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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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gehöre jetzt zur Dynastie der Nasriden. Tarik ist mein ganzer Stolz. Er ist vierzehn, zwei Jahre jünger als Yona. Dein Sohn wäre jetzt sechzehn, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Ein junger Mann. Ich weiß noch, wie glücklich du warst, als Rebekka dir nach deiner Rückkehr vom Hof des Königs von Kastilien gestand, dass sie endlich schwanger war. Ich war fassungslos, als Benyamin mir nach eurer Flucht aus Gharnata erzählt hat, dass Rebekka und Yona …« Er verstummt. »Mein Gott, Yared, seinen eigenen Sohn so sterben zu sehen …«
    »Schon gut, Aron. Es ist jetzt vierzehn Jahre her. Willst du dich nicht setzen? Wie wäre es mit einem Shai?«
    »Ja, gern. Ein heißer Minztee wäre schön.«
    Aron atmet auf und entspannt sich – Muhammad hatte offenbar befürchtet, dass ich seinen Gesandten gar nicht erst empfange. Dann nimmt er mit dem Schwert auf den Knien umständlich Platz, während uns beiden Gläser mit erfrischendem Minztee serviert werden.
    Nachdem wir getrunken haben, frage ich Aron nach dem Grund seiner langen Reise von Gharnata nach Al-Kahira und weiter nach Jeruschalajim. Und warum er mich so dringend sprechen will.
    Aron stellt sein Teeglas auf den Tisch zwischen uns und holt tief Luft. »Sultan Muhammad ist erneut gestürzt worden und nach blutigen Kämpfen in den Straßen von Gharnata geflohen. Im Namen Allahs und um eurer alten Freundschaft willen ersucht er dich in aller Demut um militärische Unterstützung. Er will die Alhambra zurückerobern und das muslimische Gharnata vor der christlichen Reconquista schützen.«
    Das kann nicht wahr sein!
    »Er wagt es, sich auf unsere Freundschaft zu berufen?«, frage ich mit bebender Stimme. Nach allem, was zwischen Muhammad und mir vorgefallen ist, ist Verbitterung noch das laueste meiner Gefühle. »Muhammad hat mein Vertrauen missbraucht, mich verraten und ins Exil getrieben. Und er erinnert mich allen Ernstes an unsere Freundschaft? «
    Aron zieht den Kopf ein. »Yared … Emir, ich bitte dich!«
    »Nach seinem Sturz vor achtzehn Jahren habe ich ihm die Treue gehalten und ihn ins Exil begleitet. Ich bin nach Kastilien gereist, um mit König Juan über ein Bündnis zu verhandeln, damit Muhammad den Goldring des Sultans zurückgewinnen konnte. Und wie hat mein Freund es mir gedankt? Er hat sich liebevoll um meine Frau gekümmert und sie in seinem Bett umsorgt, während ich monatelang in Córdoba, Toledo und Salamanca war, um sein Leben und seinen Thron zu retten. Und er hat mir den Sohn geschenkt, den ich nie haben konnte. Ist das aufrichtige, selbstlose und loyale Freundschaft?«
    »Allmächtiger Gott unserer Väter!«, entfährt es Aron. »Yared, bitte glaub mir, das wusste ich nicht. Ich dachte, Yona wäre dein Sohn gewesen! Du hast ihn doch so sehr geliebt. Du hast ihn in den Arm genommen und zärtlich geküsst, und er hat seinen Kopf an deine Schulter gelegt. Und Rebekka war im achten Monat schwanger, als ihr so überstürzt geflohen seid …« Er verstummt. »O Gott! Das zweite Kind war also auch von ihm?«
    Ich nicke traurig – ich hatte mich sehr auf das Kind gefreut. Rebekka war sich so sicher gewesen, dass es eine Tochter wird. »Muhammad hat mich verraten, Aron. Nachdem der kastilische König ihm die Stufen zu seinem Thron hinaufgeholfen hatte, verbündete er sich mit Aragón gegen seinen Lehnsherrn, Juan von Kastilien …«
    »Ich weiß, wie enttäuscht du von ihm warst. Wie sehr ihr beide gestritten habt.«
    »… und dann geschah, wovor ich Muhammad immer gewarnt hatte: Juan griff seinen abtrünnigen Vasallen an, besiegte ihn in der Schlacht, und er floh wieder ins Exil.«
    »So wie du.«
    »Sein Nachfolger Yusuf, Sultan von Juans Gnaden, hätte mich nicht am Leben gelassen. Er und seine Cousins waren für das Massaker an meinem Vater, meiner Mutter und meinen Geschwistern veranwortlich, das weißt du doch.«
    Er nickt beklommen. Aron hatte in die Dynastie der Ibn Shapruts einheiraten und mit meiner kleinen Schwester unter die Chuppa, den Traubaldachin, treten wollen. Doch Sarah wurde vier Tage vor der Hochzeit ermordet. Ich weiß noch, wie ihr Blut in das Rosenbeet rann und dort versickerte …
    »Also habe ich meine Sachen gepackt und bin noch in der Nacht, als er die Alhambra besetzte, aus Gharnata geflohen.«
    »Aber nicht nach Al-Mariya wie Sultan Muhammad. Und nicht an den Hof von Juan von Kastilien, der dich mit Freuden aufgenommen hätte. Sondern nach Malaqa, um ein Schiff nach Israel zu besteigen. Benyamin hat mir damals erzählt, dass

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