Der Gott von Tarot
nun 99999999 mal die Zahl in Speicher eins.“ Er drückte achtmal die neun, dann ‚Speicher 1’ ‚Wiederholung’ und ‚Summe’. Er runzelte die Stirn.
In der linken Ecke des Anzeigers erschien ein roter Punkt. „Überfüttert“, sagte er. „Kein Platz für eine neunstellige Zahl. Löschen!“ Er drückte mehrmals die Löschtaste und stellte dann den Rechner ab, um nicht beim Denken die Batterie zu verschwenden.
„Gut“, meinte Paul nach einem Augenblick. „Laßt uns im Rahmen bleiben. Multiplizieren wir Speicher eins mit Speicher zwei.“ Er stellte das Gerät wieder an und drückte rasch die notwendigen Tasten. Er erhielt lediglich Nullen. „Oh, ich habe vergessen. Wenn man es abstellt, löscht man die Speicher. Ich muß noch einmal anfangen.“ Er drückte eine neue Fünf ein, setzte sie in Speicher eins, rechnete Kilogramm in Pounds um, setzte dies in Speicher zwei und drückte auf den Rufknopf für Speicher zwei. Das Ergebnis lautete Null.
„Irgend etwas läuft falsch“, meinte er. Wieder drückte er die gleiche Reihenfolge und betrachtete genau seine Finger, wie sie über die Tasten huschten – und erkannte seinen Irrtum. Er hatte die ‚2’-Taste für Speicher zwei vergessen und war statt dessen auf das Multiplikationszeichen gekommen. „Kann es nicht da speichern“, dachte er. „Muß ‚Speicher’ mal ‚Wiederholung’ drücken, um es zu löschen, und dann denkt die arme Maschine, ich bin verrückt, und sie muß Überladung anzeigen, um mich zu erinnern.“ Beim Reden drückte er die falsche Sequenz, die er genannt hatte. Das Ergebnis lautete 11,023113.
Bruder Paul starrte die Zahl an. Dann löschte er die Sequenz und begann noch einmal, drückte sorgfältig auf den Multiplikation-Speicherknopf, der eigentlich nicht existieren durfte. „Aber das heißt ja, das Ding hat noch einen dritten Speicher – und gebaut ist er nur für einen“, sagte er bei sich.
Es ging alles methodisch durch, denn es gab für ihn nichts Reizvolleres als ein vermeintliches Paradoxon. Er speicherte die Zahl 111 in den ersten Speicher, 222 in den zweiten und 333 in den Multiplikationsspeicher. Dann rief er sie der Reihe nach ab. Sie erschienen wie die Trümpfe bei einem Kartentrickspieler: 111 – 222 – 0.
„Null! Es stimmt also nicht!“ Aber um sicherzugehen, wiederholte er den Prozeß und versuchte es nun zuerst beim Multiplikationsspeicher und die 333 erschien. Er rief die 222 ab, und sie kam, und dann die 111 – und auch sie tauchte auf. Kein Zweifel; das Gerät besaß drei Speicher. Aber der dritte war abhängig und folgte eigenen Gesetzen, als sei er halbwild.
„Halbwild …“ wiederholte er laut und dachte an etwas anderes. Aber wenn er hier stehenblieb, würde er das Geheimnis nicht lösen. Er blickte auf die Uhr. Bei seinen Rechenoperationen war die Zeit wie im Fluge vergangen. Zehn Minuten und zweiundvierzig Sekunden, mehr oder weniger, seit er sie eingestellt hatte. Wie lange würden sie noch herumtrödeln, bis sie seine Kapsel übertrugen?
Er löschte den Ausdruck und drückte wieder den Zeitspeicher. Erneut erschien die 333. „Ein Geist in der Maschine“, sagte er. „Ein Geheimspeicher, unbekannt für …“
„Sie haben mich also entdeckt“, antwortete ihm eine Stimme. „Aber ich war immer hier und habe nur gewartet.“
Bruder Pauls Blick zuckte vom Rechner zur Uhr – zehn Minuten, neunundvierzig Sekunden – und sah dann langsam hoch. Hinter der Nähmaschine stand ein Mann. Er war jung, aber mit dünner werdendem Haar und fliehendem Kinn, als sei er frühzeitig großen Belastungen ausgesetzt gewesen. Nein, das war eine falsche Charakterisierung. Das äußere Erscheinungsbild hatte wenig mit der Persönlichkeit zu tun. „Tut mir leid, ich habe Sie nicht kommen sehen“,
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