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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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schwimmenden Stadt. Hier war es vergleichsweise sauber, und der Boden schwankte kaum.
    »Wohin?«, fragte ein mürrischer Alter in Uniform und vertrat ihnen den Weg.
    »Zu Balthazar. Er erwartet uns.« Terca zeichnete einige magische Symbole in die Luft, und der Mann trat augenblicklich beiseite und scherte sich nicht mehr um sie.
    »Wie überaus beeindruckend«, sagte Pirmen und kicherte. »Eine Fingerübung, nicht mehr.« In Poitrea hatte sie sich über lange Jahre hinweg bemüht, ihre Gaben so wenig wie möglich anzuwenden, um nur ja den Anschein zu erwecken, »normal« zu sein. Doch hier gab es keinen Grund, ihre Fähigkeiten zu verbergen.
    Sie traten in die Schatten sauber wirkender Häuser. Hier waren weitaus weniger Leute unterwegs als in den Außenbezirken. Hier und dort hockten Kerle auf Leitern und reparierten kleine Schäden oder bearbeiteten das Holz mit einer tranigen Flüssigkeit, um es vor dem schädlichen Meersalz zu schützen. Andere Handwerker kümmerten sich um Ausbesserungen im metallverstärkten Boden, ein Mann mit einem Bauchladen bot dampfend heiße Würste feil. Drei Frauen standen prächtig gewandet unter den Kolonnaden eines Gebäudes, bei dem es sich unzweifelhaft um den hiesigen Luxus-Puff handelte. Allein der Kleidung willen, die sie trugen, hätten Bewohner anderer Stadtteile gemordet.
    Terca las Schildaufschriften, die mit silbernen oder goldenen Symbolen verziert waren; Zeichen eines Wohlstands, den es in dieser Form selbst in Poitrea nur selten gegeben hatte. In diesem Viertel gab es ebenso Bankiers wie Edelsteinhändler, Goldschmiedekünstler, Glasmacher, Buchdrucker oder reiche Fischhändler.
    Endlich entdeckte sie das Gesuchte. Eine Hinweistafel, die beinahe bescheiden wirkte verglichen mit den anderen. Dabei ist Bescheidenheit noch nie Balthazars Markenzeichen gewesen, dachte sie und trat in den Hinterhof eines dreistöckigen Hauses, an dessen First sich holzgeschnitzte Narwale aneinanderreihten. Dann schritt sie durch eine Tür, die so schmal war, dass Herr Rudynar Pole Schultern und Kopf einziehen musste, und in einen Raum, in dem es nach Wald und Wiesen roch. In Messing-Kandelabern an den Wänden steckten Räucherstäbe, die unzweifelhaft diesen unerwarteten Duft verbreiteten.
    »Womit kann ich dienen?«, fragte ein kahlköpfiger Mann mit Fettranzen. Er taxierte sie von oben, beurteilte und schätzte sie ab und zeigte ihnen dann sein Missfallen mit einem Stirnrunzeln.
    »Balthazar. Sag ihm, dass Dharma ihn zu sprechen wünscht.«
    »Es tut mir leid. Balthazar befindet sich in einer wichtigen Besprechung. Vielleicht kann ich dir weiterhelfen.«
    »Du bittest ihn augenblicklich hierher, Kahlkopf! Andernfalls unterrichte ich die hiesigen Obrigkeiten von Balthazars Geschäften mit den Leuten des Gottbettlers!«
    »Ich weiß nicht, was du …«
    »O doch, das weißt du sehr wohl. Mach schon. Meine Geduld ist begrenzt!«
    Der Glatzköpfige sah sie verunsichert an, nickte dann zögerlich und entschwand hinter einem Vorhang.
    »Woher wusstest du von der Sache mit dem Gottbettler?«, fragte Pirmen nach einer Weile leise.
    »Ich wusste es nicht. Aber Balthazar ist bekannt dafür, stets mit allen Seiten Handel zu treiben. Moral und Anstand sind Begriffe, deren Sinn er kaum versteht.«
    »Und so einem Menschen sollen wir uns anvertrauen?«
    »Wenn du einen besseren Vorschlag hast, um nach Griam zu gelangen, nur her damit.«
    Sie schwiegen und sahen sich in dem von schummrigem Licht erhellten Raum um. Pirmen hieß Herrn Rudynar Pole, ihn auf einem schäbigen Stuhl abzusetzen. Er unterdrückte ein Stöhnen, doch ihm stiegen die Tränen in die Augen.
    Schwere Schritte erklangen. Ein Riese trat in den Raum, ein Koloss von eineinhalb Mannslängen Körperhöhe und so dick, dass der Bauch durch ein Stützkorsett gehalten werden musste und die Brüste wie die einer alten Vettel schlaff vom Leib hingen.
    »Dharma!«, rief der Mann und stapfte mit einem Lächeln auf sie zu. »Wie schön, dich wiederzusehen, nach all den Jahren!«
    Er breitete die Arme aus und wollte sie umfassen, doch Terca wich vorsorglich einen Schritt zurück. »Es freut mich, dass du dich an mich erinnerst, Balthazar. Aber du wirst einsehen, dass ich auf eine Umarmung verzichten möchte. Ich erinnere mich an Menschen, die du mit all deiner Liebenswürdigkeit zerquetscht hast.«
    »Das würde ich bei dir niemals tun, nicht bei meiner besten Freundin.« Der Mann ließ beleidigt die Unterlippe hängen.
    »Vielleicht nicht,

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