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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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bekommst du eine Abreibung, die du deinen Lebtag nicht vergessen wirst!«
    »Ach ja? Wenn ich nicht so beschäftigt mit Klettern wäre, würde ich mir vor Angst ins Gewand scheißen. Dann wäre wir schon zwei mit voller Hose!«
    »Sag mir deinen Namen, Weib, damit ich weiß, wem ich das Maul stopfen muss!« Er brüllte die Worte mit hochrotem Kopf, völlig außer sich, hielt nur noch einen Arm und ein Bein um die Leiter geschlungen, als wollte er sich jeden Moment auf sie hinabstürzen, um sie mit sich in die Tiefe zu reißen.
    »Ich bin Terca, und du solltest zusehen, dass du weiterkommst. Denn du bist es, der den Verkehr aufhält!«
    Während sie den Dicken beschäftigt hatte, war Felita weitergestiegen und wechselte eben zur dritten Sicherungsstange. Nur noch vier Mannslängen fehlten ihr zum festen Untergrund, während oberhalb von ihr eine Lücke von gut zehn Metern klaffte und sich immer mehr Menschen auf engstem Raum stauten, aufgehalten durch den Aufrechten Carel.
    »Doch nicht etwa die Terca?«, fragte er, nun mit Respekt (oder gar Angst?) in der Stimme.
    »Ich stehe zu Diensten, Fettarsch. So du es jemals bis nach unten schaffst.«
    Felita erreichte festen Erdboden. Weitere Helfer schoben sie vorwärts, weg von der Felswand, um Platz für die nächsten Ankömmlinge zu machen.
    Auch der Aufrechte Carel fasste sich endlich. Er stieg rasch in die Tiefe. Das Knäuel an Menschen, das sich hinter ihm gebildet hatte, löste sich nach und nach auf. Man schmähte und beschimpfte ihn, er hatte durch seine Unvernunft Dutzende Menschen in Lebensgefahr gebracht. Er hastete davon, ohne auch nur zurückzublicken. Ein Halbwüchsiger schleuderte ihm eine faulige Frucht hinterher, die auf seinem schäbigen Mantel zerplatzte. Der Aufrechte Carel kümmerte sich nicht darum, hetzte weiter wie von Dämonen gejagt.
    »Danke«, flüsterte Felita und legte das Fellknäuel beiseite, als sie die freie Fläche vor den Hängeleitern verlassen und in eines der vielen dunklen Gässchen der Unterstadt eingetaucht waren. »Der Dicke hat mich völlig aus der Fassung gebracht. Er ist mir auf die Finger gestiegen und wollte, dass ich ihm Platz mache.«
    »Solchen jämmerlichen Figuren wirst du hier massenhaft begegnen. Sie hassen alles rings um sich, weil sie sich selbst hassen.«
    Zwischen eng stehenden Hütten erhaschte Terca einen letzten Blick auf den Aufrechten Carel. Er schlich davon wie ein geprügelter Hund und zuckte zusammen, als er Terca bemerkte. Er hatte tatsächlich Angst vor ihr.
    Vor meinem Ruf, der längst mehr verspricht, als ich zu halten vermag … Eine traurige Gestalt wie diese mochte sie damit verjagen. Doch die Unterstadt wurde von anderen Wesen beherrscht.
    »Komm schon«, sagte sie zu Felita. »Wir sollten zusehen, dass wir nach Hause kommen.«
    »Ich dachte, dass Poitrea bei Tageslicht sicher wäre.«
    »Das war einmal. Heutzutage solltest du niemandem mehr über den Weg trauen.« Und schon gar nicht mir, du dummes und naives Geschöpf!
    Terca führte die Pelzhändlerin quer durch den Wirrwarr der Unterstadt, dessen Gesicht sich stetig wandelte. Hütten brachen zusammen oder wurden zerstört, Feuer fraßen ganze Häuserzeilen, oder die Besitzer armseliger Behausungen segneten das Zeitliche, weil sie zwischen die Fronten der großen Famas bei Gebietsstreitigkeiten geraten waren. In der Unterstadt wurde man nicht sonderlich alt.
    Sie erreichten Tercas Quartier. Es bestand aus kaum mehr als einigen Brettern, die schräg gegeneinandergelehnt waren und zwischen denen ein erbärmlicher Gestank herrschte.
    » Da wohnst du?«, fragte Felita entsetzt.
    »Wenn’s dir hier nicht gefällt, steht es dir frei zu gehen und dir jemand anders zu suchen, der dir hilft.«
    »Schon gut.« Felita folgte ihr hinter den Verschlag, der gegen eines der wenigen stabilen Steinhäuser der Unterstadt gelehnt war. Ein Haufen verfaulten Strohs diente als Schlafstätte. »Willkommen in der Villa Terca«, sagte Terca und registrierte mit Genugtuung die Verzweiflung ihrer Begleiterin. »Möchtest du ein Glas Tee?«
    »J-ja.«
    »Das hab ich mir fast gedacht.« Terca seufzte. »Dazu müssen wir wohl ins Wohnzimmer gehen. Folge mir.« Sie winkte Felita, schob das Stroh im hintersten Winkel des Verschlags zusammen und öffnete eine darunter versteckte Falltür, deren Angeln quietschten. Terca schob sich in die Dunkelheit, wobei ihr Fuß geschickt die oberste der steinernen Stufen ertastete. Sie griff nach Zunder und Feuerholz, rasch glomm ein kleines

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