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Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Der Gottbettler: Roman (German Edition)

Titel: Der Gottbettler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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ihr meinten, würde sich ihr Körper erholen und sie gebärfähig bleiben. Wenn es in der Südwüste schneit und am selben Tag in der Norde trockener Wind allen Schnee beiseitefegt, wenn also zwei Wunder zur selben Zeit geschehen, dann wird sie irgendwann vergessen, was man ihr angetan hat.
    »Halt still und hör auf zu greinen!«, fuhr Terca das Mädchen an. Sie hob die Stoffbahnen hoch und betrachtete den ausgemergelten Körper, aus dem der Kindsbauch wie ein Pilz hervorsprang.
    Gunguelles hinter Schleiern verborgene Augen wurden groß, Tränen rollten ihr übers Gesicht. Doch sie war Gehorsam gewöhnt. Sie verkrampfte und lag nun ruhig wie ein Brett da.
    »Gut so.« Terca öffnete die Tasche und beförderte ihre Instrumente zutage, ohne sie vorerst aus den Stoffhüllen zu nehmen. Dazu vier Flaschen wertvoller Flüssigkeiten. Die wichtigste beinhaltete tranigen, goldenen Saft. Habanea-Verschnitt, dessen Beimengungen das Mädchen ausreichend betäuben und den Schmerz ein klein wenig lindern würden. Einige Tropfen perlte sie in einen hölzernen Becher. Terca verdünnte sie mit Wasser, reichte Gunguelle das Gefäß und sagte: »Trink das!«
    Felita fiel ihr in den Arm. »Die Gesetze besagen, dass sie keinen Alkohol trinken darf …«
    »Eure Gesetze besagen auch, dass sie vor der Ehe kein Kind unter ihrem Herzen tragen darf! Wollen wir abwägen, was in deiner Heimat als verderblicher gilt?« Terca gab der Frau keine Gelegenheit zur Antwort. Sie setzte den Becher Gunguelle an den Mund und sorgte dafür, dass sie trank.
    Dann warteten sie einige Minuten, allesamt schweigend. Mutter und Tochter hielten sich an den Händen. Terca starrte durch ein kopfgroßes Loch hinaus auf die See. Dann nahm sie ihr Werkzeug zur Hand, fühlte die Temperatur an der Stirn des Mädchens und deutete der Älteren, ein wenig beiseitezurücken.
    Ein Feuer musste gemacht werden, um die Klingen und die Haken zu entkeimen, und der entblößte Bauch musste mit Alkohol eingerieben werden. Mit Nadel und Zwirn würde sie den Leib des Mädchens wieder zunähen. Feinste Darmschnüre, Spiegel, ein Vergrößerungsglas, Scheren, sauberer Verbandstoff.
    Der Kopf des Kindes – wo lag er?
    Terca schloss die Augen und tastete sacht über den Bauch der werdenden Mutter. Sie fühlte das Leben unter der dünnen, rissig gewordenen Haut. Es bewegte sich mit viel Kraft und mit viel Unruhe. Der Junge – es handelte sich zweifelsohne um einen kräftigen, gesunden Burschen –, er war ein Kind des Zorns. Er würde zu einem stolzen Kerl heranwachsen, mit viel zu vielen Eigenschaften des Vaters in sich. Eigensucht, Jähzorn, wenig Selbstbeherrschung und viel hasserfüllte Leidenschaft. Er würde eines Tages durch die zivilisierten Länder marodieren und es seinem Vater gleichtun, sich und sein Schwert verkaufen, sich der Trunksucht hingeben und Frauen schänden.
    Terca zögerte kurz. Ein Kind wie dieses würde sich gut verkaufen lassen.
    Nein. Geld spielte in ihrem Leben schon lange keine Rolle mehr. Auch die Macht und die Kräfte, die sie verwaltete, bedeuteten ihr nicht sonderlich viel. Andere Dinge beschäftigten sie seit längerer Zeit. In gewisser Weise litt sie unter dem gleichen Fluch wie die Magicae: Ihre Kenntnisse und Begabungen forderten einen viel zu hohen Preis.
    Terca zog die Hand zurück und machte sich bereit. In diesen Augenblicken empfand sie jenen Hass auf sich selbst, der sie jedes Mal überkam, wenn sie ein derart blutiges Werk vollbringen musste. Doch dieses Gefühl und all die Zweifel vergingen rasch wieder. Es war richtig und wichtig, was sie tat.
    Solange du es dir erfolgreich einredest, ist es gut.
    Terca erinnerte sich an ein uraltes Wiegenlied. Sie begann die Melodie zu summen, und gleich fiel Felita mit ein. Gemeinsam schafften sie es kaum, das Brüllen des Ozeans zu übertönen. Doch der einfache Rhythmus und die einfachen Worte beruhigten das schwangere Kind vor ihr.
    Terca unterbrach den Singsang und wandte sich der älteren der beiden Frauen zu. »Halte die Tücher bereit«, wies Terca sie an, »und ebenso das erwärmte Wasser. Der Schnitt tut kaum weh«, log sie, »aber die Wunde wird stark bluten. Sorg dafür, dass deine Tochter nicht zusieht bei dem, was ich mache.«
    »Sonst kann ich nichts tun?«, fragte Felita. Die Falten in ihrem grauen Gesicht waren während der letzten Stunden noch tiefer geworden.
    »Nein«, antwortete Terca und verbesserte sich im nächsten Augenblick: »Doch. Zeig ihr, dass du sie liebst. Sie muss es

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