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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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solche Fragen werde ich im siebten Kapitel zurückkommen.
    Ich kann einfach nicht glauben, dass Gould, was er in Rocks of Ages geschrieben hat, wirklich so meinte. Wie gesagt, wir haben uns alle schuldig gemacht, weil wir uns verleugnet haben, um zu einem unwürdigen, aber mächtigen Gegner freundlich zu sein, und ich kann mir nur vorstellen, dass auch Gould genau das getan hat. Allerdings kann man sich auch vorstellen, dass er seine eindeutige, energische Aussage, Naturwissenschaft habe über die Existenz Gottes nicht das Geringste zu sagen, tatsächlich so beabsichtigte: »Wir können es weder bestätigen noch bestreiten; wir können als Naturwissenschaftler einfach keinen Kommentar dazu abgeben.« Das hört sich nach dauerhaftem, unabänderlichem Agnostizismus an, also nach einem richtigen PPA. Es besagt, dass die Naturwissenschaft in religiösen Fragen nicht einmal Wahrscheinlichkeiten beurteilen kann. In diesem bemerkenswert weit verbreiteten Irrtum – viele wiederholen ihn wie ein Mantra, aber nach meiner Vermutung haben nur die wenigsten gründlich darüber nachgedacht – verkörpert sich das, was ich als »Armut des Agnostizismus« bezeichne. Gould selbst war übrigens kein unparteiischer Agnostiker, sondern er neigte stark einem echten Atheismus zu. Auf welcher Grundlage gelangte er zu einer solchen Haltung, wenn er doch der Meinung war, man könne nichts darüber aussagen, ob Gott existiert?
    Die Gotteshypothese besagt, es gebe in der uns umgebenden Realität eine übernatürliche Handlungsinstanz, die das Universum entworfen hat und es – zumindest in vielen Versionen der Hypothese – auch verwaltet und sogar mit Wundern eingreift, das heißt mit vorübergehenden Verletzungen seiner ansonsten erhabenen, unabänderlichen Gesetze. Richard Swinburne, einer der führenden britischen Theologen, äußert sich in seinem Buch Is There a God? (Gibt es einen Gott?) überraschend eindeutig zu diesem Thema:

    Der Theist behauptet von Gott, dieser habe die Kraft, alles, groß oder klein, zu erschaffen, zu erhalten oder zu vernichten. Er kann auch Dinge sich bewegen oder etwas anderes tun lassen … Er kann Dinge veranlassen, sich so zu bewegen, wie sie sich gemäß Keplers Entdeckung tatsächlich bewegen. Er kann veranlassen, dass Schießpulver explodiert, wenn man ein brennendes Streichholz daran hält; er kann veranlassen, dass Planeten sich auf eine bestimmte Weise verhalten; er kann chemische Substanzen explodieren oder nicht explodieren lassen auch nach ganz anderen Gesetzmäßigkeiten als denen, die wir kennen. Gott ist nicht durch die Gesetze der Natur beschränkt; er macht sie und kann sie ändern oder aufheben, wenn er es will.

    Das ist doch allzu einfach, oder? Nun, was es auch sein mag, von der NOMA-These ist es jedenfalls weit entfernt. Und was die Wissenschaftler, die sich der Denkschule der »getrennten Wissensbereiche« angeschlossen haben, auch sonst noch sagen mögen, sie sollten jedenfalls einräumen, dass ein Universum mit einem übernatürlichen, intelligenten Schöpfer etwas ganz anderes ist als ein Universum ohne ihn. Der Unterschied zwischen diesen beiden hypothetischen Universen könnte kaum grundsätzlicher sein, auch wenn er sich in der Praxis nicht ohne weiteres überprüfen lässt. Er untergräbt überdies den selbstgefällig-verführerischen Grundsatz, wonach die Naturwissenschaft im Zusammenhang mit der zentralen Existenzberechtigung der Religion zu schweigen habe. Dabei ist die Gegenwart oder Abwesenheit einer schöpferischen Überintelligenz eindeutig eine wissenschaftliche Frage, auch wenn sie in der Praxis nicht – oder noch nicht – entschieden ist. Das Gleiche gilt für den Wahrheits- oder Unwahrheitsgehalt jeder einzelnen jener Wundergeschichten, auf die die Religionen zurückgreifen, um die Massen der Gläubigen zu beeindrucken.
    Hatte Jesus einen Menschen als Vater, oder war seine Mutter zum Zeitpunkt seiner Geburt noch Jungfrau? Unabhängig davon, ob heute noch genügend Belege existieren, um dies zu entscheiden, handelt es sich hier um eine streng wissenschaftliche Frage, auf die es prinzipiell eine eindeutige Antwort gibt: ja oder nein. Weckte Jesus Lazarus von den Toten auf? Kam er selbst lebend wieder, nachdem er drei Tage zuvor gekreuzigt worden war? Auf jede derartige Frage gibt es eine Antwort, ob wir sie in der Praxis finden können oder nicht, und diese Antwort ist ausschließlich naturwissenschaftlicher Art. Bei den Methoden, die wir zu ihrer Beantwortung

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