Der Graben: Thriller (German Edition)
Teilchenphysik und Quantengravitationstheorie sind. Jack Thornes Spezialgebiet ist die allgemeine Relativitätstheorie, genauer gesagt, er untersucht alles, was mit Schwarzen Löchern zu tun hat. Dass er dabei ist, scheint etwas unpassend zu sein. Dann ist da noch Dine Parker-Holmes, Spezialist für reine Mathematik und mathematische Physik. Warum holen sie einen reinen Mathematiker hinzu? Der einzige Grund, den wir uns vorstellen können, ist, dass es zwischen dem Verschwinden der Sterne und den Veränderungen an Pi und der Riemannschen Vermutung eine Verbindung gibt. Dabei bekomme ich ein ganz ungutes Gefühl.«
Hashiba hatte immer noch Schwierigkeiten, sich das Ganze real vorzustellen.
» Sagen wir beispielsweise«, fasste Isogai zusammen, »dass ein riesiger Meteor auf die Erde zurast und ein Einschlag nicht ausgeschlossen werden kann. So was haben wir alle schon im Kino gesehen. Der US-Präsident schwingt sich zum Weltführer auf und ruft ein Team exzellenter Wissenschaftler zusammen, um das Problem anzugehen. Das Team würde aus Spezialisten für Raketentechnik, Weltraumforschung, Nuklearphysik und so weiter bestehen. Wenn Sie noch jemanden dazunehmen, der nach Öl bohren kann, wissen Sie auch, welchen Film ich meine.« Isogai schmunzelte. »Aber ernsthaft, wenn Sie sich die Zusammensetzung dieses Teams anschauten, wären Sie sich ziemlich sicher, dass unser Problem ein drohender Meteoriteneinschlag wäre.«
Hashiba begriff, was Isogai sagen wollte. Mittlerweile übertrieb er sein Bemühen, sich verständlich auszudrücken. »Können Sie aufgrund der bisherigen Liste sagen, was die NASA so gern unter Verschluss halten will?«
Isogai zog die Nase kraus, als müsste er niesen. Seine Blicke schweiften ausweichend von links nach rechts, doch für einen kurzen Moment sah er Hashiba in die Augen. Das Zögern, das er sah, genügte Hashiba, um zu erkennen, dass die beiden Wissenschaftler bereits recht genau verstanden, was los war. Sie wollten sich nur noch nicht festlegen, solange sie keine Beweise hatten. Nein, das war es nicht – er sah den beiden ihre Anspannung an, sah, wie Isogais Hände leicht zitterten. Sah die Gänsehaut in ihrem Nacken. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Chris arbeitete so fieberhaft, weil er unbedingt einen Gegenbeweis finden wollte, der ihre bisherige Theorie widerlegte. Wie um Hashibas Ängste zu bestätigen, stieß Chris einen Schrei aus.
»Verdammt. Jeff Adams hat einen Vortrag am Max-Planck-Institut abgesagt. Darin sollte es um Quantenkosmologie gehen.«
»Jeffrey auch?« Isogai sprang vom Tisch, eilte zu Chris und beugte sich vor, um am Bildschirm zu lesen. Neugierig folgten ihm Hashiba und die anderen und reckten die Hälse, um am Computer etwas erkennen zu können.
»Das hat es noch nicht gegeben, dass jemand, der so vernarrt in seine Forschung ist wie Jeffrey, einen Vortrag absagt. Schon gar nicht, wenn er am Max-Planck-Institut gehalten werden sollte.« Isogai nickte, ebenso beunruhigt wie Chris.
Chris fuhr fort, in irrsinnigem Tempo zu tippen. »Sieht so aus, als wäre er nach der Absage des Vortrags nach Frankfurt gefahren und von dort aus direkt nach Washington.«
»Frankfurt, dann Washington…«
»In welchem Bereich forscht er denn?«, fragte Hashiba dazwischen.
»Er ist jung und begabt, erst Mitte dreißig, aber schon sehr angesehen. Seine Nische ist die Loop-Quantengravitation oder Schleifenquantengravitation.« Isogai redete weiter, jedoch mehr mit sich selbst. »Das bedeutet, dass seine Forschung irgendwie auch mit der Sache zu tun hat… Das muss sie, sonst hätte er Washington gesagt, was zu tun wäre. An der Sache muss etwas sein, das ihn betrifft, das ihn wahnsinnig fasziniert. Vielleicht etwas, das eine seiner Theorien bestätigen könnte…« Isogai schien auf etwas Bestimmtes hinauszuwollen. Er wendete sich seinem Partner zu. »Chris, hat Jeff nicht in den letzten Jahren zwei Aufsätze nacheinander präsentiert?«
»Daran dachte ich auch gerade. Wenn ich mich recht entsinne, hat er seine Forschungen in der Physical Review D veröffentlicht.«
»Kannst du die Titel herausfinden?«
Chris hatte bereits mit der Suche begonnen und rief wenig später eine Seite mit zwei englischsprachigen Titeln auf. Hashiba beugte sich vor, um sie zu lesen, und sah, dass sie ein Wort gemeinsam hatten: »Phasenübergang«.
In beiden Aufsätzen musste es also um das gleiche Thema gehen. Hashiba hatte keine Ahnung, was der Begriff in diesem Kontext bedeutete,
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