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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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hinauf.
    Das Unglück verfolgte ihn, wo er ging und stand. Er schloß ein Abkommen mit verantwortlichen Persönlichkeiten über den Transport von Whisky auf gefährlichen und unbekannten Pfaden über die Grenze und verlor seine indianischen Führer, während ihm sein erster Vorrat von der reitenden Polizei konfisziert wurde. Zahlreiche andere Unglücksfälle trugen dazu bei, ihn bitter und rücksichtslos zu machen, und so feierte er seine Ankunft am Bennett-See, indem er ganze zwanzig Stunden lang ein wahres Schreckensregiment über das Lager ausübte. Dann beschäftigte sich eine Goldgräberversammlung mit ihm und befahl ihm zu verduften. Er hegte einen heiligen Schrecken vor derartigen Versammlungen und gehorchte in solcher Eile, daß er, am Gespann eines anderen Mannes hängend, verschwand. Das entsprach Pferdediebstahl unter milderen Himmelsstrichen, und deshalb berührte er auf seiner eiligen Flucht über Bennett und den Tagish hinab nur die höchsten Punkte und schlug erst sein Zelt auf, als er gut hundert Meilen nordwärts gelangt war. Nun traf es sich so, daß der Frühling vor der Tür stand und viele von den vornehmsten Bürgern Dawsons südwärts reisten, ehe das Eis brach. Er traf diese Männer und sprach mit ihnen, merkte sich ihre Namen und Besitzungen und reiste weiter. Er hatte ein gutes Gedächtnis und eine lebhafte Phantasie, und schließlich gehörte Wahrheitsliebe nicht gerade zu seinen Tugenden.
    Dawson, das immer auf Neuigkeiten versessen ist, sah den Schlitten Montana Kids den Yukon herunterkommen und begab sich aufs Eis hinaus, um ihn zu empfangen. Nein, er hatte keine Zeitungen, er wußte nicht, ob Durrant gehängt war, und wer das letzte Derby gewonnen hatte, er hatte nichts vom Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien gehört, er wußte nicht, wer Dreyfus war, aber O’Brien? Hatten sie das nicht gehört? – Ja, O’Brien war beim Weißen Pferd ertrunken, Sitka Charley war der einzige von der Gesellschaft, der entkommen war. Joe Ladue? Beide Beine erfroren, so daß sie bei Fünf Finger amputiert worden waren. Und Jack Dalton? Mit dem »Seelöwen« in die Luft geflogen, ja, und die ganze Besatzung mit ihm. Und Bettles? Mit der »Carthagena« in der Seymourstraße gestrandet – zwanzig Mann von dreihundert gerettet. Und Swiftwater Bill? Durch das morsche Eis auf dem Le-Barge-See mit sechs weiblichen Mitgliedern von der Operntruppe, die er eskortierte, eingebrochen. Gouverneur Walsh? Mit allen Mann und acht Schlitten bei Thirty Mile ertrunken. Devereaux? Wer war Devereaux? Ach, der Kurier! Von den Indianern auf dem Marsh-See erschossen.
    Und so ging es – das Gerücht gelangte in die Stadt, und die Leute drängten sich herbei, um nach Freunden und Kameraden zu fragen, und dann wurden sie wieder hinausgedrängt, zu betäubt, um sich auf Fluchen einzulassen. Ehe Montana Kid den Uferhang erreichte, war er von mehreren hundert pelzbekleideten Goldgräbern umringt. Als er an den Baracken vorbeikam, war er der Mittelpunkt einer ganzen Prozession. Beim Opernhaus umgab ihn ein aufgeregter Volkshaufen, und alle kämpften, um an ihn heranzukommen und nach abwesenden Kameraden zu fragen. Von allen Seiten regneten Angebote von Getränken auf ihn herab. Noch nie war ein Unbekannter derart mit offenen Armen empfangen worden. Ganz Dawson war auf den Beinen. Eine solche Reihe von Katastrophen war noch nie in der Geschichte der Stadt vorgekommen. Jeder Mann von Ansehen, der im Laufe des Frühlings nach Süden gezogen war, war ausgelöscht. Aus allen Hütten kamen die Bewohner herbeigeströmt. Männer mit wilden, verstörten Blicken kamen von den Bächen und Flüssen, um diesen Mann zu sehen, der von soviel Unglück erzählte. Bettles russische Mischlingsfrau zog sich, völlig untröstlich, an ihren Herd zurück und streute weiße Asche auf ihr rabenschwarzes Haar. Die Flagge auf der Kaserne hing melancholisch auf Halbmast. – Dawson beweinte seine Toten.
    Warum Montana Kid das tat, kann kein Mensch wissen, man kann keine andere Erklärung dafür geben, als daß es für ihn keine Wahrheit gab. Ganze fünf Tage lang stürzte er das Land in Trauer und Klage, und ganze fünf Tage lang war er der berühmteste Mann in ganz Klondike. Das Land gab ihm das Beste, was es an Wohnung und Essen zu bieten hatte. In den Wirtschaften hatte er gratis Zutritt zu den Bars. Und immer mehr Leute suchten ihn auf. Die hohen Beamten beugten sich vor ihm, um weitere Nachrichten zu erhalten, und Constantin und seine

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