Der Gottbettler: Roman (German Edition)
erklärte Amela Dusong. »Einzeln oder gemeinsam.«
»Du trauerst bemerkenswert kurz um deinen verblichenen Ehemann.«
»Ich bin nicht allein. Ich habe zwei Kinder zu versorgen und Carmie sogar drei. Allesamt sind sie noch nicht alt genug, um allein für sich sorgen zu können. Spielt es denn da eine Rolle, wie ich mich fühle?«
»Kinder … Sie verändern alles, nicht wahr?«
»J… ja.«
Zeigten sich da tatsächlich Tränen in den Augenwinkeln der Witwe? Empfand diese hartgesottene Frau, die in den Kreisen der besseren Gesellschaft Moinas gewiss wie ein Preis umhergereicht worden war und die dieses Spiel zweifellos gern mitgemacht hatte, denn wirklich etwas für ihre Brut? Wusste sie, wer der Vater der beiden Bastarde war?
Metcairn Nifes schöner Plan geriet mit einem Mal ins Wanken. Er war nach wie vor zu rührselig, verdammt! Aber er durfte sich nicht einwickeln, durfte sich in seinem Urteil nicht von Gefühlsduseleien verleiten lassen.
»Ihr kennt eure Begleiter allesamt?«
»Selbstverständlich.«
»Ihr wisst, wie schwer sie in Gold und Münzen, in Besitztümern und Schuldscheinen wiegen?«
»Ja.«
»Ihr würdet sie verraten, um euer Leben und das eurer Kinder zu retten?«
Ein Proteststurm der Empörung brach los. Die Händler, die ehemaligen Beherrscher Moinas, sahen sich übervorteilt. Sie drängten nach vorn, wollten die beiden Frauen packen und zurück in ihre Mitte ziehen. Augenblicklich waren die Soldaten da. Sie stachen in die Menge, verpassten einigen der Männer kleinere Wunden und versperrten ihnen den Weg.
»Muss ich meine Frage wiederholen, Amela Dusong und Carmie Newoshin?«
»Nein.« Wiederum waren sich die beiden Frauen einig. Und erneut sprach Amela Dusong für sie beide. »Wir sagen dir, was du wissen möchtest. Wir zeigen dir die Verstecke mit all dem Gold und den Juwelen. Wir beschaffen dir alle Urkunden, die du benötigst. Wir klären dich über die Besitzverhältnisse in Moina auf.«
Die Händler drängten wiederum nach vorn. Sie tobten und wüteten und schimpften, waren selbst von den bewaffneten Soldaten kaum noch zurückzuhalten. Der Gedanke, all ihr Hab und Gut zu verlieren, erschien den Krämern schlimmer als der, ihr Leben lassen zu müssen.
»Nun, meine Herren, unsere Verhandlungen sind leider gescheitert«, rief Metcairn Nife über sie hinweg. »Das Geschäftsleben lehrt uns, stets mehrere Angebote einzuholen und sie miteinander zu vergleichen. Ich denke, dass ihr mir weniger bieten könnt als diese beiden bezaubernden Damen.« Er winkte Marmer Dunne zu sich und sagte so laut, dass jeder es verstehen konnte: »Sobald wir haben, wonach wir suchen, werden diese Herrschaften dem Scharfrichter überantwortet. Sag ihm bitteschön, dass er seine Fantasie spielen lassen soll. Er ist ja ein Künstler auf mancherlei Gebiet. Gewiss fallen ihm neue Attraktionen ein, mit denen er unsere Leute belustigen kann.«
»Endlich wieder ein paar zünftige Hinrichtungen!« Der Rechte lachte laut. »Der arme Kerl hat sich mangels Arbeit bereits bei mir beschwert. Wir wären viel zu nachgiebig. Er fordert die Todesstrafe für zu lautes Fluchen im Glied. – Kommt schon, meine Freunde! Sagen wir dem Scharfrichter Hallo.« Marmer Dunne winkte den Händlern, ihm zu folgen, und rasch sorgten die bereitstehenden Soldaten, dass seiner Aufforderung nachgekommen wurde.
»Wir haben dein Wort?«, fragte Amela Dusong. »Das Leben der Kinder und unseres gegen ein klein wenig Verrat?«
Sie trat einen Schritt näher. Metcairn Nife roch ihr Parfum. Fühlte sich ihrer Ausstrahlung ausgesetzt. Sah das Fleisch ihrer Schenkel zwischen den Schlitzen des Kleides hervorlugen. Noch konnte sie die Fassade aufrechterhalten, noch hatte sie einige gute Jahre, bevor die Spuren ihres Lebenswandels alle körperlichen Vorteile zunichtemachen würden.
»Ja, ich verspreche es.« Der Heerführer nickte. »Aber es wird euch nicht viel mehr als das Leben bleiben.«
»Das bedeutet?« Amela Dusong schluckte schwer.
»Ihr werdet im Tross mitreisen. Ihr werdet den einfachsten, dümmsten, mitleidlosesten Kämpfern meines Heeres zu Willen sein.«
Die schlanke Frau hatte sich bislang um Haltung bemüht. Nun fiel sie in sich zusammen und ließ den Kopf hängen. Ihre Arme zitterten. Carmie Newoshin zeigte sich weit weniger beeindruckt. »Es wäre nicht das erste Mal, dass ich eine derartige Arbeit leiste«, sagte sie hart. »Und sie ist nicht viel anders als die der letzten Jahre.«
»Dürfen die Kinder bei uns bleiben?«,
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