Der Graben: Thriller (German Edition)
Ähnlichkeit zwischen beiden nicht bemerkt haben. Doch Saeko war sich sicher, dass Haruko damals bei ihm gewesen war. Beim Anblick der vogelähnlichen Gestalt war ihr sicher die Ähnlichkeit mit ihrem Schwager aufgefallen. Wenn sie ihren Vater nun darauf hingewiesen hatte? Das hätte sofort sein Interesse geweckt; solche Dinge hatte er nie als bloßen Zufall abgetan. Erst recht, wenn Haruko ihm sogar gesagt hatte, die Gestalt sei buchstäblich ein getreues Abbild des Bruders ihres Mannes.
Deshalb hatte er sofort nach seiner Rückkehr nach Japan nach Takato fahren müssen. Er hatte unbedingt Seiji kennenlernen wollen.
Irgendetwas war hier geschehen, an dem Tag, seit dem ihr Vater verschollen war, dem 22. August 1994. Er war verschwunden und hatte nur seinen Terminkalender zurückgelassen, der später auf dem buddhistischen Altar im Schlafzimmer gefunden worden war. Saeko wurde klar, dass nicht Haruko ihn dorthin gelegt hatte, sondern Seiji. Das hatte er getan, um sie zurückzulocken.
Seiji zog die Schlüssel aus seiner Tasche und legte sie auf den Tisch vor sich, langsam und demonstrativ, als wollte er damit auf irgendetwas hindeuten.
»Was ist mit deinem Vater passiert? Hm… Manche Dinge weiß man besser nicht, Schätzchen.«
Eine rasende Wut stieg in Saeko auf, die stärker war als ihre Angst. Sie hatte recht gehabt: Dieser Mann hatte etwas mit dem Verschwinden ihres Vaters zu tun. Sie sah sich nach etwas um, irgendetwas, das sie als Waffe benutzen konnte, doch die Küche war zu weit weg, und sie konnte nichts Geeignetes entdecken.
Seiji zog einen Zahnstocher aus Elfenbein aus dem Schlüsselanhänger und begann, damit den Dreck unter seinen Fingernägeln zu entfernen. Dabei ließ er den Blick die ganze Zeit auf Saeko gerichtet, als läse er ihre Gedanken. Seine Bewegungen waren tierhaft, abstoßend. Obwohl sie am liebsten weggeschaut hätte, hielt Saeko eisern seinem Blick stand.
Als Seiji seine Demonstration beendet hatte, schaute er auf und hob das Kinn.
»So, Süße«, sagte er und piekte mit der Spitze des Zahnstochers in seinen Zeigefinger. »Soll ich mal in den Knoten in deiner Brust pieken?«
Es kostete Saeko noch mehr Mühe als zuvor, sich zusammenzunehmen und sich nicht zu übergeben.
50
Die sechs Männer gingen den pechschwarzen Hang der Kräutergärten hinauf. Die meisten waren damit beschäftigt, ihre Familien und guten Freunde anzurufen, versuchten ihnen zu erklären, was geschehen würde, was sie tun mussten. Nur Isogai und Chris schwiegen.
Hashiba hatte gerade das Gespräch mit seiner Familie beendet. Zu seiner Überraschung hatte seine Frau seinen Erklärungen rasch Glauben geschenkt und eingewilligt, sofort nach Atami zu kommen. Er war den Massenmedien zutiefst dankbar. Durch deren Berichte über all die unnormalen Vorkommnisse rund um die Welt hatten seine Schilderungen des bevorstehenden Phasenübergangs glaubwürdig gewirkt.
Es war ihm auch gelungen, seine Frau zu überzeugen, nicht den Zug zu nehmen. Das hätte zu lange gedauert, da sie über Chigasaki fahren wollte. Sie hatte eingewilligt, ein Taxi zu nehmen, egal, wie viel es kostete. Das war mit Abstand die größte Chance, den Park rechtzeitig zu erreichen. Angesichts einer solchen Katastrophe war es nur natürlich, dass jemand sich klare Anweisungen wünschte. Wenn Leute Angst hatten und unentschlossen waren, neigten sie dazu, sich an alles zu klammern, das entschieden klang.
Selbst wenn die Straßen frei waren, würde seine Familie zwei Stunden brauchen, um von dem Haus in Kunitachi hierherzukommen. Wenn sie ankamen, würde er hinuntergehen, um sie zu treffen. Jetzt konnte er nur noch beten, dass sich das Wurmloch nicht vorher öffnete. Gerade hatte er noch ein paar gute Freunde angerufen, als Isogai ihm Einhalt gebot.
»Das reicht jetzt.« Er klang völlig frustriert. Die ganze Zeit über hatten Isogai und Chris schweigend zugehört, wie die anderen Verwandte und Freunde anriefen. Hashiba wurde klar, dass die beiden nur einander hatten.
»Okay. Nur noch einen.«
Hashiba fühlte sich verpflichtet, Kitazawa anzurufen und ihm alles zu erzählen, da er ihnen schließlich entscheidend dabei geholfen hatte, dass sie so weit gekommen waren. Dank ihm hatten sie die wichtigen Puzzleteile zusammensetzen und die Vermisstenfälle überhaupt mit den tektonischen Aktivitäten in Verbindung bringen können. Kitazawa hörte schweigend zu, als Hashiba erklärte, was in den nächsten Stunden geschehen würde. Dann fragte er: »Ist Saeko
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