Der Graben: Thriller (German Edition)
der Fujimuras an und erklärte, was los war.«
»Und wer hat als Erstes bei der Familie zu Hause nachgesehen?«
»Junko, Harukos ältere Schwester.«
»Die Dame, die am Morgen angerufen hatte.«
»Ja.«
»Und was hat sie herausgefunden?«
»Im Grunde sah das Haus so aus, als wären die Fujimuras für einen Moment weggegangen, aber nicht zurückgekommen.« Saeko hielt inne und fühlte sich irgendwie genötigt, den sechs Männern ins Gesicht zu sehen.
Aber wie konnte das sein? , schienen ihre Augen zu sagen.
»Was genau hat sie gefunden?«, fragte Kagayama, der sich zum ersten Mal zu Wort meldete. Die ganze Gruppe hörte aufmerksam zu, einzig Kagayama wirkte ein wenig besorgt.
»Es war wie an jedem anderen Tag im Haus der Fujimuras. Die Badewanne war voll Wasser… Natürlich war es kalt, als man es entdeckte. Doch es gab Anzeichen dafür, dass die Kinder schon gebadet hatten; womöglich waren sie im Schlafanzug, als sie verschwunden sind. In der Küche war das Geschirr gespült, und auf dem Tisch im Wohnzimmer standen zwei Tassen, in denen noch Tee war, außerdem eine leere Bierdose neben einem halb vollen Bierglas. Im Mülleimer lagen ein paar Papiertaschentücher sowie eine Bananenschale, und in einem der Kinderzimmer lief das Radio.«
»Und das Licht?«
»Das war an.«
»Ist Junko durch die Haustür ins Haus gegangen?«
»Nein. Die Tür war abgeschlossen, daher ist sie ums Haus herumgegangen und durch die Küche eingetreten.«
»Verstehe. Und sie fand das Haus so vor, als hätte die Familie den Tag beendet und gleich zu Bett gehen wollen, ja? Und doch waren aus irgendeinem Grund alle verschwunden. Sagen Sie mir, Frau Kuriyama, was für eine Erklärung kam Ihnen als Erstes in den Sinn? Haben Sie irgendwelche Theorien darüber, wie die Fujimuras verschwunden sind?«
»Ich bin die Standardsituationen durchgegangen und habe eine nach der anderen ausgeschlossen. Wie ich in meinem Bericht erwähnt habe, sind bei den meisten Vermisstenfällen in Japan Schulden im Spiel. Das war also die erste Möglichkeit, die ich untersucht habe. Es gibt zahllose Beispiele, in denen die verschwundene Person allem Anschein nach ein solides, normales Leben führte, obwohl sie in Wirklichkeit hoch verschuldet war.«
»Also haben Sie die finanziellen Verhältnisse der Familie überprüft.«
»Gründlich.«
»Und es gab keine Schulden?«
»Lassen Sie mich genaue Zahlen anführen. Auf ihren Bankkonten befanden sich 25 Millionen Yen auf Kotas Namen und 9,5 Millionen auf Harukos Namen. Ohne die Kinder zu berücksichtigen sind das zusammen fast 35 Millionen Yen. Dazu kommt, dass ihr Haus vollständig abbezahlt war – keine Hypothek. Das Einzige, was noch ausstand, war der Autokredit, mit einem Restbetrag von weniger als einer Million Yen. Außerdem besaßen die Fujimuras weitere Immobilien, die ebenfalls nicht mit Hypotheken belastet waren. Mit anderen Worten: Die Familie war im Wesentlichen schuldenfrei und hatte fast 35 Millionen Yen auf der Bank. Und nicht ein Fitzelchen davon ist abgehoben worden, seit sie verschwunden sind.«
»Mit anderen Worten: Schulden können wir als Grund für ihr Verschwinden ausschließen.«
»Richtig. Schulden kommen nicht infrage.«
Angesichts der konkreten Zahlen mussten alle einsehen, dass Saekos Schlussfolgerung richtig war. Die Fujimuras waren definitiv nicht mitten in der Nacht verschwunden, um ihren Gläubigern zu entkommen.
»Was bleibt also noch?«
»Außer Schulden ist die wahrscheinlichste Möglichkeit ein Eifersuchtsdrama. Kota hatte jedoch eine blütenweiße Weste; es gab nicht einmal den Hauch eines Gerüchts von einer Affäre. Er war nie sehr gesellig und hatte nicht viele Freunde. Haruko dagegen war sehr attraktiv, und es wurde durchaus gemunkelt, sie könnte etwas mit einem anderen Mann gehabt haben.«
»Aha! Wusste ihr Mann davon?«, erkundigte sich Oki. Er schien sich schon vorzustellen, wie die Sache gelaufen war: Der Ehemann erfährt, dass seine Frau eine Affäre hat, und bringt in blindem Zorn seine Familie um, bevor er sich selbst das Leben nimmt. Natürlich hatte Saeko die gleiche Möglichkeit in Betracht gezogen.
»Ich bin dem nachgegangen, aber es scheint, als hätte Kota nichts von den Gerüchten über Haruko mitbekommen. Sie waren im Übrigen unbegründet und kursierten nur an Harukos Arbeitsplatz. Aus diesem Grund scheint das Szenario mit dem eifersüchtigen Ehemann auch nicht in Betracht zu kommen.«
In einer schwungvollen Bewegung lehnte sich Oki, der
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