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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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gebetet? Bist du nicht mit dem Koran im Arm zurückgekehrt? Die Gerüchte besagen, du seiest heute Morgen zum Islam übergetreten, weil der Sultan dich zum Dawadar ernannt habe.«
    Es fällt mir schwer, ruhig zu bleiben – innerlich verfluche ich Uthman. »Du sagst es, Solomon. Es sind Gerüchte.«
    »Entsprechen sie denn der Wahrheit?«
    Ich neige mich ihm zu und flüstere so leise, dass er mich im Gesang der Psalmen und im Schlagen der Trommeln und Sistren kaum verstehen kann. »Kannst du ein Geheimnis bewahren?«
    Er nickt und sieht mich erwartungsvoll an.
    Ich lächele verschmitzt. »Ich auch.«
    Solomon schlägt sich die Hand vor den Mund und lacht schallend.
    Arslan tritt neben uns.
    »Solomon, darf ich dir Prinz Djelal ad-Din Arslan vorstellen? Der Sultan hat ihn zum Emir von Assuan ernannt.« Die beiden reichen sich die Hände. »Arslan, das ist Abetahun Solomon, Prinz von Israel. Er ist der Enkel von Kaiser David, der Sohn von Kaiser Yeshaq, der Bruder von Kaiser Andreyas, der Neffe von Kaiser Zara Yakob, dessen Kinder noch sehr jung sind. Sollte der König der Könige in der Schlacht gegen Sultan Bedlay von Adal fallen, was der Allmächtige verhüten möge, wäre Prinz Solomon von der Thronfolge her der nächste Gesalbte Gottes auf dem Thron Davids und Salomos.«
    Obwohl Arslan weiß, dass Bedlay zu dieser Stunde Aksum angreift, küsst er ganz unbefangen die Hände des Prinzen und wünscht ihm: »Salam!«
    Seit der Sultan ihn wissen ließ, dass er ihn zum Emir ernennen will, erstaunt er mich immer mehr!
    Ein Diakon bietet uns eine Schale mit Wasser dar.
    »Es stammt vom Timkatfest, der Taufe von Iyasus Christos, das jedes Jahr in den Felsenkirchen von Lalibela gefeiert wird«, erklärt Solomon. »Kaiser Lalibela ließ die Stadt und die Felsenkirchen nach seiner Rückkehr aus dem jahrelangen Exil hier in der Heiligen Stadt als Neues Jerusalem errichten.«
    Verwundert beobachtet er, wie Arslan mit dem geweihten Wasser seine Hände wäscht, dann die Finger küsst und sich nach einem verstohlenen Seitenblick auf die Mamelucken in meinem Gefolge, die ihn nicht aus den Augen lassen, bekreuzigt.
    Ich fasse es nicht – er kann es einfach nicht lassen!
    Arslan hat meinen Blick bemerkt. »Halt mir jetzt bloß keine Strafpredigt!«, flüstert er mir auf Tscherkessisch zu. »Ich wurde gewaltsam gezwungen, mich dem Islam zu unterwerfen. Nach deinem Gespräch mit Uthman heute Morgen verstehst du wohl, was das bedeutet.«
    »O ja, das tue ich.«
    Ein Mamelucke aus meinem Gefolge tritt neben mich. Er trägt die Geschenke, die ich Solomon überreiche, ein Schwert aus Dimashq mit verzierter Scheide, ein Bändchen mit den Rubaiyat-Versen von Omar Khayyam und andere Aufmerksamkeiten. Solomons Gaben sind nicht weniger kostbar. Das mit Perlen, Rubinen und Saphiren und einem amharischen Segenswunsch verzierte Straußenei, ein Symbol göttlicher Barmherzigkeit, ist wohl das wertvollste. Aber am besten gefällt mir sein letztes Geschenk, ein tapsiges Löwenjunges, das noch keine zwei Monate alt ist.
    »Ist der niedlich!«, ruft Arslan begeistert aus.
    »Sei vorsichtig! Er hat scharfe Krallen!«, bittet mich Solomon, als er mir das quirlige Bündel in den Arm legt. »Der Löwe von Juda ist das Symbol von Habashat. So nennen wir unser Reich.«
    »Wie heißt er?«, fragt Arslan und krault dem König der Tiere zärtlich den Bauch. Der Kleine räkelt sich auf meinem Arm, streckt alle viere von sich, schnurrt vor Wonne und kratzt vor lauter Entzücken blutige Striemen in Arslans Hände.
    »Er ist der Löwe von Juda. Er hat noch keinen Namen.«
    »Ich nenne ihn David«, entscheide ich.
    Solomon lacht. »Der Name passt zu diesem Rabauken.« Er streichelt das Löwenjunge auf meinem Arm. »Salam, David. Gehorche deinem neuen Herrn, und beschütze ihn mit deinem Leben!«
    Dann reicht er mir seinen Arm und geleitet mich über einen mit Teppichen geschmückten Weg, auf den Goldmünzen geworfen werden, während ich vorüberschreite. Arslan nimmt mir David ab, der seine Krallen in mein glitzerndes Gewand gebohrt hat und an der gestickten Goldborte knabbert, und legt ihn sich über die Schulter wie ein kleines Kind – das scheint dem niedlichen Fratz zu gefallen.
    Während Solomon mich zum Portal des Klosters führt, betrachte ich die schwarzen Tätowierungen auf seinen Armen, die schimmern wie poliertes Ebenholz.
    Er hat meinen Blick bemerkt und deutet auf seine Stirn. »Die gütig lächelnde Sonne ist das Symbol für Iyasus Christos. Die

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