehte sich auf die Seite, stützte sich auf den Ellbogen, hob den Deckel des Munitionskastens und guckte hinein. Was er hier sah oder nicht sah, übte eine merkwürdige Wirkung auf ihn aus, namentlich in Anbetracht seines nervösen Temperaments. Er betrachtete den Schlafenden auf dem Fußboden, schloß vorsichtig den Kasten und wälzte sich auf den Rücken. Eine ungewöhnliche Ruhe legte sich über seine Züge. Nicht ein Muskel zitterte, und nicht das geringste Zeichen von Aufregung oder Nervosität war zu bemerken. Er lag lange da und bedachte die Sache, und als er schließlich aufstand und in der Hütte umherzugehen begann, tat er es ruhig und beherrscht, ohne Lärm oder Eile.
Zufällig war ein schwerer Holzpflock gerade über Jim Cardegees Kopf an der Balkendecke eingeschlagen. Mit großer Vorsicht schlang Jacob Kent ein Stück halbzölligen Manilaseiles um den Pflock, so daß beide Enden auf den Boden herabhingen. Das eine Ende band er sich selbst um den Leib, und aus dem andern machte er eine Schlinge. Dann spannte er den Hahn seiner Büchse und legte sie in Reichweite neben einen Haufen Elchlederriemen. Mit Aufbietung seiner ganzen Willenskraft zwang er sich, die Schmarre anzusehen, legte dem Schlafenden die Schlinge um den Hals und zog sie zusammen, indem er sich mit seinem ganzen Gewicht zurückwarf, während er gleichzeitig die Büchse ergriff und auf den Seemann richtete.
Jim Cardegee erwachte halb erstickt und starrte verwirrt in die beiden Stahlrohre.
»Wo ist es?« fragte Kent, das Seil lockernd.
»Du verdammter – uh – «
Jacob Kent warf sich wieder zurück, so daß der andere fast erstickte.
»Du verfluchtes Schwein – uh – «
»Wo ist es?« wiederholte Kent.
»Was?« fragte Cardegee, sobald er Luft bekommen konnte.
»Der Goldstaub.«
»Was für Goldstaub?« fragte der verdutzte Seemann.
»Das weißt du sehr gut – mein Goldstaub.«
»Ich hab’ nichts davon gesehen. Wofür hältst du mich denn? Vielleicht für einen Geldschrank? Und was habe ich übrigens damit zu schaffen?«
»Vielleicht weißt du es, und vielleicht auch nicht; aber jedenfalls schnür’ ich dir den Hals zu, bis du es weißt. Und wenn du die Hand hebst, schieß’ ich dir eine Kugel vor den Kopf.«
»Laß nach!« brüllte Cardegee, als der andere das Seil straffte.
Kent lockerte das Seil, und der Seemann wand und drehte seinen Hals, um ihn freizubekommen, bis es ihm glückte, die Schlinge unter das Kinn zu schieben.
»Na?« fragte Kent, auf die Enthüllung wartend.
Aber Cardegee grinste.
»Häng mich nur, du verfluchter alter Pottkieker!«
Und wie der Seemann es vorausgesehen hatte, wurde jetzt das Trauerspiel zum Schwank. Cardegee war der Schwerere von beiden, und Kent konnte ihn nicht vom Boden heben, obgleich er sich mit seinem ganzen Körper hintenüber warf. Er spannte seine Kräfte bis zum äußersten an, aber die Füße des Seemanns blieben auf dem Boden, so daß sie einen Teil seines Gewichtes trugen, das im übrigen von der Schlinge unter seinem Kopf gehalten wurde.
Da Kent ihn nicht vom Boden heben konnte, klammerte er sich an ihn, fest entschlossen, ihn langsam zu erwürgen und ihn zu zwingen, zu sagen, was er mit dem Schatz gemacht hatte. Aber der Mann mit der Schmarre wollte sich nicht erwürgen lassen. Es vergingen zehn, zwölf, fünfzehn Minuten, dann ließ Jacob Kent verzweifelt seinen Gefangenen los.
»Na schön«, sagte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wenn ich dich nicht hängen kann, kann ich dich doch erschießen. Es gibt ja Leute,
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