Der Gottbettler: Roman (German Edition)
immer größer, fester, kraftvoller wurde.
Pero Krotvie quiekte erschrocken auf, während der Magicus rasch beide Arme ausstreckte. Der Schwung der Dusus ließ nach, die Kraft versiegte und verpuffte, konnte gegen die Abwehrzauber Mirem Zaugs nichts ausrichten.
Terca verstärkte ihre Anstrengungen. Sie war bloß noch einen Schritt von ihrem Feind entfernt. Der grinste maliziös, murmelte die dunklen Worte seiner Zunft und leitete einen Gegenangriff ein, um sie in die Enge zu treiben. »Ich habe von dir gehört, Terca von den Dramac«, sagte er, und Speichel tropfte aus einem Mundwinkel. »Man sagte mir, dass du stark wärst und dass ich mich vor dir in Acht nehmen solle. Aber von dieser Stärke ist wohl nichts geblieben. Du bist eingerostet wie ein alter Wetterhahn und hast nichts mehr in dir, das ich fürchten müsste. Du bist bloß noch eine alte, verbrauchte Hure, die ihre Sippe entehrt hat und nun auf ihr Ende wartet. Nun, ich gewähre dir gern die Gnade eines raschen Todes!«
Sie schrie, einerseits aus Verzweiflung, andererseits vor Wut. Sie dachte an den Verrat, den der Weinhändler zu begehen gedachte. An die Hohen Herren, die womöglich hier, in diesem Raum, den Untergang der Unterstadt entschieden hatten, ohne sich auch nur einen Deut um das Schicksal der dort lebenden Wesen zu scheren. An eine Übereinkunft, die über die Köpfe ihrer Schutzbefohlenen hinweg getroffen worden war. An ein Wesen namens Gottbettler, das nichts Gutes im Sinn haben konnte, wenn es sich mit Magicae wie diesem hier umgab.
Ihre Dusus wuchs wie eine Blume, die nach langer Dürre einem Regenguss ausgesetzt war und vom Zorn gedüngt wurde. Sie griff um sich, ertastete die Kraft des Gegners, perforierte sie, erfühlte ihren Gehalt – und kehrte sie um.
»Das wagst du … nicht!«, ächzte der Magicus.
Er verstärkte seine Anstrengungen, und sein eben noch blasses Gesicht lief puterrot an. Er tat Handbewegungen, die so grässlich waren, dass Terca tot umgefallen wäre, hätte sie sich auf deren Zeichnung konzentriert. Er rief Fähigkeiten ab, die zu den verbotenen Künsten zählten und – angeblich – seit Jahrhunderten nicht mehr angewandt wurden.
Sie war beinahe durch. Es bedurfte eines letzten Gewaltakts, um das dünn gewordene Netz seiner Magie auseinanderzureißen, es zu zerteilen und dann, da sie seinen Leib ungeschützt vor sich sah, das Notwendige zu tun.
Terca streckte zwei Finger ihrer Linken aus – es muss die Linke sein, die falsche, die verbotene Hand –, vergegenwärtigte sich, was sie zu tun hatte, und stach zu. Durchstieß das Fleisch und die magisch verstärkten Rippenplatten, sodass sie brachen wie morsches Holz. Tastete nach dem Herzen, nach diesem aufgeregt schlagenden Ding – und brachte es mit einem einzigen Griff zum Stillstand.
Mirem Zaugs stieß einen Schrei aus, der schon nach einem Augenblick wieder erstarb. Grüngelber Rauch entstieg seiner Lunge, letzte Reste jener Kräfte, die der Magicus in sich angehäuft hatte. Terca riss die Hand ruckartig aus dem Leib des Magicus und schleuderte die blutige Masse, die sie noch zwischen den Fingern hielt, in Richtung Pero Krotvies, als dieser eben den Mund öffnete und nach Hilfe schreien wollte. Das Fleisch traf ihn im Gesicht, Blut verteilte sich über Mund, Augen, Nase.
Der Weinhändler schrie – was Terca unbedingt hatte verhindern wollen. Doch sie war mit den Jahren träge geworden. Nicht nur ihre Arme und Beine fühlten sich wie eingerostet an. Auch ihr Verstand arbeitete viel zu langsam.
Sie tat die zwei Schritte zu Pero Krotvie und verschloss ihm mit der Rechten den Mund. »Die Dämonen werden deine Eingeweide fressen, sollten dich die Wachen gehört haben«, zischte sie ihm ins Ohr.
»Was ist denn los, Onkelchen?«, fragte eine schläfrige Stimme aus dem Nebenraum, gefolgt von leisem Gekicher. »Möchten deine Gäste ein klein wenig mit uns spielen? Es ist ausreichend Platz hier …«
»Es ist alles in bester Ordnung«, beeilte sich Terca zu versichern. »Onkelchen ist bald wieder bei euch.«
Metallenes Schaben. Das Schleifen einer Klinge über die Innenseite einer Scheide. Das Getrampel schwerer Lederstiefel. Ein leichtes Beben des Hauses. Die Wachen hatten Pero Krotvie gehört. Fren Hossa nahm seine Arbeit ernster, als für sie alle gut war. Er befand sich nahe dem Eingang, keine zehn Schritte von hier entfernt.
Sie sah sich um. Links, rechts. Die Nebenzimmer waren rings um den Hauptraum angeordnet. Sie alle boten Verstecke. Doch
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