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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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ihre natürliche Erscheinungsform unter weiten Gewändern verdeckt, so wie ihre Brüderschwestern, die im Gefolge des Heereszugs reisten.
    Diese hier war außergewöhnlich. Sie trug viel Kraft in sich, aber auch Schmerz, Wut und Irritation. Metcairn Nife erkannte sie sofort, auch wenn sie ihr Gesicht verbarg. »Ich begrüße Sie, Belundaire. Wie geht es Ihnen und Ihren Brüderschwestern?«
    »Wir sind traurig, weil wir bloß noch so wenige sind. Wir weinen viel.«
    »Das bedauere ich. Ich wünsche Ihnen baldige Geburten.«
    »Danke sehr.« Sie trat an ihm vorbei, brachte durch eine bloße Berührung die Ölschale zum Brennen und wärmte ihre langen, grazilen Finger über den Flammen. »Das Feuer wärmt nicht mehr so wie ehedem. Alles ringsum wird kälter.«
    Metcairn Nife schwieg. Fasziniert beobachtete er das seltsame Geschöpf. Es war Verursacher einer Reihe von Übeln, und dennoch war es von seinesgleichen weder hingerichtet noch ausgestoßen worden. Dafür waren die Sibyllen zu wenige geworden. Sie zählten nur noch in wenigen Hunderten, und jedes einzige Mitglied dieses Volkes war von unschätzbarem Wert. Zumal es diesem hier gelungen war, sich fortzupflanzen. Zwar nur mit einem Menschen, doch auch damit hatte sie ihren Brüderschwestern neue Hoffnung gegeben.
    »Es gibt neue Entwicklungen«, sagte Belundaire nach einer Weile. »Der Gottbettler hat mich gebeten, diese Entwicklungen zu beobachten und gegebenenfalls zu lenken.«
    »Ich verstehe.« Das tat er in der Tat. Wenn eine Sibylle ihre Worte derart umständlich formulierte, dann ging es meist um einen Tötungsauftrag.
    »Es gibt eine vage Spur zum Stummen Jungen.«
    »Sie meinten, zu Ihrem Sohn?«
    »Wir glauben zu wissen, wo er sich mittlerweile aufhält. Ich ersuche Sie, Ihre besten Leute auszusenden, um seiner habhaft zu werden.«
    »Wünschen Sie, dass ich diesen Auftrag selbst erledige?«
    »Nein. Sie sind nach Ansicht des Gottbettlers für den Fortgang des Befriedungsfeldzuges viel zu wichtig. Ich persönlich teile diese Meinung nicht.«
    Du hasst mich. Komm schon, sag es frei heraus! Du gibst mir die Mitschuld daran, dass du Rudynar Pole begegnet bist, und an den Folgen dieser Begegnung. Wenn es nach dir ginge, würdest du alles vernichten, was unmittelbar mit dir und meinem ehemaligen Linken in Zusammenhang steht.
    »Meine Linke wird sich um den Auftrag kümmern.«
    »Ist sie gut genug?«
    »Wenn es ums Einfangen oder ums Morden geht, ist sie die Beste.«
    »Ausgezeichnet. Ich erwarte sie im Zelt meiner Brüderschwestern.« Die Sibylle zögerte. »Er lebt noch«, sagte sie dann.
    » Wer lebt noch?«
    »Er. Der Mann, der mich geschändet hat. Ihr Freund. Der Verräter. Diese Pae Loriander wird ihn endgültig vernichten müssen.«
    Belundaire verließ das Zelt ohne einen weiteren Gruß. Dieser Akt der Unhöflichkeit spielte keine sonderliche Rolle. Metcairn Nife stand dennoch da wie vom Donner gerührt. Rudynar Pole lebte. Der Mann, den er so sehr geschätzt hatte – und den er nun hasste wie keinen Zweiten.

13. Ziel Griam
    Der Krüppel ließ sich von Rudynar Pole tragen. Er hing über seinen breiten Schultern wie ein gut abgehangenes Stück Fleisch und gab Anweisungen, wie sich der Hohe Herr zu verhalten hatte.
    Immer wieder bedachte er Terca mit finsteren Blicken. Pirmen, längst nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, musste all seine Konzentration aufbringen, um sie von Rudynar Pole fernzuhalten. Der Krieger hingegen wirkte völlig abwesend. Er befand sich in einem Kraftfeld, das Terca und Pirmen beständig um ihn woben. Sie kämpften um ihn wie um ein Stück Land, das es zu erobern galt, unsichtbar und unhörbar, bestenfalls von Tieren des Landes wahrgenommen, die jedoch gut daran taten, ihnen weiträumig auszuweichen.
    Sie marschierten durch unwirtliches Gelände, in dem der Wind der beherrschende Faktor war. Terca stemmte sich gegen den Sturm. Eine Hexe und ein Magicus, die miteinander reisen. Gemeinsam mit einem versoffenen Barbaren, der weder dem einen noch dem anderen hörig ist – oder doch beiden zusammen? Der andererseits dazu ausersehen ist, den Stummen Jungen zu beschützen, und damit über mehr Macht verfügt, als wir beide gemeinsam jemals haben werden. Ich könnte mich übergeben vor Freude. Sie war tunlichst darauf bedacht, Pirmen keine Angriffsfläche zu bieten. Der Magicus wirkte zwar geschwächt, doch er mochte sich verstellen. Womöglich bereitete er gerade eben eine Attacke gegen sie vor.
    Ahnte Rudynar Pole, welche

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