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Der Gottesschrein

Der Gottesschrein

Titel: Der Gottesschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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gefährlich. Der Templer hat ein Schwert.«
    »Aber ich wollte dich doch warnen!«, murmelt er niedergeschlagen.
    Ich streiche ihm über sein Haar. »Und dafür bin ich dir sehr dankbar.«
    »Aber ich konnte dich nicht finden«, gesteht er und vergisst dabei, zu stottern. »Ich habe sogar auf dem Golgatafelsen und im Heiligen Grab nachgesehen. Ich dachte, du würdest vielleicht dort beten. Aber du warst nicht da.«
    »Wo ist der Tempelritter jetzt?«
    Elija deutet quer über den Hof, wo sich die Schaulustigen drängen, die den Einzug des äthiopischen Prinzen sehen wollen. »Ich glaube, er ist zur Via Dolorosa gegangen, um sich die Karfreitagsprozession anzugucken.«
    Oder um mich in der Menge zu suchen, denke ich im Stillen, während ich mich unruhig umblicke. Und wenn er mich findet, wird er mich töten.

· Yared ·
Kapitel 24
    Im Empfangssaal des Emirs in der Zitadelle
    16. Dhu’l Hijja 848, 19. Nisan 5205
    Karfreitag, 26. März 1445
    Elf Uhr morgens

    Als Benyamin den Empfangssaal betritt, wo ich in wenigen Augenblicken Prinz Solomon empfangen will, lässt mich seine Miene das Schlimmste erahnen. »Was ist?«
    Er schließt die Tür und lehnt sich dagegen. »Das Templerschwert ist verschwunden«, verkündet Benyamin so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann.
    »Was?«
    »Ich habe ihr Schlafzimmer durchsucht, das Bett, die Kleidung. Ihre Reisetruhe hat ein Kombinationsschloss, das ich nicht öffnen kann. Das Schwert ist nicht mehr da.«
    »Vielleicht ist es in Tayebs Zimmer.«
    »Nein, da ist es nicht. Ich habe auch dort alles durchsucht.«
    »Hast du Tayeb danach gefragt?«
    »Er schläft fest. Ich wollte ihn nicht wecken.«
    »Verdammt!«, fluche ich unbeherrscht.
    Ich fürchte um ihr Leben. Wenn das Templerschwert Uthman in die Hände fällt …

· Alessandra ·
Kapitel 25
    Im Hof der Grabeskirche
    16. Dhu’l Hijja 848, 19. Nisan 5205
    Karfreitag, 26. März 1445
    Elf Uhr morgens

    Der Einzug des kaiserlichen Prinzen Solomon, der von Gebre Christos vor der Grabeskirche empfangen wird, stellt die griechisch-orthodoxe Karfreitagsprozession auf der Via Dolorosa noch in den Schatten.
    Alle äthiopischen Priester, Diakone und Mönche sind zu seiner Begrüßung erschienen. Als sie dem Prinzen mit Olivenzweigen zuwinken, sehe ich die glühende Verehrung in ihren Augen. Gebre Christos hat mir vorhin erzählt, dass der Prinz als Feldherr seines Onkels in den letzten Monaten gegen Sultan Bedlay von Adal gekämpft und in mehreren Schlachten gesiegt hat. Und dass der Prinz seinem Vater, Kaiser Yeshaq, und seinem Bruder, Kaiser Andreyas, als Neguse Negest nachgefolgt wäre, wenn nicht sein Onkel den Thron Salomos bestiegen hätte.
    Der Prinz trägt ein blaues Staatsgewand aus indischer Seide, das über und über mit goldenen Sonnen bestickt ist, deren funkelnde Strahlenkränze lächelnde Gesichter umrahmen – die Sonne ist ein Symbol für Iyasus Christos.
    Geschmeidig springt er von seinem Maultier, was angesichts seiner stolzen Haltung und seiner prächtigen Staatsrobe ein wenig lächerlich wirkt. Doch sein Pferd darf er als Dhimmi in Jerusalem nicht reiten, und das Maultier scheint ein Zugeständnis des Emirs Yared an den kaiserlichen Prinzen zu sein, der eigentlich auf einem Esel reiten müsste. Dann entdecke ich auch Arslan und zwanzig seiner Mamelucken in Solomons Gefolge. Er soll dem Prinzen das Ehrengeleit zur Zitadelle geben. Als er mich bemerkt, nickt er mir zu. Dann kehrt sein versonnener Blick wieder zurück zum Portal der Grabeskirche.
    Demütig verneigt sich Solomon vor Gebre Christos, der dreimal das Kreuzzeichen über ihm schlägt und ihm dann das Handkreuz darbietet, damit der Prinz es küsst und mit der Stirn berührt. Dann winkt er mich heran und stellt mich dem Prinzen vor:
    »Contessa Alessandra Colonna, die Vertraute von Papst Eugenius und die Cousine des verstorbenen Papstes Martin. Woizero Alessandra ist … Wie soll ich sagen … die Schwägerin von Kaiser Ioannis VIII . von Byzanz.«
    Ich will schon protestieren, dass Niketas und ich nie verheiratet waren und dass mein Verhältnis zu seinem Ziehbruder Ioannis trotz unserer Versöhnung nach unserem Wortgefecht in Florenz nicht gerade herzlich ist, da fährt Gebre Christos schon mit der Vorstellung fort: »Abetahun Solomon, Neffe des Neguse Negest Zara Yakob. Abetahun ist der Titel der Prinzen der salomonischen Dynastie, die der Blutlinie König Davids entstammen.«
    Solomon ist ein hochgewachsener, athletischer Mann in meinem Alter, so um die

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