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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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du wirst es zu schätzen wissen, daß du dadurch Gelegenheit bekommst, mit einem Mann mit einer solchen Fratze zu verkehren. Jetzt mach ein bißchen Dampf in deinem Feuerkasten dort. Ich muß die Hunde abschirren, und dann sollen sie zu fressen haben. Spar nicht mit Holz, Verehrtester, wo das herkommt, wächst mehr, und du hast massenhaft Zeit, deine Axt zu traktieren. Und wenn du schon mal dabei bist, dann ist es am besten, wenn du auch gleich einen Eimer Wasser holst. So, ein bißchen fix jetzt – sonst mach ich dir Beine – zum Teufel!«
    Es war wirklich etwas ganz Unerhörtes: Jacob Kent machte Feuer, hackte Holz und holte Wasser – kurz, er verrichtete alle grobe Arbeit für einen Gast! Ehe Jim Cardegee Dawson verlassen hatte, waren ihm die Ohren vollgeblasen worden von dem Sündenregister dieses Shylocks der Landstraße, und unterwegs hatten die zahlreichen Opfer ihm immer mehr von seinen Verbrechen erzählt. Aber Jim Cardegee, der wie alle Seeleute einen Spaß zu schätzen wußte, war, als er in die Hütte trat, fest entschlossen gewesen, dem Mann, der sie bewohnte, zu zeigen, was eine Harke war. Daß ihm dies über alles Erwarten geglückt war, sah er natürlich sofort, wenn er auch keine Ahnung hatte, welche Rolle die Schmarre auf seiner Backe dabei spielte. Obwohl er es nicht verstand, sah er aber doch den Schrecken, den sie erregte, und beschloß, das ebenso schonungslos auszunutzen, wie ein moderner Kaufmann eine besonders ausgesuchte Ware auszunutzen gedenkt.
    »Das muß ich sagen – du kannst schon was schaffen, wenn es sein muß«, sagte er bewundernd, während er zusah, wie sein Wirt arbeitete. »Du hättest wirklich nie zum Goldgraben ausziehen sollen – nein, wirklich nicht! Dich hat Gott ja zum Gastwirt geschaffen. Ich hab’ so oft die andern oben und unten am Fluß von dir schwatzen hören, aber ich glaubte nie, daß du so ein fixer Kerl wärst, nee, wahrhaftig nicht!«
    Jacob Kent spürte einen wütenden Drang, seine Schrotbüchse an dem andern zu probieren, aber der Zauber, den die Schmarre auf ihn ausübte, war zu stark. Dies war der wirkliche Mann mit der Schmarre, der Mann, der ihn so oft in seinen phantastischen Träumen beraubt hatte. Dies war die Verkörperung des Geschöpfes, dessen Astralleib ihm in seinen Träumen erschienen war, dies war der Mann, der so oft Arges gegen seinen Schatz im Schilde geführt hatte, und deshalb – er konnte keinen andern Schluß ziehen – , deshalb war dieser Mann mit der furchtbaren Schmarre jetzt in eigener Person gekommen, um ihm sein Eigentum zu rauben. Und diese Schmarre! Er konnte den Blick ebensowenig von ihr lassen, wie er sein Herz zum Stillstand bringen konnte. So sehr er sich auch bemühte, suchten seine Augen doch immer wieder den einen Punkt – so unvermeidlich wie die Kompaßnadel den Pol.
    »Stört sie dich?« fragte Jim Cardegee plötzlich mit Donnerstimme, als er von den Decken aufsah, die er gerade auf dem Fußboden ausbreitete, und dem starren Blick des andern begegnete. »Ich glaube, du tust am besten, jetzt die Klappe zuzumachen, die Laterne abzublenden und dich in die Koje zu legen, wenn sie dir so verflucht schlecht bekommt. Na, los jetzt, alter Schuft, oder soll ich dir erst Beine machen – in drei Teufels Namen!«
    Jacob Kent war so nervös, daß er dreimal blasen mußte, um die Tranlampe auszulöschen. Dann verkroch er sich in seine Decken, ohne auch nur die Mokassins auszuziehen.
    Der Seemann schnarchte bald heiter auf seinem harten Lager auf dem Fußboden, während Kent, die eine Hand an der Büchse, in die Finsternis starrte, fest entschlossen, die ganze Nacht kein Auge zuzutun. Er hatte keine Gelegenheit gehabt, seinen Goldsack beiseite zu schaffen, der jetzt im Munitionskasten am Kopfende seiner Koje lag. So sehr er sich aber auch bemühte, wach zu bleiben, schlief er doch schließlich ein, die Seele schwer mit dem Gewicht des Goldstaubes belastet. Wäre er nicht unversehens in dieser Verfassung eingeschlafen, so würde der Dämon des Schlafwandelns nicht geweckt worden und Jim Cardegee nicht am nächsten Tage mit einem Waschzuber auf die Goldsuche gegangen sein.
    Das Feuer kämpfte einen hoffnungslosen Kampf, erstarb aber ganz, während der Frost durch die mit Moos verstopften Ritzen zwischen den Baumstämmen hereindrang und die Luft im Raume eisig kalt machte. Die Hunde draußen hörten auf zu heulen, sie lagen zusammengekrochen im Schnee und träumten von einem Himmel, der voller Lachse war und in dem es keine

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