Der Gotteswahn
Anfangsbedingungen des Universums, sodass über lange Zeiträume hinweg Sterne, Elemente, Chemie und Planeten entstehen konnten und die Evolution des Lebens stattfand. Das ist doch sicher eine angemessene Trennung? Zumindest mit einer solchen bescheidenen, unauffälligen Religion sollte NOMA doch leben können, oder?
Nun ja, das könnte man meinen. Ich bin allerdings der Ansicht, dass selbst ein nicht eingreifender NOMA-Gott, der viel weniger gewalttätig und unbeholfen ist als der abrahamitische Gott, bei fairer, unvoreingenommener Betrachtung immer noch eine wissenschaftliche Hypothese ist. Damit bin ich wieder bei meiner Aussage: Ein Universum, in dem wir allein oder nur mit anderen durch Evolution entstandenen Intelligenzen zusammen sind, ist etwas ganz anderes als eines mit einem ursprünglichen, richtungsweisenden Agens, dessen intelligente Planung überhaupt erst für die Existenz dieses Universums gesorgt hat. Ich erkenne an, dass es in der Praxis unter Umständen nicht einfach ist, das eine Universum von dem anderen zu unterscheiden. Dennoch hat die Hypothese von der letztgültigen Planung etwas ganz Besonderes, und ebenso speziell ist die einzige bekannte Alternative: die allmähliche Evolution im weitesten Sinn. Beide unterscheiden sich so stark, dass sie nahezu unvereinbar sind. Evolution liefert wie kein anderes Gedankengebäude eine echte Erklärung für die Existenz von Dingen, die eigentlich so unwahrscheinlich sind, dass man sie unter allen praktischen Gesichtspunkten als ausgeschlossen betrachten kann. Und die Schlussfolgerung aus dieser Argumentation ist, wie ich in Kapitel 4 genauer darlegen werde, für die Gotteshypothese nahezu tödlich.
Das große Gebetsexperiment
Eine amüsante, allerdings auch ziemlich Mitleid erregende Fallstudie zum Thema Wunder ist das große Gebetsexperiment: Tragen Gebete dazu bei, dass ein Patient schneller gesund wird? Gebete für Kranke werden sowohl im privaten Kreis als auch an offiziellen Orten der Andacht sehr häufig angeboten. Als Erster untersuchte Darwins Cousin Francis Galton mit wissenschaftlichen Methoden die Frage, ob das Beten für Menschen einen Effekt hat. Er machte darauf aufmerksam, dass die Gemeinden in den Kirchen ganz Großbritanniens jeden Sonntag für die Gesundheit der königlichen Familie beteten. Müssten die Monarchen demnach nicht im Vergleich zu allen anderen, die nur in den Gebeten ihrer nächsten Angehörigen vorkamen, besonders gesund und munter sein? [7] Galton sah sich die Sache genauer an, fand aber keinen statistischen Unterschied. Aber möglicherweise hatte er ohnehin satirische Hintergedanken – er betete beispielsweise auch für zufällig ausgewählte Grundstücke, weil er herausfinden wollte, ob die Pflanzen dann dort besser wüchsen (was nicht der Fall war).
In jüngerer Zeit setzte der Physiker Russell Stannard (der, wie wir noch sehen werden, einer der drei bekanntesten religiösen Naturwissenschaftler in Großbritannien ist) sich mit seinem Einfluss für eine Initiative ein, die – natürlich – von der Templeton Foundation finanziert wurde: Er wollte experimentell die Vermutung überprüfen, dass die Gesundheit kranker Menschen sich durch Gebete verbessert. 38
Wenn ein solches Experiment aussagekräftig sein soll, muss man es als Doppelblindversuch anlegen, und diese Anforderung wurde streng eingehalten. Die Patienten wurden rein nach dem Zufallsprinzip einer experimentellen Gruppe (für die gebetet wurde) und einer Kontrollgruppe (für die nicht gebetet wurde) zugeteilt. Weder die Patienten noch die Ärzte, das Pflegepersonal oder die Versuchsleiter selbst durften wissen, für welche Patienten gebetet wurde und welche zur Kontrollgruppe gehörten. Die Betenden mussten den Namen der Person kennen, für die sie beteten, denn wie hätten sie sonst für einen bestimmten Patienten und nicht für jemand anderen beten sollen? Allerdings achtete man darauf, dass sie nur den Vornamen und den Anfangsbuchstaben des Nachnamens erfuhren. Das war offensichtlich genug, damit Gott das richtige Krankenhausbett ausfindig machen konnte.
Schon die Idee, ein solches Experiment durchzuführen, fordert ein großes Maß an Spott geradezu heraus, und der wurde dem Projekt auch verdientermaßen zuteil. Soweit mir bekannt ist, machte Bob Newhart nie einen Sketch darüber, aber ich kann seine Stimme vor meinem geistigen Ohr deutlich hören:
Was hast du gesagt, Herr? Du kannst mich nicht heilen, weil ich zur Kontrollgruppe gehöre? … Ach
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