Der Gott von Tarot
Er glaubte nicht an das Übernatürliche (außer es bezog sich auf den beschränkten Bereich von unerklärlichen Glücks- oder Pechsträhnen), aber er wollte keine Charakteranalyse durch das Tarot riskieren. Außerdem waren diese Karten voll von seinen Daumen- und Schweißabdrücken; eine Polizeibeamtin konnte von einer einen Abstrich nehmen und ihn in einem Labor auf seine Identifizierung hin untersuchen lassen. Es war ein Fehler gewesen, den Namen zu nennen, aber das konnte er noch ändern. Es war auch ein Fehler, weiter mit ihr zu reden; vielleicht zeichnete sie seine Stimme mit irgendeinem verborgenem Gerät auf. (Ein Armband? Nein, sie trug keinen Schmuck. Aber Frauen hatten so viele verborgene Stellen …) Doch trotz allem begann er, sie zu nett zu finden. Sie war vielleicht eine religiöse Verrückte, aber an ihrer Philosophie war etwas sonderbar Einnehmendes. Das konnte entweder bedeuten, daß dieser Orden der Vision wirklich eine vernünftige Gemeinschaft war oder daß die Polizeifrau ihre Hausaufgaben außerordentlich gut erledigt hatte.
Genug – jetzt mußte er handeln.
Paul stellte den Wagen auf Automatik und nahm die Hände vom Steuer. Er wandte sich mit einem etwas schiefen Lächeln ihr zu. „Ich denke, du weißt schon, warum ich dich mitgenommen habe“, sagte er und zwang sich zu einem spöttischen Tonfall. Eine Frau mit einem solchen Körper mußte das schon viele Male erlebt haben und diese Miene sogleich erkennen.
Schwester Beth riß die Augen auf. Sie tat nicht, als würde sie ihn nicht verstehen. „Oh, Mr. Cenji, ich hatte gehofft … Sie wären nicht so. Sie schienen so nett zu sein.“
Paul fühlte sich wie ein absoluter Schurke. Aber er mußte es tun, sonst würde sie ihn erledigen. Er mußte die Rolle des tumben Mannes spielen, der nichts anderes im Kopf hat als Sex. Das war nicht einmal weit hergeholt; jeder Mann neben diesem Mädchen würde ähnlich reagieren und sich nur in der Art und Weise unterscheiden, in der er sich ausdrückte. Er war bewußt grob und haßte sich dafür, denn wenn sie aus irgendeinem Grund genau das war, was sie vorgab zu sein, dann könnte man mit einer sanften, umschweifigen Annäherung ebensogut bei ihr landen. „Ich bin auch nett. Laß es mich nur versuchen.“
Sie wich so weit zurück, wie es der aufprallsichere Sitz erlaubte. Ihr Busen wogte. „Ich habe nicht die Kraft, mich gegen Sie zu wehren, aber im Orden ziehen wir es vor, vor der Ehe keusch zu leben.“
„Ehe? Hölle.“ Er ergriff ihren Arm und zog sie zu einem Kuß an sich, während sich die Sitze auf seinen Druck hin ausklappten und ein Bett bildeten. Ihre Lippen zitterten, als die seinen sie berührten. „Bitte“, flüsterte sie. „Lassen Sie mich doch gehen. Nichts können Sie gewinnen, was meinem Verlust gleichkäme. Lassen Sie mich hinaus auf die Straße; vielleicht nimmt mich jemand anders mit, ehe die Polizei mir auf die Spur kommt.“
Das war genau, was er gewollt hatte: ihren freiwilligen Abgang. Es würde bedeuten, daß er sie zum Narren gehalten hatte und sie überzeugt davon sein würde, er habe nichts Ernsthaftes auf dem Kerbholz – nichts mit Mnem. So wäre ihre Zeit sinnvoller angewendet, wenn sie einen anderen Süchtigen aufgabelte, während das Netz der Polizei nur auf Ihr Zeichen wartete, um herabgelassen zu werden.
Aber nun erregte ihn die Berührung. So zerzaust und ängstlich sie auch schien, blieb sie doch eine verführerische junge Frau. Er konnte sie zwingen, dessen war er sicher. Sie war vielleicht eine Polizistin, aber auch er war im Nahkampf ausgebildet. Ein Händegriff würde sie von der Waffe fernhalten, wo immer sie auch steckte, und sie zum Nachgeben ohne Gegenwehr zwingen. Ja, das konnte er tun …
Und sie
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