Der Gott von Tarot
angefordert. Warum kannst du mir nicht den Weg zeigen?“
„Ich zeige dir doch den Weg. Aber auf meine Weise. Aber der Antrieb muß von dir kommen.“
„Ich habe niemals den Drachen töten oder um Reichtümer spielen wollen. Du und deine verdammten Drogen …“
„Genaue Beschreibung.“
Und warum fluchte er, wo er doch eigentlich niemals fluchte? Hier lag vieles falsch, verstrickt mit Intrigen. „Was tue ich nun?“ fragte Bruder Paul irritiert.
„Tu, was du willst – das ist das ganze Gesetz.“
„Das hast du schon einmal gesagt, aber es nützt nichts. Es stammt von Rabelais, der für dich wohl die Hauptquelle darstellt. Hier stehe ich und kann nicht tun, was ich will. Ich meine, was ich wünsche. Und du schleichst einfach hinterher und gibst Nichtigkeiten von dir.“
Therion sah ihn ernsthaft an. „Du magst ja in deinem Ziel recht haben, aber wenn du dein Ziel für wichtig hältst, dann liegst du falsch, weil du die Wichtigkeit von anderen Dingen darüber vergißt. Die wirklich wichtigen Dinge sind riesig, still und unergründlich.“
„Welche Dinge?“
„Dein Wille.“
„Mein Wille ist es, die Wirkungsweise der Animationen zu ergründen! Aber da wandere ich in diesem verlassenen Schloß herum und bin soweit davon entfernt wie zuvor. Was ist das überhaupt für ein Ort?“
„Thelema.“
„Was?“
„Das ist die Abtei von Thelema, der Ort für die Entdeckung deines wahren Willens.“
„Ich weiß bereits, was ich will! Ich habe gesagt …“
„Wenn du es wüßtest, würdest du es befriedigen.“
Bruder Paul hielt inne. Auf der einen Seite war dies Unsinn, doch auf der anderen schien es durchaus einen Sinn zu ergeben. „Du sagst, ich glaube lediglich, meinen Willen zu kennen, und werde nirgendwohin gelangen, weil ich einem falschen Willen nachjage. Einer Illusion?“
Therion nickte. „Langsam beginnst du zu begreifen. Erst mußt du genau über dein Ziel Bescheid wissen, erst dann kannst du es erreichen.“
„Nun, ich habe aber gedacht, ich hätte es begriffen. Aber irgendwie werde ich immer wieder davon abgebracht, als sei ich Opfer der Corioliskraft.“ Er hielt inne, verwundert durch diese Offenbarung. Corioliskraft – die wichtigste Determinante des Wetters auf jedem Planeten. Eine Luftmasse, die versucht, sich aus einem Hochdruckgebiet in der Nähe des Äquators in ein Tiefdruckgebiet zu bewegen, ob nach Norden oder Süden, wird durch Gestalt und Rotation des Planeten zur Seite abgedrängt, weil die Oberflächengeschwindigkeit der Rotation beim Äquator stärker ist als an den Polarkreisen. Nun, für einen Laien war das eine schwierige Vorstellung, doch für den Meteorologen von äußerster Wichtigkeit. Es war, als erläge die Natur hier ihrem eigenen System, indem sie endlose Rückstöße, Instabilitäten und Wechsel verursachte, die das Wetter bestimmen. Gab es so etwas wie eine geistige Corioliskraft, so daß einem gegebenen Trieb nicht nachgegangen werden konnte, ehe die gesamte Natur der Conditio humana begriffen wurde? Doch das war kaum eine perfekte Analogie, denn die menschliche Seele war keine Planetenoberfläche, und menschliche Gedanken waren keine flüchtige Brise. Die Situation war dynamischer, und Kräfte wurden in rechtem Winkel abgeleitet nach …
„Präzession!“ rief er laut.
Therion blickte gutmütig auf. „Ja?“
„Präzession. Der Faktor, der die Richtung der Kraft zu verändern scheint, wie man es bei einem Kreisel oder drehenden Rad beobachten kann: Wenn man sie richtig ausnutzt, wie bei einem Fahrrad, hat sie stabilisierende Wirkung, doch wenn man sie mißversteht, verzerrt sie jede Anstrengung zu …“
Therion schüttelte den Kopf. „Kannst du mir das genauer erklären?“
„Das ist ein
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