Der Gotteswahn
verschafft mein Leiden die Gelegenheit, Mut und Geduld zu zeigen. Dir verschafft es die Möglichkeit, Mitgefühl zu haben und mitzuhelfen, damit mein Leiden gelindert wird. Und es verschafft der Gesellschaft die Möglichkeit, zu wählen, ob sie viel Geld investieren will, um eine Heilung für diese besondere Art des Leidens zu finden … Ein guter Gott bedauert zwar unser Leiden, seine größte Sorge besteht aber sicher darin, dass jeder von uns Geduld, Mitgefühl und Großzügigkeit an den Tag legen soll, damit sich ein heiliger Charakter bildet. Manche Menschen müssen um ihrer selbst willen unbedingt krank sein, und andere müssen unbedingt krank sein, um anderen wichtige Entscheidungen zu ermöglichen. Nur so kann man manche Menschen dazu bewegen, sich ernsthaft zu entscheiden, was für Menschen sie sein wollen. Für andere Menschen ist Krankheit weniger wertvoll.
Dieser groteske Gedankengang, der so verdammt typisch für die theologische Denkweise ist, erinnert mich daran, wie ich einmal zusammen mit Swinburne und Professor Peter Atkins, unserem Kollegen aus Oxford, in einer Fernsehdiskussion saß. An einer Stelle versuchte Swinburne, den Holocaust zu rechtfertigen: Er habe den Juden eine großartige Gelegenheit verschafft, sich als mutig und edel zu erweisen. Worauf Peter Atkins knurrte: »Sie sollten in der Hölle braten.« [8]
Ein weiterer typisch theologischer Gedankengang findet sich in einem späteren Abschnitt von Swinburnes Artikel. Dort äußert er eine berechtigte Ansicht: Wenn Gott seine eigene Existenz unter Beweis stellen wollte, würde er dazu bessere Wege finden als eine geringfügig verschobene Genesungsstatistik für Herzpatienten in experimenteller Gruppe und Kontrollgruppe. Wenn uns Gott von seiner Existenz überzeugen wollte, könnte er »die Welt mit Super-Wundern anfüllen«. Aber dann lässt Swinburne sein Prachtstück los: »Es gibt für Gottes Existenz ohnehin genügend Belege, und zu viel wäre für uns vielleicht nicht gut.« Zu viel wäre für uns vielleicht nicht gut! Man muss es dreimal lesen. Zu viele Belege sind nicht gut für uns. Der kürzlich pensionierte Richard Swinburne war Inhaber eines der renommiertesten britischen Lehrstühle für Theologie, und er ist Fellow der British Academy. Wer einen angesehenen Theologen braucht – einen angeseheneren gibt es kaum. Doch vielleicht wollen wir auf Theologen lieber ganz verzichten.
Swinburne war übrigens nicht der einzige Theologe, der mit der Studie nichts zu tun haben wollte, nachdem sie gescheitert war. Dem Reverend Raymond J. Lawrence stellte die New York Times einen großzügig bemessenen Platz auf der Leitartikelseite zur Verfügung, damit er erklären konnte, warum verantwortungsbewusste Religionsführer »erleichtert aufatmen werden«, weil man keinen Beleg für die Wirksamkeit von Fürbittgebeten gefunden hatte. 40 Hätte er eine andere Melodie angestimmt, wenn es mit der Benson-Studie gelungen wäre, die Kraft von Gebeten nachzuweisen? Er vielleicht nicht, aber wir können sicher sein, dass viele andere Pastoren und Theologen es getan hätten. Denkwürdig ist der Artikel des Reverend Lawrence vor allem wegen folgender Offenbarung: »Kürzlich erzählte mir ein Kollege von einer gläubigen, gebildeten Frau, die ihren Arzt wegen eines Kunstfehlers in der Behandlung ihres Mannes verklagt hatte. Ihr Vorwurf: Der Arzt habe an den Tagen, als ihr Mann im Sterben lag, nicht für ihn gebetet.«
Andere Theologen schlossen sich den NOMA-inspirierten Skeptikern an und behaupteten ebenfalls, es sei Geldverschwendung, Gebete auf diese Weise erforschen zu wollen, weil übernatürliche Einflüsse definitionsgemäß nicht in der Reichweite der Wissenschaft lägen. Aber eines hatte die Templeton Foundation richtig erkannt, als sie die Studie finanzierte: Die angebliche Wirkung von Fürbittgebeten liegt zumindest prinzipiell durchaus in Reichweite der Wissenschaft. Man kann einen Doppelblindversuch anstellen, und er wurde angestellt. Er hätte ein positives Ergebnis liefern können. Angenommen, das wäre der Fall gewesen: Könnte man sich vorstellen, dass auch nur ein einziger Religionsvertreter die Studie abgelehnt hätte, weil ja wissenschaftliche Forschung für religiöse Fragen keine Bedeutung hat? Natürlich nicht.
Es braucht wohl nicht besonders betont zu werden, dass der negative Ausgang des Experiments die Gläubigen nicht erschütterte. Bob Barth, geistlicher Leiter der Gemeinde in Missouri, die in dem Experiment einen Teil
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