Der Graben: Thriller (German Edition)
Nachricht hinterlassen. Hashiba hatte keine besonderen Anrufe erwartet, und die Nummer war ihm nicht bekannt. Er kannte nicht einmal die Vorwahl 0265.
»Kennt jemand diese Nummer?« Er las die Nummer vom Display ab.
Kagayama antwortete als Erster. »Das ist die Vorwahl von Ina.«
»Ina…« Genau dort fuhr Saeko gerade hin. Es gab nur einen Ort in Ina, mit dem sie etwas zu tun hatten und der Hashiba sofort einfiel, als Kagayama den Namen nannte: das Haus der Fujimuras. »Kagayama, hast du die Nummer der Fujimuras?«
Kagayama zuckte die Achseln. »Warum?«
»Ich hab gerade einen Anruf aus Ina erhalten.«
»Im Ernst?« Kagayama wollte sich nicht eingestehen, was das bedeuten konnte.
»Kannst du mal eben nachschauen?«, beharrte Hashiba.
»Du bist doch selbst dort gewesen und hast gesehen, dass da niemand ist. Wie sollst du also einen Anruf von dort erhalten?«
»Vielleicht ist jemand aus der Familie zurückgekommen?«, schlug Hosokawa vor, doch niemand reagierte. An diesem Punkt war klar, dass das nicht sein konnte. Hashiba starrte Kagayama an, bis dieser nachgab und ein Notizbuch aus der Tasche zog. Es war damals seine Aufgabe gewesen, die Filmaufnahmen in dem Haus zu organisieren, daher hatte er noch alle Unterlagen. Die Adresse der Fujimuras stand offenbar tatsächlich in seinem Notizbuch.
»Die Adresse habe ich hier… Aber nicht die Telefonnummer. Das hatte ja keinen Sinn.«
Das war logisch. Es hatte wenig Sinn, die Telefonnummer eines Hauses aufzuschreiben, aus dem alle Bewohner verschwunden waren.
»Dann schau mal nach, ob die Nummer im Telefonbuch steht – mithilfe der Adresse müsstest du sie finden, ja?«, ordnete Hashiba an.
Kagayama maulte zwar, rief aber doch bei der Auskunft an und las die Adresse vor. Kaum hatte er zu Ende gelesen, warf er Hashiba das Telefon zu, als wäre es verseucht. Hashiba fing es auf und hörte eine weibliche Stimme sagen:
Die Nummer zu der angegebenen Adresse lautet 0265-98-97xx. Die Nummer zu der angegebenen Adresse lautet…
Hashiba legte auf und warf das Telefon zurück zu Kagayama. Er wiederholte die Nummer laut und sagte Kagayama, dass die Nummer, von der aus er angerufen worden war, eindeutig die der Fujimuras war. Er konnte sich genau erinnern, wo im Haus das Telefon gestanden hatte. Als Shigeko Torii die Gegenstände untersuchte, die er auf dem Esstisch ausgebreitet hatte, war ihm das graue Telefon in der Mitte einiger Regale an der Wand aufgefallen, genau über einer leeren Vase. Es war von einer dünnen Staubschicht bedeckt gewesen, und ein rotes Lämpchen daran hatte geblinkt. Dank des Bankeinzugs der Gebühren funktionierte der Telefonanschluss noch.
Wer sollte von dieser Nummer aus anrufen?
Hashiba hatte keine Ahnung und konnte sich auch keinen Grund vorstellen. Im Geiste sah er Finger vor sich, die an dem staubigen Telefon die Tasten drückten, doch weitere Einzelheiten konnte er nicht erkennen. Körper und Gesichtszüge der Person schienen mit der Dunkelheit des Zimmers zu verschmelzen und blieben geisterhaft und verschwommen.
Er griff in seine Tasche, holte erneut das Telefon heraus und drückte auf die Kurzwahltaste für Saekos Nummer. Ihm wurde bewusst, dass es ihm mittlerweile egal war, ob die Mitarbeiter von ihrer »Beziehung« erfuhren. Er wurde direkt zu Saekos Mailbox umgeleitet. »Saeko, geh nicht in die Nähe von Fujimuras Haus, da ist jemand – irgendwas. Das ist mein voller Ernst. Ruf mich an, sobald du diese Nachricht erhältst. Bitte, Saeko.«
Im Eifer des Gefechts hatte er sie in Gegenwart der anderen beim Vornamen genannt.
44
Isogai und Chris waren immer noch in ihrem Zimmer. Der Rest des Filmteams lungerte herum, frustriert und angespannt, wie Patienten, die auf das Ergebnis einer Krebsbiopsie warten. Hashiba hatte noch ein weiteres Problem: Egal wie oft er versuchte, Saeko anzurufen, sie ging nicht ans Telefon. Wahrscheinlich hatte sie es für die Dauer der Fahrt im Mietwagen ausgeschaltet. Hilflos hörte Hashiba, wie das Telefon zum x-ten Mal vom Freizeichen auf die Mailbox umschaltete. Gerade als er aufgeben wollte, klopfte es an der Tür. Als Hosokawa aufsprang und öffnete, stand Isogai draußen. Alle richteten den Blick auf ihn und warteten ungeduldig darauf, was er zu berichten hatte.
»Haben Sie etwas herausgefunden?«, fragte Hashiba.
Isogai schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht. »Noch nicht, aber ich dachte, ich erzähle mal, wie es so läuft.«
»Oh. Klar, nur zu.«
»Wir machen Fortschritte, haben schon
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