Der Gott von Tarot
ausgesucht demütigenden Überprüfung und Vorbereitung. Mit ihrer ungehobelten Schnelligkeit und Ungeschlachtheit erinnerten ihn die Prozeduren verschwommen an den räuberischen Tagebau. Dann drängte man ihn in die flaschenartige Thermoskapsel und schloß ihn ein. Nun brauchte er nur noch zu warten.
Er betrachtete den Raum. Er war recht groß, aber vollgestopft mit ausgepackten Geräten. Kisten hätten Verschwendung bedeutet, denn jedes Gramm zählte. Die meisten Geräte waren leicht erkennbar in ihrer Funktion: handbetriebene Rechenmaschinen, Spinnräder, Webstühle, fußbetriebene Nähmaschinen, mechanische Schreibmaschinen, Äxte, Handsägen, Holzöfen und so weiter. Eine vernünftige Fracht zu einer Kolonie, die ebenso rückständig war wie das Hinterland der Erde selbst.
Diese Rechenmaschinen ärgerten ihn. Wie konnte er nun sein Theater um den Elektronenrechner rechtfertigen? Er war auf die Technologie seiner Mission nicht richtig eingestellt. Vielleicht hatte er sich kurzsichtig verhalten? War es eine Rationalisierung, wenn er behauptete, Additionsmaschinen könnten nicht richtig multiplizieren oder teilen, bestimmte Umrechnungen vornehmen oder die Quadratwurzel aus Pi ziehen? Ein Rechenschieber konnte dies schon leisten, und der benötigte keine Batterien. Warum hatte er keinen Rechenschieber mitgebracht? Das hätte weitaus besser zur Philosophie des Ordens gepaßt. Die nichtkirchlichen Mächte der Erde benutzten Rechner, deren Nützlichkeit endete, wenn die Energiequellen erschöpft waren. Er, ein Mönch, hätte seinen Mitmenschen zeigen können, wie man einen Rechenschieber benutzt, der so lange funktioniert, wie man einen Kopf und Hände besaß.
„Ich bin ein Heuchler“, murmelte er laut. „Möge Gott mich bessern und mir vergeben.“
Er blickte auf seine Uhr – schließlich hatte er sich doch daran gewöhnt – und stellte den Zeitnehmer ein. Die Materieübertragung sollte zwar entgegen der Relativitätstheorie innerhalb eines Sekundenbruchteils vor sich gehen, doch es gab die Wartezeit, und die konnte er messen. Er zählte sowieso gern. Es war besser, als seine Nervosität zuzugeben.
Sein Blick fiel auf das silbrige Band an seinem Handgelenk. Es war reich verziert wie ein modernes Gemälde in Relieftechnik. Ohne Zweifel sollte dies die Linsen und anderen Mechanismen darin verbergen. Wenn es notwendig ist, irgend etwas zu verstecken, paßt man es in einen komplexen Behälter ein. Wie bei der Krone von Hieron, dem Herrscher der antiken Stadt Syrakus, bei der der Hersteller das Gewicht an Niedermetallen verbergen wollte, die das reine Metall ersetzten und so den Wert des Stückes minderten. Aber Archimedes hatte Heureka gerufen und es herausgefunden, indem er das Prinzip der Wasserverdrängung anwandte.
Vielleicht zeichnete das Band jetzt schon alles auf. Wie gut, daß es nicht an seine Gedanken reichte. Aber was, wenn er einen natürlichen Vorgang verrichten wollte? Vielleicht konnte er die Hand so über den Kopf halten, daß das Gerät nichts sah? Aber wenn er das tat, und plötzlich rief jemand: „Heureka!“?
Er lächelte. Lächerliche weltliche Eitelkeit! Was spielte es für eine Rolle, welchen Teil seiner Anatomie dieses Gerät erblickte? Wenn die Experten die Moleküle zurückspielten, würden sie rasch gelangweilt werden durch die vielen Minuten des menschlichen Wasserablassens. Sollte die Maschine doch alles an Informationen speichern, was sie nur konnte, bis der Kelch überlief!
Plötzlich hatte er eine Erleuchtung: der Kelch! Dieses Armband war wie der Kelch beim Tarot, der keine
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