Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
Streich. Gafelay alterte rasant, und er kam in seinen Studien nicht so rasch weiter, wie er es gern gehabt hätte. Du musst wissen, dass er dazumal ein recht durchschnittlicher Magicus war. Ich übte mit ihm, so gut und so viel ich konnte, aber er gelangte an seine natürlichen Grenzen. An die Grenzen seines Körpers, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Pirmen knirschte mit den Zähnen. »Weiter.«
    »Sein Haar wurde grau, Runzeln zerfurchten sein Gesicht. Er verfiel rapide. Und er begann, mich dafür zu hassen.«
    »Weil du ihm die Kraft gestohlen hattest, nicht wahr? Weil sich die Natur gegen eure Verbindung wehrte.«
    »Unter anderem. Doch Gafelay war auch ein eitler und selbstbezogener Mann, der es nicht ertrug, dass ich mehr Kenntnisse angehäuft hatte als er und manche Dinge mit einer Leichtigkeit erschuf, für die er eine wochenlange Vorbereitungszeit benötigte.« Terca holte tief Luft. Die Erinnerungen waren mit einem Mal wieder ganz frisch. Sie schmerzten umso mehr, da es ausgerechnet Pirmen war, mit dem sie sie teilte. Pirmen, der eben erst die schlimmsten und schmerzvollsten Erfahrungen seines noch kurzen Lebens gemacht hatte. »Also verlangte er, dass ich ihm helfe.«
    »Du meinst …?«
    »Ja. Er war ein stattlicher Mann. Groß und aufrecht gebaut, bis dahin frei von allen Verletzungen, die das Unglück des Magicus nun mal auf sich zieht. Und er verlangte um unserer Liebe willen, dass ich diesen Zustand änderte. Ich zierte mich lange Zeit. Doch irgendwann wurde sein Drängen unerträglich. Er jammerte und weinte und fluchte und schimpfte. Also gab ich ihm, was er mehr begehrte als meine Liebe.«
    »Aber … es ist verboten!«
    »Es ist ebenso verboten zu lügen, zu stehlen und zu morden. Willst du bestreiten, dass gelogen, gestohlen und gemordet wird?«
    Pirmen schwieg.
    »Ich tat es. Ganz allein. Ich brachte ihn in die Keller seines Anwesens, schnallte ihn fest und operierte ihn bei vollem Bewusstsein. Ich amputierte beide Arme und Beine. Ich schnitt ihm seinen Schwanz ab, nahm ihm die Nase und blendete seine Augen. Wie er es wünschte.«
    Seltsam. Sie hatte noch Tränen über für Gafelay. Trotz alldem, das er ihr gesagt und angetan hatte, nachdem er aus seiner Apathie erwacht war und die Konsequenzen dessen erkannt hatte, was mit ihm geschehen war.
    »Gafelay hat also seine Kräfte auf verbotene Weise erlangt?«
    »Ja. Er hat betrogen. Und gilt heute dennoch als begabtester und mächtigster Magicus der Gegenwart. Dank der durch die Operationen erlangten Kräfte gelang es ihm, den Alterungsprozess zu verlangsamen und sich Zeit zu erkaufen. Mittlerweile muss er gut hundert Jahre zählen.«
    »Das ist eine recht ausgefallene Geschichte«, sagte Pirmen und rückte seinen Leib zurecht. »Und ich glaube kein Wort davon. In Wirklichkeit bist du ein unbedeutendes Hexenweib, das alles tun würde, um mich für dich einzunehmen. Du weißt, dass meine Kräfte während der nächsten Tage so weit wachsen werden, dass sie den deinen grenzenlos überlegen sind.«
    »Du irrst dich. Ich …«
    »Halt dein Schandmaul!«, schrie Pirmen und spuckte aus. »Du hast Angst! Davor, dass ich dich zerquetschen werde wie einen Floh!«
    Er begann zu schimpfen und spie Begriffe aus, die sie aus der Unterstadt Poitreas kannte, die sie aber niemals im Wortschatz eines behütet aufgewachsenen Magicus vermutet hätte.
    Terca hörte nicht länger hin. Sie entfernte sich und schuf räumlichen Abstand zu Pirmen und Herrn Rudynar Pole. Es wurde kälter, auch wenn sie nach Süden unterwegs waren. Sie ahnte, dass die Reise nach Griam schwierig werden würde, zumal die Kräfte des Magicus tatsächlich mit jeder Stunde wuchsen. Die Verkrüppelung zeitigte den erwarteten Effekt. Pirmens Körperlichkeit spielte nun nur noch eine untergeordnete Rolle. Er konnte sich bloß noch auf die Entwicklung seiner magischen Fähigkeiten konzentrieren – und seinen Hass auf alles, das ihn umgab, so gut es ging pflegen.
    Die Truppen des Gottbettlers gaben sich bereits als Herren in einem Land, das sie vor gerade einmal vierzehn Tagen betreten hatten. Sie erwarteten kaum Widerstand von den anderen Steilstädten, nachdem sie Poitrea erobert hatten. Das eherne Bollwerk, das bislang weder von der See- noch von der Landseite her erobert worden war, befand sich fest in den Händen von Metcairn Nifes Kriegern. Bewohner des Hinterlandes zogen mutlos Richtung Norden, um sich in der Nähe der Grenze Mirces zur Norde anzusiedeln, darauf hoffend, den Kämpfen

Weitere Kostenlose Bücher